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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Sekretär ging hinaus. Churchill stand auf. »Jetzt haben wir uns einen Whisky-Soda verdient. Trinken Sie einen mit?«
    »Aber gewiß.«
    Churchill öffnete einen Schrank. »Ich lasse den Vertrag noch heute nacht aufsetzen und bringe ihn morgen nachmittag nach Waiden Hall. Morgen abend können wir eine kleine Unterzeichnungsfeier abhalten. Natürlich müssen der Zar und Asquith ihn noch ratifizieren, aber das ist nur eine Formalität, wenn Orlow und ich unterschrieben haben.«
    Der Sekretär klopfte wieder und trat ein.
    »Mr. Basil Thomson ist hier, Sir.«
    »Führen Sie ihn herein.«
    Thomson kam sofort. Er sprach ohne lange Vorrede.
    »Wir sind unserem Anarchisten wieder auf der Spur.«
    »Gut«, sagte Waiden.
    Thomson setzte sich. »Sie werden sich erinnern, daß ich einen meiner Leute als Untermieter in das Kellerzimmer in der Cork Street eingeschleust habe, für den Fall, daß unser Mann dorthin zurückkehren sollte.«
    »Ich erinnere mich«, sagte Waiden.
    »Er ist zurückgekehrt, und als er wieder ging, folgte ihm mein Mann.«
    »Und wohin ist er gegangen?«
    »Zum Liverpool-Street-Bahnhof.« Thomson hielt inne.
    »Und dort hat er sich eine Fahrkarte zur Bahnstation Waidenhall gekauft.«

13
    W aiden lief es kalt über den Rücken.
    Sein erster Gedanke galt Charlotte. Sie war jetzt am meisten in Gefahr, denn die Leibwächter konzentrierten sich auf Alex. Charlotte schützte, von den Dienstboten abgesehen, niemand. Wie konnte ich nur so dumm sein.
    Aber auch um Alex war er besorgt. Schließlich war der Junge fast wie ein Sohn für ihn. Er glaubte sich sicher in Waiden Hall – während Felix bereits dorthin unterwegs war, mit einer Waffe oder einer Bombe, um ihn zu ermorden, vielleicht aber auch, um Charlotte zu ermorden und den Abschluß des Vertrages zu sabotieren. Waiden platzte wütend heraus: »Warum, zum Teufel, haben Sie ihn nicht aufgehalten?«
    Thomson erwiderte mit sanfter Stimme: »Ich hielt es nicht für ratsam, einen einzigen Mann gegen unseren Freund Felix vorgehen zu lassen, das müssen Sie doch einsehen. Wir haben erlebt, was er gegen ein ganzes Aufgebot ausrichten kann. Er scheint nicht um sein eigenes Leben zu fürchten. Mein Gewährsmann hat den Auftrag, ihm zu folgen und zu berichten.«
    »Das ist nicht genug …«
    »Ich weiß, Eure Lordschaft«, unterbrach ihn Thomson.
    Churchill sagte: »Meine Herren, bewahren wir die Ruhe. Wir wissen wenigstens, wo der Bursche ist. Wir haben alle Mittel der Regierung Seiner Majestät zu unserer Verfügung, und er kann uns nicht mehr entgehen. Was schlagen Sie vor, Thomson?«
    »Ich habe bereits die notwendigen Maßnahmen ergriffen, Sir. Ich habe mich mit dem Polizeipräsidenten der Grafschaft telefonisch in Verbindung gesetzt. Eine ganze Abteilung wird auf dem Bahnhof vor. Waidenhall Stellung beziehen, um Felix zu verhaften, wenn er aus dem Zug steigt. Und falls inzwischen etwas Unvorhergesehenes eintreten sollte: Mein Gewährsmann läßt ihn nicht aus den Augen.«
    »So geht es nicht«, sagte Waiden. »Stoppen Sie den Zug, und verhaften Sie ihn, bevor er in die Nähe meines Hauses kommt.«
    »Das hatte ich auch in Betracht gezogen«, entgegnete Thomson. »Aber es brächte mehr Gefahren mit sich als Vorteile. Es ist viel sicherer, ihn erst dann festzunehmen, wenn er es am wenigsten erwartet.«
    Churchill sagte: »Das ist auch meine Meinung.«
    »Es ist nicht Ihr Haus!« fuhr Waiden ihn an.
    »Sie müssen die Sache schon den Fachleuten überlassen«, erwiderte Churchill.
    Waiden gab sich geschlagen. Er stand auf. »Ich fahre sofort mit dem Auto nach Waiden Hall. Kommen Sie mit, Thomson?«
    »Nicht heute abend. Ich werde zuerst einmal diese Callahan verhaften. Wenn wir Felix gefaßt haben, müssen wir eine Anklage ausarbeiten, und sie könnte unsere Hauptzeugin sein. Ich komme morgen zu Ihnen, um Felix zu verhören.«
    »Ihre Zuversicht ist mir unbegreiflich«, erwiderte Waiden ärgerlich.

    Der Zug dampfte durch die abendliche Landschaft.
    Felix sah die Sonne über den englischen Kornfeldern untergehen. Er war nicht jung genug, um mechanische Transportmittel als eine Selbstverständlichkeit zu betrachten, und so hatte für ihn eine Reise im Zug immer noch etwas Faszinierendes an sich. Der Junge, der einst in Lumpen über die schlammigen russischen Wiesen gewandert war, hätte sich etwas Derartiges nicht in seinen kühnsten Träumen einfallen lassen.
    Er war fast allein, denn außer ihm saß nur noch ein junger Mann im Wagen, der voll und ganz in die

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