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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Tee gefällig? Er ist heiß.«
    »Ja, bitte.« Er setzte sich. »Wurden Sie von der Polizei belästigt?«
    »Ich wurde von einem Oberinspektor verhört. Sie müssen ja eine große Nummer sein.«
    »Was haben Sie ihm erzählt?«
    Sie machte ein verächtliches Gesicht. »Er hatte seinen Gummiknüppel zu Hause gelassen – von mir hat er nichts erfahren.« Felix lächelte und unterbrach sie. »Haben Sie einen Brief für mich …?«
    Aber sie redete immer weiter. »Möchten Sie Ihr Zimmer wiederhaben? Ich habe es an einen anderen Burschen vermietet, aber den werfe ich bald hinaus – er hat einen Backenbart, und Backenbärte habe ich nie gemocht.«
    »Nein, ich will mein Zimmer nicht .«
    »Sie haben im Freien geschlafen, das sehe ich Ihnen an, ich habe einen Blick dafür.«
    »Stimmt.«
    »Was Sie hier in London erledigen wollten, haben Sie noch nicht erledigt, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Irgend etwas ist passiert – Sie haben sich verändert.«
    »Ja.«
    »Was ist es denn?«
    Er war plötzlich dankbar, jemanden zu haben, mit dem er darüber reden konnte. »Vor vielen Jahren hatte ich eine Liebesaffäre. Ich wußte es nicht, aber die Frau bekam ein Kind. Und vor einigen Tagen . bin ich meiner Tochter begegnet.«
    »Ach.« Sie blickte ihn mitleidsvoll an. »Sie armes Schwein. Als ob Sie nicht schon genug Sorgen hätten. Ist sie diejenige, von der der Brief stammt?«
    Felix atmete erleichtert auf. »Sie haben also einen Brief.«
    »Ich nehme an, daß Sie deshalb gekommen sind.« Sie ging zum Kamin und griff hinter die Uhr. »Und das arme Mädchen lebt nun bei den Unterdrückern und Tyrannen?«
    »Ja.«
    »Das dachte ich mir, als ich das Wappen sah. Sie scheinen wirklich nicht viel Glück zu haben, was?« Sie gab ihm den Brief.
    Felix sah das Wappen hinten auf dem Umschlag. Er riß ihn auf und entnahm ihm zwei Bogen mit einer sauberen und festen Handschrift.
Waiden Hall, 1. Juli 1914
    Lieber Felix, wenn Sie diesen Brief erhalten, werden Sie vergeblich auf mich gewartet haben. Es tut mir furchtbar leid, aber ich konnte die Verabredung nicht einhalten. Ich wurde nämlich leider am Montag mit Ihnen gesehen, und jetzt verdächtigt man mich, einen heimlichen Liebhaber zu haben!!!
    Falls sie in Schwierigkeiten ist, scheint sie es wenigstens mit Humor zu nehmen, dachte Felix.
Ich wurde für den Rest der Saison auf das Land verbannt. Allerdings ist es auch ein Glück im Unglück. Niemand wollte mir sagen, wo Alex ist, aber jetzt weiß ich es. Er wohnt nämlich hier!!!
    Felix empfand ein wildes Triumphgefühl. »Dort haben also die Ratten ihr Nest.«
    Mrs. Bridget fragte: »Hilft Ihnen dieses Kind?« »Sie war meine einzige Hoffnung.«
    »Dann haben Sie ganz recht, so besorgt auszusehen.«
    »Ich weiß.«
Nehmen Sie einen Zug vom Liverpool-Street-Bahnhof und steigen Sie am Haltepunkt Waidenhall aus. Das ist unser Dorf. Das Haus liegt drei Meilen vom Dorf entfernt an der Straße nach Norden. Aber Sie dürfen natürlich nicht ins Haus kommen … Links vor der Straße sehen Sie einen Wald. Durch diesen Wald reite ich jeden Morgen vor dem Frühstück zwischen sieben und acht Uhr. Den Reitweg finden Sie leicht. Ich werde jeden Tag nach Ihnen ausschauen, bis Sie kommen.
    Wenn sie sich einmal entschlossen hat, auf welcher Seite sie steht, macht sie keine halben Sachen mehr, dachte Felix.
Ich weiß nicht genau wann dieser Brief abgeschickt wird. Ich werde ihn auf den Tisch in der Halle legen, sobald ich dort andere Briefe sehe, die auf die Post gebracht werden sollen. Auf diese Weise wird niemandem meine Handschrift auf dem Umschlag auffallen, und der Diener wird ihn einfach mit den anderen mitnehmen, wenn er zur Post geht.
    »Sie ist ein tapferes Mädchen«, sagte Felix laut.
Ich tue das, weil Sie von allen Menschen, denen ich hier begegnet bin, der einzige sind, der vernünftig mit mir redet.
    In wärmster Verbundenheit Ihre Charlotte.

    Felix lehnte sich in seinen Stuhl zurück und schloß die Augen. Er war so stolz auf sie und so beschämt über sich selbst, daß er fast weinen mußte.
    Bridget nahm ihm den Brief aus der Hand und begann zu lesen. Er ließ sie gewähren.
    »Sie weiß also nicht, daß Sie ihr Vater sind«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Und warum hilft sie Ihnen dann?«
    »Sie glaubt an das, was ich tue.«
    Bridget schnaufte verächtlich. »Männer wie Sie finden immer Frauen, die ihnen helfen. Wer wüßte das besser als ich, Herrgott noch mal.« Sie las weiter. »Sie schreibt wie ein Schulmädchen.«
    »Ja.«
    »Wie alt ist

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