Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
und Sterne. Er kam nicht schnell vorwärts, fand aber schließlich den Weg zum Bahndamm und wandte sich nach Norden.
    Den Schienen entlang ging es ein bißchen schneller, denn der Stahl glänzte schwach, und er wußte, daß es keine Hindernisse gab. Er kam an dunklen Haltestellen vorbei, schlich über menschenleere Bahnsteige. Er hörte Ratten in den verlassenen Wartesälen. Vor Ratten hatte er keine Angst, früher hatte er sie mit bloßen Händen getötet und dann gegessen. Die Namen der Bahnhöfe waren auf Metallschildern vermerkt; er konnte sie mit Mühe lesen, wenn er nahe genug heranging.
    Als er endlich nach Waidenhall gelangte, erinnerte er sich an Charlottes Angaben. Das Haus liegt drei Meilen vom Dorf entfernt an der Straße nach Norden. Die Schienen verliefen ungefähr in Richtung Nord-Nordost. Er folgte ihnen etwa eine Meile und maß die Distanz, indem er seine Schritte zählte. Er hatte eintausendsechshundert Schritte gemacht, als er mit jemandem zusammenstieß.
    Der Mann schrie überrascht auf, und Felix packte ihn an der Kehle. Ein durchdringender Biergeruch ging von ihm aus. Felix merkte, daß es nur ein Betrunkener auf dem Heimweg war, und ließ ihn los. »Haben Sie keine Angst«, sagte der Mann mit schleppender Stimme.
    »Schon gut«, erwiderte Felix.
    »Es ist meine einzige Möglichkeit, nach Hause zu kommen, ohne mich zu verlaufen.«
    »Na denn los.«
    Der Mann torkelte weiter. Er drehte sich noch einmal um und rief ihm zu: »Schlafen Sie nicht auf den Schienen! Um vier Uhr kommt der Milchzug vorbei.«
    Felix antwortete nicht, und der Betrunkene watschelte weiter. Felix schüttelte den Kopf, er schämte sich, so nervös zu sein. Er hätte den Mann töten können. Erleichtert atmete er auf, fühlte sich aber plötzlich schwach. So kann es nicht weitergehen, grübelte er. Er beschloß, die Straße zu suchen. Vorsichtig kletterte er vom Bahndamm herunter, stolperte über ein Stück unebener Erde und gelangte dann an einen Drahtzaun. Er blieb einen Augenblick stehen. Was war das? Ein Feld? Ein Gemüsegarten? Die Gemeindeweide? Er hörte, wie sich in seiner Nähe etwas bewegte, konnte aber nur undeutlich etwas Weißes erkennen. Er bückte sich und tastete mit den Händen über den Boden, bis er einen kleinen Stein fand, den er dann in die Richtung des weißen Unbekannten warf. Ein Wiehern ertönte, und ein Pferd trabte davon.
    Felix lauschte. Falls irgendwo Hunde in der Nähe waren, hätten sie gebellt, als sie das Wiehern hörten. Aber alles blieb still.
    Er bückte sich und kletterte durch den Drahtzaun.
    Langsam überquerte er die Pferdeweide. Einmal stolperte er über einen Busch. Er hörte noch ein weiteres Pferd, sah es jedoch nicht.
    Schließlich kam er an einen weiteren Drahtzaun. Er kletterte hindurch und stieß gegen einen Holzverschlag. Sofort gackerte eine Unzahl von Hühnern erschreckt auf. Ein Hund begann zu bellen. In einem Zimmer des Hauses ging das Licht an. Felix warf sich flach auf den Boden und blieb still liegen. Im Lichtschein sah er, daß er sich auf einem kleinen Bauernhof befand. Er war an das Hühnerhaus gestoßen. Jenseits des Bauernhauses sah er die Straße, nach der er gesucht hatte. Die Hühner beruhigten sich, der Hund stieß ein letztes enttäuschtes Heulen aus, und im Fenster wurde es wieder dunkel. Felix ging auf die Straße.
    Es war eine Sandstraße, neben der ein trockener Graben verlief. Hinter dem Graben schien ein Wald zu liegen. Er erinnerte sich: Links von der Straße sehen Sie einen Wald. Er war also fast am Ziel. Er folgte weiter der unebenen Straße und lauschte angestrengt auf etwaige Schritte. Nach etwas mehr als einer Meile nahm er eine Mauer zu seiner Linken wahr. Ein paar Meter weiter war die Mauer von einem Tor durchbrochen; er sah ein Licht.
    Er spähte durch das Eisengitter des Tores. Die Auffahrt schien ziemlich lang zu sein. Ganz am Ende sah er im Schein einiger flackernder Lampen das Säulenportal eines großen Hauses, vor dem eine hohe Gestalt auf und ab ging: eine Wache.
    In diesem Haus befindet sich also Fürst Orlow, stellte er fest. Wo mag wohl sein Schlafzimmerfenster sein?
    Plötzlich hörte er das Geräusch eines sich sehr rasch nähernden Wagens. Er rannte zehn Schritte zurück und warf sich in den Graben. Einen Augenblick später erhellte Scheinwerferlicht die Mauer, und der Wagen hielt vor dem Tor. Jemand stieg aus.
    Er hörte Klopfen. Das muß das Pförtnerhaus sein, dachte er. Er hatte es in der Dunkelheit gar nicht bemerkt.
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher