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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Eingang einstiegen, rief ein Diener die Besitzer des folgenden Wagens auf, und ein anderer erkundigte sich nach dem Namen der Herrschaften für den dritten.
    Sie kamen weiter vorwärts, da trat ein Diener an Felix heran. »Der Earl of Waiden«, sagte Felix hastig, und der Diener ging wieder hinein.
    Sie dürfen nicht zu schnell herauskommen, dachte Felix.
    Es ging weiter voran, und jetzt war nur noch ein Auto vor ihm. Lieber Gott, laß den Motor nicht aussetzen, betete er leise. Der Chauffeur hielt die Tür auf und ließ ein älteres Ehepaar einsteigen. Dann fuhr der Wagen fort.
    Jetzt war Felix an der Reihe. Er fuhr den Wagen etwas weiter vor, so daß von drinnen kein Licht auf ihn fiel. Den Rücken hatte er den Palasttüren zugewandt.
    Er wartete, wagte nicht, sich umzuschauen.
    Er hörte die Stimme eines jungen Mädchens, das auf russisch sagte: »Und wie viele Damen haben heute abend um Ihre Hand angehalten, mein lieber Vetter Alex?«
    Ein Schweißtropfen rann über Felix’ Auge, er wischte ihn mit dem Handrücken fort.
    Ein Mann sagte: »Wo, zum Teufel, ist mein Lakai?«
    Felix griff in die Tasche seiner Jacke neben ihm und legte die Hand auf den Kolben des Revolvers. Es bleiben mir sechs Schuß, wiederholte er für sich.
    Aus dem Augenwinkel sah er einen Palastdiener heranspringen und wenig später hörte er, wie der Schlag geöffnet wurde. Der Wagen schaukelte leicht, als jemand einstieg.
    »Hören Sie, William, wo bleibt Charles?«
    Felix zuckte zusammen. Er bildete sich ein, Waidens bohrenden Blick auf seinem Hinterkopf zu fühlen. Das Mädchen rief aus dem Inneren des Wagens: »Nun komm doch schon, Papa!«
    »William wird auf seine alten Tage taub …« Waidens Stimme verlor sich, als er in den Wagen stieg. Der Schlag fiel zu.
    »Vorwärts, Kutscher!« rief der Palastdiener.
    Felix atmete auf und fuhr los.
    Nach all der Spannung fühlte er sich einen Augenblick schwach. Doch als er den Wagen aus dem Hof lenkte, stieg ein Triumphgefühl in ihm auf. Orlow war in seiner Macht, eingeschlossen in einer Kiste hinter ihm, wie ein Tier in der Falle. Jetzt konnte Felix nichts mehr zurückhalten.
    Er lenkte die Pferde in den Park.
    Entschlossen nahm er die Zügel in die rechte Hand und fuhr mit dem linken Arm in den Ärmel seines Mantels. Dann nahm er die Zügel in die Linke und schlüpfte in den rechten Ärmel. Schließlich stand er auf und zog sich den Mantel über die Schultern. Er griff in die Tasche und tastete nach der Waffe.
    Dann setzte er sich wieder und schlang sich einen Schal um den Hals.
    Er war bereit.
    Jetzt mußte er nur noch einen günstigen Moment abwarten.
    Es blieben ihm wenige Minuten. Das Haus der Waidens war weniger als eine Meile vom Palast entfernt. Er war am Abend zuvor den Weg entlanggeradelt, um alles auszukundschaften. Er hatte zwei passende Orte gefunden, wo eine Straßenlaterne sein Opfer beleuchten würde und wo es in der Nähe dichtes Buschwerk gab, in das er sich flüchten konnte.
    Die erste Stelle lag fünfzig Meter vor ihm. Als er sich ihr näherte, sah er einen Mann im Abendanzug, der vor der Laterne stehenblieb, um sich eine Zigarre anzuzünden. Er fuhr weiter.
    Die zweite Stelle war eine Straßenbiegung. Falls hier jemand sein sollte, mußte er trotzdem seine Chance wahrnehmen und, wenn nötig, den ungebetenen Zeugen erschießen.
    Sechs Kugeln.
    Er sah die Biegung. Er ließ die Pferde ein wenig rascher traben. Aus dem Inneren der Kutsche hörte er das junge Mädchen lachen.
    Er kam an die Biegung. Seine Nerven waren gespannt wie Klaviersaiten.
    Jetzt.
    Er ließ die Zügel fallen und zog die Bremse an. Die Pferde bäumten sich ein wenig auf, der Wagen rüttelte und hielt.
    Im Wagen hörte er eine Frau aufschreien und dann die Rufe eines Mannes. Etwas an der Stimme der Frau beunruhigte ihn, aber er hatte jetzt keine Zeit, sich nach dem Grund zu fragen. Er sprang auf das Straßenpflaster, zog sich den Schal über Mund und Nase, nahm den Revolver aus seiner Tasche und spannte den Hahn.
    Mit voller Kraft riß er den Schlag auf.

4
    E ine Frau schrie gellend, und die Zeit schien stillzustehen.
    Felix kannte diese Stimme. Ihr Klang traf ihn wie ein Keulenschlag. Er fühlte sich wie gelähmt.
    Er war hier, um Orlow ausfindig zu machen, auf ihn zu zielen, abzudrücken, ihn mit einer zweiten Kugel endgültig zu erledigen, sich dann umzudrehen und in den Büschen zu verschwinden …
    Statt dessen blickte er dorthin, von wo der Schrei gekommen war, und er sah ihr Gesicht. Es erschien ihm

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