Der Mann Aus St. Petersburg: Roman
um sich selbst, verlor das Gleichgewicht und sank in die Knie. Mit äußerster Kraftanstrengung hielt er sich aufrecht, die Flasche an sich geklammert, und rechnete jeden Moment mit der Explosion.
Nichts geschah.
Die anderen starrten ihn an, wie er auf den Knien lag und die Flasche in seinen Armen barg, als sei sie ein neugeborenes Kind. Einer der Polizisten wurde ohnmächtig.
Felix starrte Waiden eine Sekunde lang entgeistert an, drehte sich dann um und raste die Treppe hinunter.
Dieser Waiden ist verblüffend. Die Flasche in der Luft abzufangen – dazu gehören Nerven!
Er hörte aus der Ferne rufen: »Verfolgt ihn!«
Schon wieder, dachte er. Schon wieder renne ich davon. Was ist nur mit mir los?
Die Treppe schien kein Ende zu nehmen. Er hörte Schritte hinter sich. Ein Schuß knallte.
Auf dem nächsten Treppenabsatz stieß er mit einem Kellner zusammen, der ein Tablett trug. Der Kellner stürzte, und das Geschirr mit den Speisen flog in alle Richtungen.
Der Verfolger war zehn oder zwanzig Stufen hinter ihm. Endlich war Felix am Ende der Treppe angelangt. Er nahm sich zusammen und trat ruhigen Schrittes in die Halle.
Sie war noch immer voller Menschen.
Er hatte das Gefühl, einen Balanceakt zu vollführen.
Er sah die beiden Männer, die er als Hausdetektive erkannt hatte. Sie waren in ein Gespräch vertieft und schienen besorgt. Wahrscheinlich hatten sie die Schüsse gehört.
Langsam ging er durch die Halle, widerstand mit Mühe dem Bedürfnis, schnell davonzurennen. Es war ihm, als starrten ihn alle an. Er blickte starr geradeaus.
Schließlich kam er an die Tür und ging hinaus.
»Eine Droschke, Sir?« fragte der Türsteher.
Felix sprang in eine vorfahrende Droschke, und sie fuhren los.
Als sie in den Strand einbogen, blickte er zum Hotel zurück. Einer der Polizisten stürmte aus der Tür, gefolgt von den beiden Detektiven. Sie wandten sich an den Türsteher, der auf die Droschke zeigte, in der Felix saß. Die Detektive zogen ihre Waffen und rannten ihr nach.
Es herrschte reger Verkehr. Die Droschke hielt an einer Straßenecke an.
Felix sprang heraus.
Der Kutscher rief ihm nach: »He, Sie da, was ist denn los?«
Felix lief geduckt auf die andere Straßenseite und rannte in Richtung Norden.
Er blickte über die Schulter zurück. Sie waren ihm immer noch auf den Fersen.
Er mußte den Abstand halten, bis er sie irgendwo abschütteln konnte, in einem Gassengewirr oder auf einem Bahnhof.
Ein Polizist in Uniform sah, wie er rannte, und schaute ihm argwöhnisch nach. Wenige Sekunden später erblickten die Detektive den Polizisten und riefen ihm etwas zu. Er schloß sich den Verfolgern an.
Felix rannte schneller. Das. Herz pochte ihm, und er begann zu keuchen.
Er bog um eine Ecke und befand sich auf dem Obst-und Gemüsemarkt von Covent Garden.
Auf dem Kopfsteinpflaster drängten sich Lastwagen und Pferdefuhrwerke. Marktträger mit hölzernen Tragen auf dem Kopf und andere, die Handkarren vor sich herschoben, bevölkerten den Platz. Fässer voller Äpfel wurden von muskulösen Männern ausgeladen; Kisten mit Salat, Tomaten und Erdbeeren wurden von Männern mit Melonenhüten gekauft und verkauft und dann von Männern mit Mützen abgeholt und fortgetragen. Der Lärm war ohrenbetäubend. Felix stürzte sich in die Menge.
Er versteckte sich hinter einem Stapel leerer Kisten und lugte durch die Ritzen. Einen Augenblick später sah er seine Verfolger. Sie waren stehengeblieben und blickten sich um. Sie wechselten ein paar Worte, dann trennten sie sich und setzten ihre Suche fort.
Lydia hat mich verraten, dachte Felix, als er wieder Atem schöpfen konnte. Hat sie gewußt, daß ich es auf Orlow abgesehen habe? Unmöglich! Sie hat mir an diesem Vormittag kein Theater vorgespielt, und sie war bestimmt ehrlich, als sie mich küßte. Aber wenn sie die Geschichte von dem Matrosen im Gefängnis geglaubt hat, wird sie Waiden gewiß nichts davon erzählt haben. Vielleicht ist sie erst später darauf gekommen, daß ich sie belogen haben könnte, und sie hat es erst dann ihrem Mann gesagt, weil sie mit dem Mord an Orlow nichts zu tun haben wollte. Sie hat mich also nicht direkt verraten.
Das nächste Mal wird sie mich nicht küssen. Aber es wird kein nächstes Mal geben.
Der uniformierte Polizist kam näher.
Felix ging um den Kistenstapel herum und kroch in eine kleine Lücke, verborgen hinter weiteren Stapeln von Kisten.
Wenigstens bin ich aus ihrer Falle entschlüpft, stellte er erleichtert fest. Gott sei
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