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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hand in seine Manteltasche, blickte auf eine imaginäre Taschenuhr, schlug die Zeitung auf und benahm sich, als sei er zu früh zu einer Verabredung gekommen.
    Er zog den Koffer näher an seinen Sessel, streckte die Beine auf beiden Seiten aus, um ihn zu schützen, falls ein Vorübergehender dagegenstoßen sollte. Die Halle war voller Menschen, und es war kurz vor zehn. Das ist die Stunde, in der die herrschende Klasse frühstückt, dachte Felix. Er hatte noch nichts gegessen und verspürte auch keinen Appetit.
    Er blickte über seine Times und beobachtete die Leute in der Halle. Zwei Männer sahen wie Hausdetektive aus. Felix fragte sich, ob sie ihn bei seiner Flucht hindern würden. Aber selbst wenn sie die Explosion hören sollten, konnten sie ja nicht wissen, wer von all den Leuten hier in der Halle dafür verantwortlich war. Niemand weiß, wie ich aussehe, beruhigte er sich. Wenigstens nicht, solange niemand hinter mir her ist. Ich muß eben darauf achten, daß mich keiner verfolgt.
    Er fragte sich, ob der Junge mit dem Brief kommen würde. Schließlich hatte er ja seinen Penny schon erhalten.
    Vielleicht hatte er den Umschlag in den Fluß geworfen und war in ein Süß war enge schäft gegangen. In diesem Fall mußte Felix die ganze Prozedur so lange wiederholen, bis er einen ehrlichen Straßenjungen fand.
    Er las einen Artikel in der Zeitung und blickte alle paar Sekunden auf. Die Regierung wollte jene, die der Womens ‘s Social and Political Union Geld gestiftet hatten, für den von Frauenrechtlerinnen angerichteten Schaden verantwortlich machen. Man plante ein Sondergesetz, um das zu ermöglichen. Wie dumm sind doch die Regierungen, wenn sie unnachgiebig werden, fand Felix. Die Leute werden das Geld einfach anonym stiften.
    Wo bleibt der Junge?
    Er fragte sich, was Orlow jetzt wohl tat. Höchstwahrscheinlich war er in seinem Hotelzimmer, ein paar Meter über Felix’ Kopf, saß beim Frühstück oder rasierte sich oder schrieb einen Brief oder verhandelte mit Waiden. Diesen Waiden möchte ich auch gerne umbringen, dachte Felix.
    Es wäre immerhin möglich, daß die beiden plötzlich hier in die Halle kämen. Aber darauf war wohl kaum zu hoffen. Was würde ich in dem Fall tun?
    Ich würde die Bombe werfen und glücklich sterben.
    Jetzt sah er den Jungen hinter der Glastür.
    Der Kleine betrat die Hotelhalle. Felix sah den Umschlag in seiner Hand. Er hielt ihn an einer Ecke, fast wie angeekelt, als ob der Umschlag schmutzig und er selbst sauber sei und nicht umgekehrt. Er wurde an der Tür von einem Hotelangestellten angehalten. Sie wechselten ein paar Worte, dann ging der Junge wieder fort. Der Angestellte stolzierte mit dem Umschlag in der Hand durch die Halle.
    Felix blickte ihm gespannt nach. Wird es klappen?
    Der Angestellte übergab den Umschlag dem Portier.
    Der Portier warf einen Blick darauf, nahm einen Bleistift, kritzelte etwas auf die rechte obere Ecke – eine Zimmernummer? – und rief einen Boy.
    Es klappte!
    Felix stand auf, nahm behutsam seinen Koffer und ging auf die Treppe zu.
    Der Boy überholte ihn im ersten Stock und ging weiter hinauf. Felix folgte ihm.
    Es war fast zu leicht.
    Er ließ den Boy eine Etage vorausgehen und beschleunigte dann seine Schritte, um ihn im Auge zu behalten.
    In der fünften Etage bog der Boy in den Flur ein. Felix blieb stehen und blickte ihm nach.
    Der Boy klopfte an eine Tür. Sie wurde geöffnet. Eine Hand erschien und nahm den Umschlag in Empfang.
    Jetzt habe ich dich, Orlow.
    Der Boy machte Miene sich zu entfernen, wurde aber zurückgerufen. Felix hörte nicht, was gesprochen wurde. Der Boy bekam ein Trinkgeld und sagte: »Ich danke Ihnen sehr, Sir, Sie sind sehr gütig.« Die Tür wurde geschlossen.
    Felix schickte sich an, über den Flur zu gehen.
    Der Boy sah seinen Koffer, wollte danach greifen und fragte: »Darf ich Ihnen helfen, Sir?«
    »Nein!« erwiderte Felix barsch.
    »Wie Sie wünschen, Sir«, erwiderte der Boy und ging seines Weges. Felix trat an die Tür zu Orlows Zimmer. Hatte man denn keine weiteren Vorsichtsmaßnahmen getroffen? Waiden konnte sich vielleicht einbilden, daß ein Mörder nicht in ein Londoner Hotelzimmer zu gelangen vermochte, aber Orlow hätte es doch besser wissen müssen. Einen Augenblick lang war Felix versucht, wieder hinunterzugehen, sich die Sache noch einmal zu überlegen, die Lage eingehender zu prüfen, aber er war jetzt seinem Ziel zu nahe.
    Er stellte den Koffer vor die Tür.
    Er öffnete ihn, griff in das Kissen

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