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Der Mann, der den Regen träumt

Der Mann, der den Regen träumt

Titel: Der Mann, der den Regen träumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Al Shaw
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nichts geglaubt, musst du wissen.«
    »Dann … dann … Heißt das, du meinst, er ist …«
    Kenneth begann zu glucksen, versuchte, es zu unterdrücken, doch es misslang ihm so gründlich, dass sein Gelächter bald in prustenden Schüben aus ihm hervorbrach. »Wenn du mich fragen willst, ob ich meine, dass mein Sohn jetzt in der Hölle ist, nur weil er kein gläubiger Mensch war, als er starb, dann: Nein!« Er schnappte pfeifend nach Luft und wischte sich mit den Ärmeln seines Pullovers über die Augen. »Nein, Elsa, du meine Güte, nein. An die Existenz der Hölle zu glauben, würde allem widersprechen, was ich bin. Aber wenn du allen Ernstes wissen möchtest, wo er meiner Meinung nach nun ist, dann hängt die Antwort davon ab, wann du mich das fragst. Wie könnte ich zum Beispiel jetzt hier in seinem Auto sitzen und glauben, er sei ganz einfach verschwunden? Ich bin umgeben von ihm. Ich kann ihn riechen, verdammt noch mal! Aber frag mich dasselbe noch mal im Winter, wenn der Regen gegen die Fenster trommelt und das Telefon nicht klingelt und niemand mich besuchen kommt. Dann würde ich vielleicht wirklich behaupten, dass eine Person nicht mehr existiert, sobald sie aufhört zu atmen.« Wieder fing er an zu glucksen. »Darf ich mir so eine Antwort erlauben, Elsa? Eine, in der Kenneth Olivier keinen Funken Ahnung hat? Darf ich zugeben, dass ich meine Meinung ständig ändere, je nachdem, wie elend ich mich gerade fühle?«
    »Nein!«, erwiderte sie lächelnd und wischte sich über die Augen. »Du hättest eine Antwort haben sollen! Geht es nicht genau darum, wenn man an etwas glaubt?«
    Mit einem Mal, wie auf ein Fingerschnipsen, war Kenneth wieder ernst. »Ich hätte so gern eine Antwort darauf. Aber ich fürchte nun mal, ich kann gar keine haben, was außerdem auch wesentlich gesünder ist, als blind an das Schlimmste zu glauben, das ich mir nur ausmalen kann.«
    Sie rieb sich über das Gesicht. »Tut mir leid. Mein Dad fehlt mir einfach, das ist alles. Und ich bin nicht gut darin, so ein Stoiker zu sein wie du.«
    »Das braucht Zeit«, entgegnete er weise, »und eine ganze Menge Kricketspiele. Dir ist klar, dass du nie aufhören wirst, ihn zu vermissen, oder?«
    Sie sahen zu, wie ein Blatt auf der Windschutzscheibe landete. Es war dunkelrosa, mit scharlachroten Ecken. Es standen keine Bäume in ihrer Nähe; der Wind musste es bis zu ihnen getragen haben.
    »Ja«, antwortete Elsa.
    Kenneth räusperte sich und deutete auf den Autoschlüssel in ihrer Hand. »Dann fahr jetzt. Im Handschuhfach ist eine Karte, aber es gibt sowieso nur eine Straße.«
    Sie nickte. »Danke.«
    Er stieg aus dem Auto. »Gute Fahrt.« Dann schloss er die Tür und klopfte zum Abschied noch einmal auf die Motorhaube.
    Die Straße zum Devil’s Diadem hinauf war uneben und voller Schlaglöcher. Die Erde war von Gräben durchzogen, die schon lange kein Wasser mehr führten und nun mit Dornengestrüpp und den Knochen unglückseliger Tiere gefüllt waren, die hineingeraten und darin hängen geblieben waren.
    Elsa verließ Thunderstown und es war ein gutes Gefühl, hinter dem Steuer zu sitzen. In New York war sie nicht oft Auto gefahren, aber früher in Oklahoma hatte sie es geliebt, mit einem alten Pickup über die langen Straßen zu jagen, obwohl ihre Mutter sich jedes Mal furchtbar aufgeregt hatte. Jetzt gab sie sich ganz diesem Gefühl hin und der Schwung der Räder, die jedem ihrer Befehle gehorchten, erfüllte sie mit einer Euphorie, wie sie sie früher auch immer in dem Pick-up verspürt hatte. Nach einer Weile wurde der Weg steiler und der Wind begann sich ihr entgegenzustemmen. Sie musste vom Gas gehen, aus Sorge, dass eine der unvermittelten Böen den Wagen einfach umpusten könnte, so kraftvoll fuhren sie unter das Fahrgestell.
    Während sie immer höher gelangte, erschienen ihr die zahlreichen Gipfel des Berges wie die Altäre eines Pantheons, die den Wind die Berghänge hinuntersandten. Elsa spürte, wie er sich gegen die Frontscheibe warf. Plötzlich erfasste eine Bö das Hinterteil des Wagens und schubste sie vorwärts. Der Anschnallgurt grub sich in ihre Schulter und ihre Zähne schlugen mit einem porzellanartigen Klacken aufeinander.
    Sie war froh, als sie sich schließlich dem Fuß einer der Felsspitzen näherte und im Schatten zwischen dieser und der nächsten den dunklen Umriss eines einsamen, würfelförmigen Gebäudes erspähte. Als sie näher kam, vergrößerte es sich nach und nach zu einem von einer Mauer umgebenen

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