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Der Mann, der den Regen träumt

Der Mann, der den Regen träumt

Titel: Der Mann, der den Regen träumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Al Shaw
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eisig kalt. Erschrocken hielt Daniel den Atem an. Er presste die Hände auf den Mund, bis sein Gesicht rot anlief und seine Adern in Hals und Stirn zu pochen begannen. Doch noch immer hingen die Atemwolken glitzernd vor ihm, bis er schließlich widerstrebend aufkeuchte. Sein Herz machte einen erleichterten Satz, als sein nächster Atemstoß wieder unsichtbar war.
    Die drei Wolken lösten sich langsam auf. Daniel atmete ein paarmal gezielt aus, um ganz sicherzugehen. Nichts. Er klopfte sich auf die Wangen, wischte sich die Handflächen am Hemd ab, um den kalten Schweiß loszuwerden, der sich dort gebildet hatte, und legte dann eine Hand auf die Brust, um nach seinem Herzschlag zu tasten. Zu seiner Erleichterung fühlte er kein Donnergrollen, sondern bloß das kraftvolle Pumpen seiner Herzkammern.
    Er wusste nicht, was er von dem, was gerade passiert war, halten sollte, also wandte er sich wieder dem Foto seiner Eltern zu. Er hob das Beil auf, mit dem er das Haus verwüstet hatte, und trennte das Paar mit einer sorgfältig geritzten Linie. Seinen Vater ließ er zwischen den Trümmern zurück. Seine Mutter hingegen betrachtete er einen langen Moment, dann steckte er ihr Bild in seine Hemdtasche und trat hinaus in das, was ein schöner Sommerabend zu werden versprach. Eine Weile blieb er auf dem Hof stehen, starrte, an den Zaun gelehnt, in den azurblauen Himmel hinauf und fühlte sich in diesem Augenblick genauso wenig mit dem Erdboden verbunden wie die Wolken, die über ihm dahinzogen.
    Als er den Blick wieder senkte, sah er zu seinem Erstaunen, dass von Westen her ein Mann auf ihn zukam. Sein Gang war so schwungvoll, dass Daniel einen Moment brauchte, bis er Finn erkannte. Als Finn den Hof erreichte, wusste Daniel noch immer nicht, was er sagen sollte.
    Nach einer Weile ergriff Finn das Wort. »Du siehst anders aus.«
    Daniel blickte auf seine Hände hinunter, die fleckig vom getrockneten Blut der geschlachteten Ziege waren und voller Staub und Schmutz infolge der Zerstörung, die er in der Halle angerichtet hatte. Er räusperte sich. »Ich fühle mich auch anders.«
    »Wir müssen reden. Kann ich … Ich meine … Willst du mich nicht vielleicht reinbitten?«
    Daniel nickte in Richtung Haustür. »Geh ruhig vor.«
    Finn trat ein paar Schritte ins Haus und blieb dann stehen, um mit offenem Mund auf das Chaos zu starren. »Was hast du getan?«
    Daniel rieb sich über den Bart. »Ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe, aber ich glaube … es war richtig.«
    Finn näherte sich den zerstörten Porträts. Bei einem hing die obere Hälfte des Gesichts noch im Rahmen, doch das Beil hatte die Leinwand unterhalb der Nase zerteilt und diese Hälfte des Gemäldes war auf dem Boden gelandet. »Das hier war dein Großvater!«
    »Ja.« Daniel stellte sich neben Finn und blickte in die mit Ölfarbe gemalten Augen des alten Mannes.
    »Du … du hattest doch immer so großen Respekt vor deinem Großvater.«
    Daniel hob die Hand, riss auch noch die obere Hälfte der Leinwand aus dem Rahmen und schleuderte sie zu Boden.
    Finn blickte ihn entsetzt an. »Daniel, was ist denn passiert?«
    »Die Vergangenheit«, erwiderte Daniel und machte eine Geste mit dem Arm, die den ganzen Raum umfasste, »ist zur Vergangenheit geworden. Und dich«, er hob energisch den Finger und sah bestürzt, dass Finn davor zurückschreckte, »muss ich tausendmal um Verzeihung bitten.«
    »Wofür denn?«
    »Ich habe mich von meinen Ängsten beherrschen lassen.«
    »Daniel, das kommt alles … ganz schön unerwartet. Und … und …« Finn lächelte nervös. »Wenn es dir hilft – deine Entschuldigung ist angenommen.«
    Wenn wir zwei, dachte Daniel, doch einfach noch einmal von vorn anfangen könnten.
    Einen Moment lang genoss er es, wie das Bild der Zerstörung die Distanz zwischen ihnen verringert hatte, dann wandte er Finn den Rücken zu und nahm seufzend den Brief von Betty vom Tisch. »Hier. Der war für dich bestimmt. Damals, als sie uns verlassen hat. Ich habe ihn behalten, weil … ich deine Mutter so sehr geliebt habe. Ich weiß, dass meine Art, ihr das zu zeigen, die falsche war, ich … ich kann dir nicht gestatten, meine Entschuldigung anzunehmen, bevor du nicht diesen Brief gelesen hast. Denn danach wirst du wahrscheinlich anders fühlen.«
    Finn griff nach den beiden Blättern, als wären es die Hälften einer zerrissenen Schatzkarte.
    Nachdem er den Brief gelesen hatte, faltete er ihn wieder zusammen, doch er starrte weiterhin auf das vergilbte

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