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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Verzweifeln. Sie kamen nicht weiter. Alle sagten dasselbe. Roger war ein ruhiger und pflichtbewusster Junge gewesen, der gern für sich blieb und mit niemandem Streit hatte. Was, wenn dies einer der wenigen Fälle war, bei denen der Täter sein Opfer nicht gekannt hatte? Was, wenn jemand an einem Freitagabend mit dem Plan aus dem Haus gegangen war, irgendjemanden zu ermorden, und Roger gewählt hatte. Aus Zufall, weil sich ihm die Gelegenheit geboten hatte.
    Natürlich wäre das ziemlich ungewöhnlich. Vor allem, wenn man bedachte, wie dieser Mord abgelaufen war. Das Herz herauszunehmen. Die Leiche wegzutransportieren und zu verstecken. Gezielt Beweise zu platzieren. Ungewöhnlich, aber nicht unmöglich.
    Gleichzeitig war etwas faul an den nahezu identischen Beschreibungen, die alle von Roger gaben, das spürte Vanja immer stärker. Lisas Worte, dass Roger gern Geheimnisse hatte, waren ihr in Erinnerung geblieben. Diese wenigen Worte, die der Wahrheit allem Anschein nach am nächsten kamen. Es schien, als habe es zwei Roger Erikssons gegeben, einen, der kaum sichtbar war und nie auffiel, und einen anderen, der eine Menge Geheimnisse hütete.
    «Dir fällt also niemand ein, der einen Grund gehabt hätte, auf Roger wütend zu sein?»
    Vanja war bereits drauf und dran, das Zimmer zu verlassen, in der Gewissheit, dass er ihre Frage nur mit einem weiteren Kopfschütteln beantwortet würde.
    «Doch, Axel war natürlich wütend auf ihn. Aber nicht
so
wütend.»
    Vanja hielt inne. Sie spürte, wie ihr Adrenalinspiegel stieg. Ein Name. Von jemandem, der wütend auf Roger gewesen war. Ein Strohhalm. Möglicherweise ein Teil eines weiteren Geheimnisses.
    «Wer ist Axel?»
    «Er war Hausmeister an unserer Schule.»
    Ein erwachsener Mann. Mit Führerschein. Der Strohhalm rückte in greifbare Nähe.
    «Warum war Axel sauer auf Roger?»
    «Weil er vor ein paar Wochen dafür gesorgt hat, dass Axel gefeuert wurde.»

A ch, dieser bedauerliche Vorfall, ja.»
    Rektor Groth knöpfte sein Sakko auf und setzte sich mit einer Miene hinter den Schreibtisch, als hätte er etwas Widerliches gegessen. Vanja stand mit verschränkten Armen in der Tür. Es fiel ihr schwer, sich den Zorn nicht anmerken zu lassen.
    «Als wir letztes Mal hier waren, hatte ich erwähnt, dass jemand von Ihrer Schule in den Mord an Roger Eriksson verwickelt sein könnte. Und da mussten Sie nicht an Ihren ehemaligen Angestellten denken, dem wegen Roger gekündigt wurde?»
    Der Rektor breitete seine Arme zu einer entschuldigenden, aber zugleich herablassenden Geste aus.
    «Leider nein, ich bitte um Verzeihung. Ich habe überhaupt keine Verbindung dazu hergestellt.»
    «Können Sie uns ein bisschen was über diesen ‹bedauerlichen Vorfall› erzählen?»
    Groth blickte mit deutlicher Missbilligung zu Sebastian, der in einen der Sessel versunken saß und in einer Informationsbroschüre der Schule blätterte, die er sich aus einem Ständer vor dem Büro des Rektors genommen hatte, als sie warten mussten.
    Das Palmlövska-Gymnasium: Der Beginn aller Möglichkeiten.
    «Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es stellte sich heraus, dass einer unserer Hausmeister Alkohol an die Schüler verkaufte. Schwarzhandel, ganz einfach. Natürlich wurde er mit sofortiger Wirkung entlassen, und schon war die Sache aus der Welt geräumt.»
    «Und wie haben Sie davon erfahren?», fragte Vanja.
    Ragnar Groth warf ihr einen müden Blick zu und wischte einige imaginäre Staubkörner von seiner Schreibtischplatte.
    «Das ist der eigentliche Grund Ihres Besuchs, oder? Als verantwortungsbewusster Schüler, der er war, kam Roger Eriksson zu mir und berichtete, was vor sich ging. Ich setzte eines der Mädchen aus der elften Klasse als Lockvogel ein und ließ sie bei Axel anrufen, um etwas zu bestellen. Als er mit der Ware zum vereinbarten Treffpunkt kam, konnten wir ihn auf frischer Tat ertappen.»
    «Weiß Axel, dass Roger ihn verraten hat?»
    «Das weiß ich nicht. Vermutlich ja. Soweit ich informiert bin, wussten auch einige Schüler davon.»
    «Aber Sie haben den Fall nie bei der Polizei angezeigt?»
    «Ich habe keinen Sinn darin gesehen, nein.»
    «Könnte es sein, dass sonst Ihr Image als ‹optimale Ausbildungsstätte, die ausgehend von einem christlichen Menschenbild und Wertesystem jedem Individuum Geborgenheit, Inspiration und umfassende Entwicklungschancen bietet›, etwas befleckt worden wäre?» Sebastian sah von der Broschüre auf, aus der er soeben zitiert hatte, und konnte sich ein

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