Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
aus Österreich hat mir ihr Wohnmobil ausgeliehen. Fahren wir mal nach Berlin und schauen uns die neue Hauptstadt an, habe ich gesagt.“
„Vielleicht haben Sie ja Ihren Führerschein zur Hand“, fragte der Polizist so betont freundlich, dass es wie eine Drohung a nkam. Ich schüttelte den Kopf.
„Irgendein Dokument, zum Beispiel Bücherei-Ausweis, Videoth eken-Kärtchen...“
Rogalla sah mich durchdringend an und gab mir mit dem Kinn ein Zeichen in Richtung meiner Jacke.
„Meinen... Personalausweis hab ich vielleicht in der Jacke. Mal gucken...“
Ich hob die Jacke auf und hörte ihn schon, deutlich schärfer, mir sein „Sie wolln mer wohl verarschen!“ entgegenschleudern und mit den Han dschellen rasseln. Doch er beließ es dabei, mich höchst missbilligend zu beobachten, wie ich meinen Geldbeutel aus der Jacke zog, in dem sich nur ein paar Münzen und mein Personalausweis befanden. Er verglich das Foto besonders sorgfältig mit meinem Gesicht, notierte sich Buchstabe für Buchstabe und Zahl für Zahl alle Daten, steckte den Ausweis dann zu Rogallas Dokumenten, verschränkte seine Hände samt unserer Papiere hinter seinem Rücken und sah mich an, als sei ich überführt.
„Herr Fercher. Warum ist in Ihrem Personalausweis unter Beso ndere Kennzeichen nicht ihre Einarmigkeit vermerkt?“
Ich glotzte ihn an.
„Weil, na ja, um ehrlich zu sein... ich wusste gar nicht, dass es diesen Vermerk gibt.“
Jetzt war er es, der glotzte. Er warf betont beiläufig einen Blick auf Vorder- und Rückseite me ines Personalausweises, gab ihn mir zurück und reichte Rogalla seine Papiere.
„Ich werde Ihre Daten überprüfen“, sagte er streng und machte zwei Schritte zum Ausgang.
„Gern. Wir haben nichts zu befürchten“, meinte Rogalla.
„Das werden wir sehen. Und lassen Sie sich nicht noch mal beim Wilden Campen erwischen. Ich empfehle den Campingplatz Gatow in Spandau.“
„Danke schön. Das wird dann unser Ziel für heute Nacht.“
Rogalla lächelte ihn strahlend an. Der Polizist blieb bei se iner Aufseher-Miene, sprang aus dem Wagen und kam hart auf dem Gehsteig auf. Ohne sich noch einmal umzusehen, setzte er seinen Streifengang fort. Rogalla schloss die Tür.
„Du blöder Hornochse!“
„Was denn?“
Ich war irritiert, und nur langsam ließ meine Panik nach.
„Warum hast du so ein Theater mit deinem Ausweis gemacht? Der wollte sich doch nur aufspielen und uns einschüchtern. Der wollte gar nichts finden. Aber du zwingst ihn förmlich, unsere Daten jetzt durch den Computer zu jagen.“
Neue Panik flammte in mir auf.
„Meinst du, der...“
„Ich hoffe es nicht. Aber möglich ist es. Mensch, wenn du ihm de inen Ausweis nicht gezeigt hättest, dann hätte der glatt einen Streifenwagen gerufen und uns zum Revier schaffen lassen.“
„Ich dachte doch, wenn der Frank Fercher liest, dann...“
„Du siehst Gespenster, Mann. Wahrscheinlich wird überhaupt nicht nach dir gefahndet, und selbst wenn, dann ist bestimmt nicht jede Fußstreife hinter dir her. Einer wie der da hat doch eher Angst davor, auf einen echten Verbrecher zu treffen. Der will Strafzettel verteilen und sich daran aufgeilen, Verwarnungen auszusprechen.“
„Tut mir leid, ich...“
Er sah mich an und musste lachen.
„Wenn ich dich so kleinlaut sehe, kann ich ihn auch verst ehen. Ist echt geil, jemand zur Schnecke zu machen.“
„Blödmann!“
Er haute mir auf die Schulter.
„Also los. Wenn der wieder hier vorbeikommt und wir sind noch da, sind mindestens 60 Flocken fällig. Die versaufe ich li eber.“
„Und wohin?“
Er kletterte nach vorne auf den Fahrersitz.
„Alexanderplatz.“
„Wieso?“
„Weil sich Honki dort tagsüber herumtreiben soll.“
„Woher weißt du denn das?“
„Wärst du heut Nacht nicht so beschäftigt gewesen, dich depl atziert zu fühlen, dann wüsstest du das auch. Man muss nur ein bisschen herumfragen und die Lauscher aufsperren.“
Ich war überrascht.
„Das waren doch eigentlich ganz normale Lokale gestern. Verkehren da auch Gangster?“
Er lachte und startete den Motor.
„Du bist vielleicht naiv, Mann, für einen, der auf dem Everest gewesen und unter Haien getaucht sein will.“
„Das war mit meinesgleichen. Mit Halbweltgestalten bin ich nie in Berührung gekommen.“
„Na, und deine Entführung?“
Ich schüttelte nachdenklich den Kopf.
„Das ist nach wie vor eine fremde Welt für mich. Ein soziales Umfeld, in das ich mich nicht reindenken kann.“
„Soziales
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