Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
sein Ziel. Wenn ich ihm nicht ei nfach nur Geld gebe, so wie er es gestern wollte, sondern auch das Flugticket dazu. Und vielleicht miete ich ihm drüben was, sorge dort für einen redlichen Neuanfang, vermittle ihm einen Job...“
„Sie wollen sich freikaufen.“
„Ich will verhindern, dass ein junger Mensch die Verbrecherlaufbahn einschlägt. Und es damit zig Leuten ersparen, bestohlen, erpresst und zu Drogen verführt zu werden. Und ganz nebenbei, zugegeben, will ich mir und meiner Familie ein Problem vom Hals schaffen.“
„Also erstens: Sein Name nützt ihnen gar nichts. Denn zwe itens: Auf der Verbrecherlaufbahn ist der längst so weit voran, dass er in die USA legal gar nicht einreisen kann. Das führt uns zu drittens: Wenn Sie ihm einmal Geld geben, erreichen Sie genau das Gegenteil von dem, was Sie wollen. Dann saugt der sich an Ihnen fest. Und der Alptraum wird niemals aufhören.“
„Sie wollen mir seinen Namen nicht sagen?“
„Der Kollege hat Ihnen, denke ich, schon heute Morgen am Telefon...“
„Alles klar.“
Ich stand auf und ging zur Tür. Die hatten sich ausgetauscht. Und waren übereingekommen, den Kerl zu decken. So sah ich das damals: Sie stellten die Rechte des Verbrechers über die seines Opfers. Obermeier beeilte sich, mir zu folgen.
„Herr Fercher.“
Halb zur Tür draußen, drehte ich mich noch einmal um.
„Denken Sie bitte noch mal über die Idee nach, zu verreisen. Wenn Sie möchten, begleiten wir Sie zum Flugh afen und passen auf, dass Ihnen niemand folgt. Es wird so kommen, wie ich gesagt habe. Und wenn wir ihn dann haben, können Sie unbesorgt zurückkommen und Ihr Leben weiterleben.“
„Ich denke darüber nach.“
„Tun Sie das bitte wirklich.“
Ich war erstaunt, wie viele Wach- und Sicherheitsunternehmen es in unserer Stadt gab. In den Gelben Seiten warben in Kleinanzeigen 15 Firmen mit Werk- und Eigentumsschutz-, Wach-, Pförtner- und Ordnungsdiensten. Das Branchenfernsprechbuch hatte ich aus dem Burgkeller mitgehen lassen, saß nun in meinem Mercedes auf dem Parkplatz der Polizeidirektion und studierte das Angebot.
Ich entschied mich für „Security Service Stefan Sasse“, ein U nternehmen, dessen „Rundum-Schutzpaket“ mir am ehesten geeignet schien, die Polizei zu ersetzen, und von dem ich außerdem wusste, dass es für die größten Firmen der Region erfolgreich als Werkschutz tätig war.
Auch dieser Schritt, trotz meiner Informationen über die Firma nichts als eine Zufallsauswahl, sollte sich als folgenschwer e rweisen. Ich tippte die Nummer ins Autotelefon. Es meldete sich eine Frauenstimme. Ich ließ mich nicht mit irgendwelchen Abteilungsleitern abspeisen, sondern bestellte den Firmenchef für 18 Uhr zu mir aufs Grundstück, und als die Sekretärin als Adressangabe „Schöne Aussicht“ hörte, war sie auf einmal sehr beflissen und sagte mir den Termin zu.
Meine neue Aufgabe, unser Haus in eine feste Burg auszubauen, b egann mir Befriedigung zu verschaffen. Den Rest des Nachmittags verbrachte ich damit, mich bei einem Karate-Privatlehrer anzumelden, eine neue Haustür auszusuchen, den Einbau zu überwachen und die Bücherei meines Vaters nach Titeln zu durchstöbern, die mir in der gegenwärtigen Situation von Nutzen sein konnten.
Kurz vor 18 Uhr traf „Security-Service“-Chef Stefan Sasse mit zweien seiner Abteilungsleiter ein: Benno Friedrich, dem Fac hmann für den Objektschutz mit Hunden, und Olaf Gold, dem Organisator für Sicherheitsausbau und Alarmanlagen. Die drei Herren trugen Anzüge und unauffällige Krawatten. Sasse fiel auf durch eine protzige Krawattennadel mit Saphir, streng nach hinten gelegte Haare und durch einen Gesichtsausdruck übertriebener Besorgtheit: Sie haben ein Problem – wir werden alles tun, Ihnen zu helfen. So aufgesetzt sein Gehabe mir vorkam, ich fühlte mich doch von Anfang an beschützt. Ich bat Sasse, Friedrich und Gold in die Bibliothek und reichte, da Silke nicht zurückgekommen war, Mineralwasser und Gläser selbst.
„Herr Fercher“, begann Sasse und holte einen Laptop aus seinem Aktenkoffer, was damals noch eine Besonderheit war und mich b eeindruckte. Er drückte den Startknopf.
„Wir müssten zunächst von Ihnen wissen, ob Ihre Konsultation e inem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis entspringt oder ob eine konkrete Bedrohung Sie veranlasst hat, sich an uns zu wenden.“
Ich schilderte, in welcher Weise sich mein Leben seit dem Vormi ttag des Vortages verändert hatte, und Sasse tippte
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