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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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und haben Zuflucht gefunden vor dem unerbittlichen Jäger, der solche
wie uns gerne hinschlachtet, selbst wenn niemand ihn dafür entlohnt. Wir sind
in des alten Königs Höhle und erforschen dort all jenes, was das Tier mit dem
Rüssel uns beim Weiden übrig ließ, und wahrlich, das ist noch vieles. «
Der Junge sah Rodraeg und Bestar beim Sprechen kaum an. Eher schien er in ein
Selbstgespräch versunken. » Helfen können wir euch nicht, um
was auch immer ihr ersucht. Die Zeit für Warchaim ist eine düstere. Die letzten
Tage ziehen herauf. Dunkleres, Mächtigeres noch als das Gegenwärtige wird sich
über diese Stadt legen mit kalter, erbarmungsloser Hand. Doch vor dem Dunkleren
gilt es, das Gegenwärtige zu bewältigen. Die Hinweise sind überall verstreut,
mit Nadeln sind sie ins Gewebe gestickt gleich einer Schrift für Blinde. Mehr
Hinweise als diesen Jungen dürfen wir euch nicht geben, denn keinesfalls darf
zu viel Aufmerksamkeit uns zuteil werden. Der Schuldigkeiten sind getan. Lasst
uns nur Nebenfiguren sein und den Jungen jetzt gehen. Und ja – um euren Magier
tut es uns leid. Wir lernten ihn kennen und schätzen.«
    Â»Was bedeutet das: Es tut euch leid um ihn?« Rodraeg war bleich
geworden.
    Â»Ich weiß es nicht«, antwortete der Schmetterlingsjunge. »Ich bin
nur ein Stellvertreter, und meine Botschaft ist nun abgegolten.« Er wandte sich
um und wollte in einen anderen, tiefer liegenden Raum gehen. Instinktiv griff
Bestar nach seinem Arm, um ihn festzuhalten, gar nicht grob, sondern einfach
nur, um ihn am Weggehen zu hindern, damit Rodraeg ihm noch weitere Fragen
stellen konnte. Doch Bestars Hand glitt durch den Arm des Jungen hindurch wie
durch lauwarme Milch. Dann – gab es einen eigenartigen Moment, in dem Rodraeg
und Bestar das Gefühl hatten, jede ihrer Bewegungen wäre quälend langsam, jeder
Lidschlag währte einen Sandstrich und alles Leben in der Stadt ringsum zöge in
Eilgeschwindigkeit vorüber. Und als dieser Moment verstrichen war, war der
Schmetterlingsjunge fort, und keiner von ihnen hatte sich auch nur umwenden
können, um ihm nachzuschauen.
    Verwirrt blickten sie sich an.
    Â»Ich mache … mir große Sorgen … um Eljazokad«, sagte Rodraeg mühsam.
    Â»Ich mir auch.«
    Â»Lass uns zurückgehen nach Hause. Vielleicht baut sich das Haus dann
hinter uns wieder auf, als wäre es nie verfallen gewesen.«
    Doch das Haus der Dreimagier blieb Ruine, selbst als Rodraeg und
Bestar es schließlich aus den Augen verloren.
    Im Haus
des Mammuts herrschte eine Stimmung der
Schmerzen und der Unsicherheit. Naenns Stöhnen sinterte durch alle Fugen. Cajin
rannte aufgelöst umher, und Estéron brauchte Rodraeg und Bestar gar nicht erst
in Worte zu fassen, dass Naenns Leben und das ihres Kindes an seidenen Fäden
hingen.
    Rodraeg verwünschte den
Schmetterlingsmann dafür, dass er Naenns Wehen eingeleitet hatte. Vorher war
doch zumindest mit ihr noch alles in Ordnung gewesen.
    Rodraeg war dem Schmetterlingsmann dankbar dafür, dass er Naenns
Wehen eingeleitet hatte. Denn was wäre aus Naenn geworden, falls ihr Kind nicht
mehr zu retten gewesen wäre? So bestand immerhin noch Hoffnung für sie beide.
    Das Mammut war schuld. DMDNGW .
All die Belastungen, Übergriffe und Attacken der letzten Zeit.
    Rodraeg ertrug es nicht, dass Estéron und auch Cajin ihm
untersagten, jetzt bei Naenn zu sein, sie zu halten und ihr beizustehen. Aber
welches Recht hatte Rodraeg denn auch, darauf zu bestehen? Er war nicht der
Kindsvater. Er war nicht ihr Mann. Sie verlangte nicht nach ihm. Alles, was er
vorzubringen hatte, war seine tief empfundene Zuneigung zu ihr, ihr leuchtendes
Wohnen in seinem Herzen. Aber Liebe allein gab ihm keinerlei Rechte.
    Sie wimmerte und wehklagte. Rodraeg hielt sich sogar die Ohren zu. Bestar
war ebenfalls kalkweiß vor Sorge. Sorge auch um Eljazokad.
    War dies der Sturz des Mammuts , den DMDNGW ihnen angekündigt hatte? Dass sie alle umkamen,
einer nach dem anderen? Denn wenn Naenn jetzt starb und ihr Kind ebenfalls,
wusste Rodraeg nicht, wie und wozu er noch weiterleben sollte.
    Sie wimmerte und wehklagte, dann wieder schrie sie aus
Leibeskräften. Estéron schrie ebenfalls und sang. Cajin lief mit Wasser hin und
her, brachte klares Wasser nach oben und rotes Wasser wieder hinab. Als Bestar
ihm anbot zu helfen, eine Art Eimerkette zum Brunnen draußen zu

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