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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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ab und drehte sich der ganzen Klasse zu. »Wir reden später darüber. Ihr schlagt jetzt bitte alle wieder Seite 27 auf und schreibt weiter den Absatz über Thomas Jefferson ab. Und wenn ihr damit fertig seid, dann schreibt ihr den darunter auch noch ab, verstanden?«
    Als Sally, verwirrt wie die anderen, ihr Heft aufschlug und mit dem Schreiben begann, legte Tom ihr die Hand auf die Schulter. »Und wir unterhalten uns einen Moment, Sally.«
    ~~~
    »Er hat mir furchtbare Angst eingejagt! Er war … so groß, und er roch nicht gut, und er … er war betrunken.«
    »Ja, das kann ich verstehen. Ich meine, dass er dir Angst eingejagt hat. Mir hat er gestern auch Angst eingejagt. Aber wie habt ihr euch überhaupt dort getroffen?«
    »Sir?« Sally blickte ihn blinzelnd an. Sie saß auf einer Bank im Schatten der Eiche im Schulhof und zupfte an einem Faden, der aus dem Ärmel ihrer Bluse hing.
    Tom lehnte an dem knorrigen Baumstamm und kaute auf einem Strohhalm. Eine kleine Brise milderte die Hitze des Nachmittags und ließ ein helles Rascheln durch die Blätter des uralten Baumes gleiten. »Na, beim Friedhof, meine ich. Das Gemeindefest war doch bei der Kirche. Von dort ist es nicht weit bis zum Friedhof, aber außer dir und Huck war dort niemand, als die Männer zu euch kamen. Wie habt ihr euch getroffen? Wart ihr verabredet?«
    Sallys Wangen, die vorher gerötet waren, schimmerten jetzt hellrosa. Sie versuchte offenbar, ihre Aufregung zu verbergen, aber ihre Brust hob und senkte sich im schnellen Rhythmus ihres Atems. Für ein Mädchen von vierzehn Jahren ist sie mehr als gut entwickelt, ging es Tom durch den Kopf, und er versuchte, sich wieder auf ihr Gesicht zu konzentrieren. Ihre Augen strahlten in einem kühlen Blau, aber etwas Kesses blitzte immer wieder darin auf. Ihre Zähne waren ebenmäßig und von einem fast unnatürlichen Weiß. Was hatte Becky gesagt? Ein richtiger Wildfang. Verdreht den Jungs reihenweise den Kopf. Macht ihnen in der Sonntagsschule schöne Augen. Kein Wunder, dachte Tom und wartete auf ihre Antwort. Die kam stockend.
    »Ich … er hat mir ein Zeichen gegeben.«
    »Ein Zeichen?«
    »Ja, ein Zeichen. Ich kannte ihn. Er mochte mich, und ich … weiß … dachte zumindest, dass er kein schlechter Kerl ist. Er hat mir immer kleine Geschenke gemacht, wenn wir uns zufällig auf der Straße getroffen haben. Hat mir mal ein Stück Schokolade gegeben, als ich noch klein war, oder mir ein Kaninchen geschenkt. Eins, das noch lebt, verstehen Sie? Später hat er mir ab und zu ein buntes Haarband geschenkt, solche Sachen. Ich hätte es wahrscheinlich nicht annehmen dürfen.«
    »Warum nicht? Vielleicht wollte er einfach nur nett sein?«
    »Das dachte ich auch. Ich stand vor der Kirche am Tisch mit dem Kuchen, da hab ich ihn auf dem Friedhof gesehen. Er hat mir zugewinkt, und ich bin zu ihm hingegangen. Ich hab niemandem Bescheid gesagt, ich wollte nicht, dass das jemand sieht.«
    »Du hast gedacht, er schenkt dir wieder was?«
    Sie nickte eifrig. »Ja, aber dann hab ich gemerkt, dass er betrunken war. Er hat nach Whiskey gestunken, und als ich wieder gehen wollte, hat er mich festgehalten und …«
    Sally atmete heftig und starrte zu Boden, als sähe sie dort Bilder von sich und Huck an diesem Nachmittag. »Und dann hat er mich festgehalten und versucht, mich zu küssen, hat sein kratziges Kinn an meinen Hals gedrückt, und dann hat er sich die Hose runtergerissen und sein … Sie wissen schon, rausgeholt! Da hab ich furchtbar Angst bekommen und geschrien, verstehen Sie, Sir? Ich wusste, was er vorhatte, ich hatte einfach nur Angst. Was hätte ich denn tun sollen?«
    Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu Tom auf. Sie schluckte und blinzelte, kämpfte mit den Tränen.
    Tom legte ihr die Hand auf die Schulter. »Huck hat angeblich gesagt, du schuldest ihm Geld. Stimmt das?«
    Sally blickte zu Boden und schob mit ihrem Schuh Eicheln und Staub zur Seite. »Ich weiß nicht, warum er das gesagt hat. Ich schulde ihm kein Geld. Ich schulde niemandem Geld. Ich denke, er hat eine Ausrede gesucht, als die Männer kamen und ihn geschnappt haben.«
    »Eine Ausrede. Wofür?«
    »Na ja, dafür, dass er mich so … bedrängt hat. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, warum er das gesagt hat, es ist gelogen, Mr Sawyer, und es tut mir so leid, dass er Ihre Tante erschlagen hat. Gott schenke ihrer Seele Frieden.«
    »Danke.« Tom nickte und sah bedrückt zu Boden. Was Sally schilderte, stimmte mit dem überein, was

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