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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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zum Sheriff und schüttelte den Kopf. »Nachdem Mrs Temple gegangen war, hat Hattie, wie schon gesagt, die Bohnen gekocht, hat hier aufgeräumt, und dann ist sie gegangen …« Dobbins zögerte. »Ach, wartet mal. Sie hat noch was gesagt.«
    »Ja?« Joe Harper blinzelte. »Was denn?«
    »Sie hat gesagt, sie will zu Sidney gehen, zu deinem Bruder, Tom, und ihn fragen, ob das Angebot noch steht und er noch jemanden sucht.«
    Tom merkte auf. Sid? Sein Siddy? Was hatte der mit Hattie zu schaffen? »Was für ein Angebot? Wofür hat Sid jemanden gesucht?«
    »Sidney hat bei Lucius Austins Gemischtwarenladen einen Zettel ausgehängt, dass er noch eine Haushaltshilfe sucht. Soweit ich weiß, hatte er vor, das leerstehende Haus der Farraguts zu mieten, sobald er und Miss Rebecca einmal verheiratet wären, weil er das Haus in der Hooper Street wohl zu klein und nicht angemessen fand. Und dafür hat er noch ein Hausmädchen gesucht. Ich denke, Hattie wollte sich um diesen Job bei ihm bewerben.«
    Tom nickte. Er würde mit Sid reden. Falls der überhaupt noch mit ihm sprach. Ob Becky ihm wohl von dem Kuss in Marion City erzählen würde? Ihm ging auf, dass Sid der Einzige war, der Huck in Pollys Haus gesehen hatte. Oder gesehen haben wollte? Würde Sid ihn belügen? Ganz bestimmt. Aber konnte er etwas mit Pollys Tod zu tun haben?
    Tom schüttelte den Gedanken ab, als ihm etwas anderes durch den Sinn ging. Er blickte von Joe zu Dobbins. »Ach, bevor ich’s vergesse: Hat Polly vielleicht Kaninchen gehabt? Ich meine, in dem kleinen Gemüsegärtchen am Cardiff Hill?«
    Die Männer sahen ihn ratlos an. Dobbins schüttelte den Kopf. »Kaninchen? Nicht dass ich wüsste. Warum fragst du, Tom?«
    Tom winkte ab.
    Joe Harper erhob sich. »Gut. Dann. Ich schätze, ich weiß jetzt genug.«
    Dobbins blickte angespannt von Tom zum Sheriff. »Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ihr etwas zugestoßen ist, oder? Sie ist doch wahrscheinlich nur weggelaufen, Gott weiß, warum.«
    Tom schwieg. Er wollte in Joes Gegenwart nicht über die anderen verschwundenen Frauen sprechen, solange er selbst nicht mehr wusste.
    Joe Harper setzte seinen Hut auf, hakte die Daumen in seinem Gürtel ein und reckte die Brust vor. »Das hoffen wir alle, Sir. Aber sicher wissen können wir es nicht. Ich verspreche Ihnen jedenfalls, dass ich und meine Männer die Augen offen halten werden. St. Petersburg ist ein sicherer Ort, seit ich Sheriff bin, und das soll auch so bleiben. Mr Dobbins.«
    »Sheriff.«
    Joe griff zu seiner Hutkrempe und würdigte Tom keines weiteren Blickes. Er ging langsam zur Tür, und bevor er durch war, sagte Tom: »Dir auch noch einen schönen Abend, Joe!«
    Harper ließ sich Zeit mit dem Umdrehen. Und als er es ganz langsam tat und das breite Lächeln wieder in seinem Gesicht war, ging Tom auf, dass er auf diesen Moment hingearbeitet hatte, seit sie Dobbins’ Haus gemeinsam betreten hatten.
    Mit großer Mühe unterdrückte Joe sein Grinsen. »Ach ja, Tom …«, sagte er gedehnt. »Da hätte ich fast was vergessen.« Er griff in die Innentasche seines schwarzen Mantels und zog ein zusammengefaltetes Papier hervor. »Sieht so aus, als hättest du dir in Washington nicht nur Freunde gemacht.« Er faltete das Blatt auseinander und ließ es vor Tom auf den Tisch fallen. Es war ein Telegramm.
    Tom überflog die Zeilen.
    MARINEMINISTERIUM WASHINGTON DC AN DAS BÜRO DES SHERIFFS ST. PETERSBURG +++ STOP +++ THOMAS SAWYER UNTER ALLEN UMSTÄNDEN IN ST. PETERSBURG FESTHALTEN +++ STOP +++ SONDERERMITTLER AMOS T. CRITTENDEN TRIFFT IN BÄLDE EIN +++ STOP +++ DAS MINISTERIUM ERWARTET VOLLUMFÄNGLICHE UNTERSTÜTZUNG +++ STOP +++ GEZ. HOWARD, SEKRETARIAT MINISTER WELLES
    Joe tippte sich an den Boss of the Plains .
    »Ich will dich nicht unter Arrest stellen, Tom, aber die Zelle neben Huck ist noch frei. Wär besser, du bleibst in der Gegend. Schönen Abend noch.«
    ~~~
    Also doch.
    Vor zwei Tagen, als er mit dem Dampfschiff ankam, hatte Tom gedacht, es würde länger dauern. Tatsächlich hatte man nur eine Woche nach seiner Abreise aus Washington beschlossen, jemanden zu ihm zu schicken.
    Es ging um die Nacht im Ford’s Theatre, da war sich Tom sicher. Was sonst? Nachdem der Attentäter tot und die Verschwörer gehängt worden waren, suchte man nach weiteren Sündenböcken. Und er hatte geschlafen und den Präsidenten nicht geschützt. Dass es überhaupt nicht seine Schicht gewesen war, spielte keine Rolle. Er war da gewesen. Er hatte es nicht verhindert.
    Aber

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