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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hätte er sich längst blicken lassen.«
    »Ungarn? Was macht er denn in Ungarn?«
    »Irgendwas für sein Revolverblatt. Eigentlich müsste er aber schon wieder da sein. Vor seiner Abreise hat er gesagt, dass er nur zwei, drei Tage fortbleibt.«
    »Hast du ihn vor seiner Abreise noch getroffen?«
    »Na klar. Am Tag vorher.
    Tagsüber haben wir hier rumgesessen, und am Abend sind wir dann noch um die Häuser gezogen.«
    »Ihr beide?«
    »Ja, und noch ein paar andere. Ich weiß nicht mehr genau, wer. Pelle Kronkvist und Stickan Lund waren bestimmt dabei. Wir haben ordentlich gebechert. Ja, Äke und Pia waren auch mitgekommen, du kennst Ake doch bestimmt?« Martin Beck tat, als überlegte er. Scheinbar ohne Erfolg.
    »Äke ... Ich weiß nicht. Welcher Äke?«
    »Ake Gunnarsson«, sagte Molin und drehte sich zu dem Tisch um, an dem er zuvor gesessen hatte. Zwei der Männer waren inzwischen gegangen.
    Die beiden Übriggebliebenen brüteten schweigend über ihrem Bier.
    »Er sitzt da drüben«, erklärte Molin. »Der Kerl mit dem Bart.«
    Einer der Bärtigen war gegangen, deshalb gab es keinen Zweifel, wer Gunnarsson sein musste. Der Mann machte einen recht sympathischen Eindruck.
    »Nein«, sagte Martin Beck. »Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne. Wo arbeitet er?«
    Molin nannte eine Zeitung, von der Martin Beck noch nie gehört hatte, dem Namen nach schien es eine Motorsportzeitung zu sein.
    »Ake ist okay. Er war an dem Abend auch ziemlich voll, wenn ich mich recht erinnere. Sonst wird der selten richtig blau. Egal, wie viel er in sich reinschüttet.«
    »Und seitdem hast du Alfi nicht mehr gesehen?«
    »Eine Scheißfragerei ist das. Willst du gar nicht wissen, wie's mir geht?«
    »Doch, natürlich. Wie geht's dir?«
    »Absolut beschissen. Hab 'nen mordsmäßigen Kater. Hab den Moralischen.«
    Molins feistes Gesicht verdüsterte sich. Wie um den letzten Rest an Daseinsfreude zu vernichten, leerte er seine Kanne in einem einzigen gewaltigen Zug. Dann holte er wieder sein Taschentuch heraus und wischte missmutig an seinem schaumbedeckten Schnurrbart herum.
    »Die sollten das Bier in Barttassen servieren«, sagte er. »Kein Service mehr heutzutage.«
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort:
    »Nein, ich habe Alfi nicht mehr gesehen, seit er gefahren ist.
    Das Letzte, was ich von ihm mitgekriegt habe, war, dass er in der Operabar ein Mädchen mit Whisky Soda begossen hat. Am nächsten Morgen ist er dann nach Budapest. Der Ärmste, mit einem derartigen Kater über halb Europa fliegen zu müssen! Hoffentlich ist er wenigstens nicht mit SAS geflogen.«
    »Und seitdem hast du nichts mehr von ihm gehört?«
    »Wir pflegen uns keine Briefe zu schreiben, wenn wir auf Reportagereise sind«, sagte Molin würdevoll. »Für welches Revolverblatt arbeitest du eigentlich? Kinderkrippe? Na, egal. Was ist, nehmen wir noch eine Kanne?« Ein halbe Stunde und zwei Kannen später gelang es Martin Beck endlich, sich von Redakteur Molin loszueisen, nachdem er ihm erst noch einen Zehner geliehen hatte. Beim Hinausgehen hörte er hinter sich die Stimme des Mannes: »He, Fia, noch eine Kanne für mich.«

5
    Das Flugzeug war eine Iljuschin 18 Turbopropmaschine der CSA. Nach dem Abheben stieg sie in einer steilen Kurve über Kopenhagen, Saltholm und dem in der Sonne glitzernden Oresund auf.
    Martin Beck saß am Fenster und sah unten Ven mit den Backafall Steilhängen, der Kirche und dem kleinen Hafen. Er konnte noch erkennen, dass gerade ein Schlepper um die Hafenmole fuhr, bevor das Flugzeug nach Süden abdrehte. Er reiste eigentlich gern, aber diesmal überschattete die Enttäuschung über den verdorbenen Urlaub doch einen Großteil der Reisefreude. Außerdem hatte seine Frau anscheinend überhaupt nicht begriffen, dass ihm keine große Wahl geblieben war. Er hatte es ihr am Abend zuvor am Telefon zu erklären versucht, aber ohne Erfolg.
    »Du kümmerst dich überhaupt nicht um mich und die Kinder«, hatte sie gesagt.
    Und gleich anschließend:
    »Es gibt doch noch andere Polizisten als dich. Musst du denn immer alle Aufträge übernehmen?«
    Er hatte versucht, sie davon zu überzeugen, dass er wirklich lieber in die Schären gefahren wäre, aber sie hatte auf stur geschaltet. Darüber hinaus hatte sie diverse Kostproben ihrer eigenartigen Logik abgeliefert.
    »Du fährst also nach Budapest und amüsierst dich, während die Kinder und ich allein auf diesem Inselchen hocken.«
    »Ich fahre nicht, um mich zu amüsieren.«
    »Ach, was du nicht

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