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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Morgen.«
    Martin Beck rollte sich auf die Seite und stützte sich auf den Unterarm.
    Das gleißende Licht kam aus den Scheinwerfern zweier Polizeiautos, eins stand auf dem Kai und das andere vor der Steinmauer oben auf der Straße. Drei Meter von Szluka entfernt stand ein Polizist mit Schirmmütze, schwarzen Lederstiefeln und einer hellen graublauen Uniform. Er hielt einen schwarzen Schlagstock in der Rechten und betrachtete nachdenklich die Person zu seinen Füßen. Es war Tetz Radeberger, der Mann, der in dem Haus in Üjpest mit Ari Boecks Bikini gespielt hatte. Jetzt lag er auf dem Rücken, tief bewusstlos und mit Blut an der Stirn und im blonden Haar.
    »Der andere?«, fragte Martin Beck. »Was ist mit dem?«
    »Angeschossen«, sagte Szluka. »Natürlich vorsichtig. In die Wade.«
    In den Häusern entlang der Straße waren etliche Fenster aufgegangen, und die Leute guckten neugierig zum Kai hinunter.
    »Bleiben Sie liegen«, sagte Szluka. »Der Krankenwagen kommt gleich.«
    »Nicht nötig«, erwiderte Martin Beck und stand langsam auf.
    Es waren exakt drei Minuten und fünfzehn Sekunden vergangen, seit er auf der Steinmauer gesessen und den Luftzug im Nacken gespürt hatte.

14
    Bei dem Wagen handelte es sich um einen blau-weißen Warszawa, Baujahr 1962. Er hatte ein Blaulicht auf dem Dach, und das Martinshorn heulte diskret und wehmütig durch die nachtleeren Straßen. In den weißen Streifen auf den Vordertüren stand in Blockbuchstaben RENDÖRSEG. Das bedeutete Polizei.
    Martin Beck saß hinten, neben ihm ein Polizist in Uniform. Szluka saß vorn auf dem Beifahrersitz.
    »Sie haben sich wacker geschlagen«, sagte Szluka. »Ziemlich gefährliche Jungs, die beiden.«
    »Wer hat eigentlich Radeberger unschädlich gemacht?«
    »Er sitzt neben Ihnen.«
    Martin Beck drehte den Kopf. Der Polizist hatte einen schmalen schwarzen Schnurrbart, braune Augen und einen mitfühlenden Blick.
    »Er spricht nur Ungarisch«, erklärte Szluka.
    »Wie heißt er?«
    »Foti.«
    Martin Beck reichte ihm die Hand. »Danke, Foti«, sagte er.
    »Er musste ziemlich unsanft werden«, sagte Szluka. »Hatte nicht viel Zeit.«
    »Ein Glück, dass Sie zur Stelle waren«, sagte Martin Beck. »Wir sind immer zur Stelle«, erwiderte Szluka. »Außer in Karikaturen.«
    »Sie haben ihren Unterschlupf in Üjpest«, sagte Martin Beck. »In einer Pension in der Venetianer üt.«
    »Das wissen wir.«
    Szluka schwieg einen Augenblick. Dann fragte er:
    »Wie sind Sie mit denen in Kontakt gekommen?«
    »Durch eine Frau namens Ari Boeck. Matsson hatte sich nach ihrer Adresse erkundigt. Und sie war mal in Stockholm. Als Wettkampfschwimmerin. Da könnte es einen Zusammenhang geben. Deshalb habe ich sie aufgesucht.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Dass sie an der Universität studiere und in einem Museum arbeite. Und dass sie noch nie etwas von Matsson gehört habe.«
    Sie waren beim Polizeipräsidium am Deäk Ferenc ter angekommen. Das Auto bog auf einen Hof mit Zementbelag und hielt dort an. Martin Beck begleitete Szluka auf sein Dienstzimmer. Es war sehr geräumig, und eine Wand war mit einem großen Stadtplan von Budapest bedeckt, im Wesentlichen aber erinnerte es ihn an sein eigenes Büro zu Hause in Stockholm. Szluka hängte seinen Jägerhut an den Haken und zeigte auf einen Stuhl. Er öffnete den Mund, doch bevor er etwas sagen konnte, klingelte das Telefon. Er ging zum Schreibtisch und nahm ab. Martin Beck glaubte einen Wortschwall zu ahnen, der kein Ende nehmen wollte. Szluka antwortete ab und zu einsilbig. Nach einer Weile schaute er auf die Uhr, explodierte in einer schnellen und gereizten Erwiderung und legte auf.
    »Meine Frau«, erklärte er.
    Er trat an den Stadtplan, studierte die nördlichen Stadtteile und wandte seinem Besucher den Rücken zu.
    »Polizist sein«, sagte Szluka, »ist kein Beruf. Und ganz sicher auch keine Berufung. Es ist ein Fluch.«
    Nach etwa einer Minute drehte er sich um und sagte:
    »Ich meine das natürlich nicht so. Denke es mir nur manchmal.
    Sind Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    »Dann kennen Sie das.«
    Ein Polizist in Uniform kam herein und stellte ein Tablett mit zwei Tassen Kaffee ab. Sie tranken. Szluka schaute auf die Uhr.
    »Wir machen dort zurzeit eine Hausdurchsuchung. Der Bericht müsste bald vorliegen.«
    »Wie kam es, dass Sie rechtzeitig zur Stelle waren?«, fragte Martin Beck.
    Szluka antwortete mit exakt derselben Formulierung wie im Auto:
    »Wir sind immer zur Stelle.« Dann lächelte er und

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