Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
Vom Netzwerk:
Schritt. Ein perfekter Lungenschuss, das taumelnde Bleistück durch Venen und Arterien. Sie wäre noch ein paar Meter gesprungen, er hätte den Lärm gehört, wenn sie ins Moos fiel und in den Tod zappelte. Das Messer, das durch das Fell und die helle, geäderte Bauchhaut bis zum pulsierenden, warmen Darmpaket schnitt. Aber genau im Moment des Schusses erzitterte das Gewehr, und er ließ den Schuss zwischen die Beine gehen.
    Plötzlich war es ihm klar: Er musste nach Stockholm.
     

26
     
    Jan Evert Herdepalm hatte einen Container von der Gemeinde bestellt, ein großes, blaues Metallmonstrum, das jetzt in Martin Uddes Einfahrt stand. Der Container war bereits halbvoll mit altem Hausrat, muffligen Matten aus der Garage, dem größten Teil der Kleidung und Schuhen des Alten, Kartons mit Weihnachtsschmuck, alte, eingetrocknete Malerdosen, alle Lebensmittel aus der Speisekammer bis auf die Konserven, abgenutzte Töpfe und Pfannen, einige Regalmeter Das Beste von Readers Digest, Ordner mit alten Versicherungspapieren und Garantiescheinen, die Jan Evert pflichtschuldig durchgeblättert hatte, verwaschenes Bettzeug, Gardinen im Muster der 70er Jahre und Tischdecken aus Synthetik, Keksdosen voll mit Schrauben, Scharnieren und alten Beschlägen, ein abgegriffener Klapptisch und Stühle, die er erst kleinschlagen musste, damit sie nicht so viel Platz einnahmen. Im Vorratskeller blieb er zögernd vor den Gläsern stehen. Preiselbeeren und Blaubeeren landeten schließlich auch auf dem Müll, aber die Moltebeeren bewahrte er sich aus nostalgischen Gründen auf. Moltebeermarmelade aus Pajala, Mama war immer hier hochgefahren und hatte die Früchte gesammelt, als sie noch gesund genug war.
    Seine Mutter Alice war Martins einzige noch lebende Schwester und würde deshalb alles erben. Aber sie selbst war nicht in der Lage gewesen, herzukommen. Jan Evert war eingesprungen und bummelte Überstunden ab, die er beim Bund für Naturschutz noch stehen hatte. Der Sommer war hektisch gewesen, nach der Afrikareise hatte er die Hauptverantwortung für die Inventur des wachsenden Kormoranbestandes gehabt und war reichlich von Küstenfischern und Anwohnern beschimpft worden. Einmal war der Reifen seines Dienstfahrzeugs zerstochen worden, ein anderes Mal ein Eimer Sprotten durch die zerschlagene Seitenscheibe hineingekippt worden. Er hatte alle Polsterbezüge austauschen müssen. Dass ein Vogel so viel Hass wecken konnte.
    Martins Haus hatte deshalb bis jetzt verschlossen und leer dagestanden. Immer noch waren Spuren von der technischen Spurensicherung zu erkennen. Reste vom Fingerabdruckpulver lagen noch auf Anrichten und Türleisten, und es war zu sehen, dass Teile aus Regalen und Schreibtischschubladen in nicht besonders sorgfältiger Art und Weise herausgeholt und wieder hineingestopft worden waren. Aber das Blut war weggewischt, wofür er dankbar war. Es fehlten auch alle Textilien im Schlafzimmer, auch die schmutzige Sprungfedermatratze, nur der Bettrahmen stand nackt da.
    Jan Evert machte eine wohlverdiente Pause vom Schleppen, sein Rücken fühlte sich steif an und schmerzte. Er kochte sich Kaffee und suchte im Schrank nach Zucker. Vergebens, er musste ihn schon fortgeworfen haben. Also trank er die Flüssigkeit schwarz und stark, während er Alice anrief. Sie antwortete erst nach mehreren Klingeltönen und klang etwas verschlafen, wahrscheinlich hatte sie einen Mittagsschlaf gemacht.
    »Hallo, Mama, es gibt eine schöne Kommode … ja, eine braun gebeizte mit geschnitzten Füßen, die werde ich mitnehmen. Aber den Bettrahmen schmeiße ich weg, er ist zwar gut in Schuss, aber da haben sie ihn ja … und die Kleider schmeiße ich auch alle weg, bis auf einen guten Anzug, den ich … ja, einen dunkelgrauen … und dann haben wir noch das Fahrrad, das sieht ziemlich neu aus … die Skier behalte ich auch. … und dann ist da das Auto … mhm, das steht in der Garage, ein alter Opel … nein, ich schaffe es nicht, eine Anzeige aufzugeben, Mama … nein, ich werde einfach einen Autohändler anrufen … ja, und dann ist hier ein Elefant, ich glaube, der ist asiatisch, fast einen Meter hoch und hohl, aus dunklem Holz … ja, ich denke, dass der einiges wert ist, ein handgeschnitzter Elefant mit einem nackten kleinen Jungen als Reiter … ja, ich weiß nicht, Martin hat ihn sicher auf einer seiner Reisen gekauft … okay, Mama, dann weiß ich Bescheid … pass auf dich auf …«
    Jan Evert schenkte sich noch einmal ein und schaute sich in der

Weitere Kostenlose Bücher