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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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da? Diebesgut?«, wollte Therese wissen.
    »Du würdest es mir doch nicht glauben.«
    »Drogenversteck?«
    Christof lächelte, drehte den Alligator um und zog vorsichtig am Hinterbein. Ein gummiartiges Klicken war zu hören. Aus dem Krokodilbauch war eine Stimme zu hören, die Arabisch sprach.
    »Wir haben es einem Dolmetscher vorgespielt. Rate mal!«
    »El-Qaida«, platzte sie heraus.
    »Falsch. Anweisungen für weibliche Beschneidung. Schnipp schnapp, das Fitzelchen ist ab!«
    Therese verzog das Gesicht, als Christof mit federnden Schritten um die Ecke bog. Sie versuchte den Ekel abzuschütteln, während sie sich ins Mausoleum begab. Erst den Fahrstuhl hinunter zur Garage der Dienstwagen. Anschließend eine klappernde schwere Pforte und dann eine lange Wendeltreppe aus Metall, die immer tiefer in den Berg hineinführte. Es war, als kletterte sie in einen Brunnen, die Wände waren nur grob behauen und feucht. Unten angekommen befand sie sich vor einem Gittertor, das mit einem altmodischen Blechbecher aufgehalten wurde. Dahinter öffnete sich der Saal des Bergkönigs. Eine ungewöhnlich weite Lagergrotte, ein herausgesprengter Hangar mit Regalen, die sich bis ins Unendliche zu erstrecken schienen. Zur Zeit des Kalten Krieges hatte sich hier ein ganzer Sicherheitskomplex befunden mit allem, von atombombensicheren Schutzräumen bis zu Feldlazaretten, doch inzwischen war es zu einer düsteren Katakombe umgebaut worden für misslungene und havarierte Ermittlungen.
    Sie fand Ånderman an einer herausgezogenen Schiebebox. Er stand vorgebeugt da, mit Mundschutz und Einweghandschuhen, und war dabei, eine Flüssigkeit mit dem Löffel in eine Glasflasche zu füllen. Er musste sie kommen gehört haben, nahm aber keine Notiz von ihr. Die Flüssigkeit lag in einem rostigen Metallgefäß, geduldig löffelte er eine braune, schmutzige Brühe mit Klümpchen auf.
    »Vielleicht störe ich ja beim Lunch«, sagte sie.
    Ånderman verabscheute diese Form von Humor, aber sie wollte sich von der Sache mit dem Fitzelchen ablenken. Sich stark machen.
    »Es ist das dritte Mal, dass ich es versuche«, sagte er.
    Der Geruch hier unten war fad und chemisch zugleich. Endlich wurde er fertig, legte den Löffel auf ein Brett und drückte sorgfältig den Korken auf die Glasflasche. Mit einem Filzstift notierte er das Datum und seine Initialen.
    »Eigentlich dürftest du gar nicht hier sein«, sagte er.
    »Ich weiß.«
    Ånderman blinzelte etwas besorgt. Er versiegelte das Metallgefäß und notierte etwas in einem Journal. Dann stieß er kleine Luftstöße durch den Mundschutz aus, als sänge er eine innere, unhörbare Melodie.
    »Was meinst du, was das ist?«, fragte er und schüttelte die Flasche mit dem Schlamm.
    »Scheiße«, sagte sie.
    »Dieses Mal nicht, lieber Watson. Ganz im Gegenteil …«
    »Geld? Scheine? Alte, vergrabene Tausender?«
    Er hielt die Flasche gegen die Neonröhre. Die Flüssigkeit fing das Licht ein und wurde schön terrakottafarben.
    »Ich glaube, das ist ein Mensch«, sagte er schließlich. »Bis jetzt habe ich noch keine DNA gefunden, aber wenn ich Recht habe, ist das eine über alles geliebte Frau.«
    »Ist sie in Säure aufgelöst, oder was?«
    »Es ist die Hölle«, erklärte Ånderman. »Die allerfinsterste Hölle. Jemanden so sehr zu vermissen und nie zu erfahren, ob sie nun tot ist oder nicht.«
    »Ein Mensch?«
    Sie nahm das Wort in neuer Form in den Mund. Mensch. Es hatte einen Geschmack. Wie Zwiebelringe, in Öl gebraten.
    »Es hätte meine eigene Mutter sein können. Das denke ich immer.«
    Irgendwo tropfte ein Wasserhahn. Es klang wie das Ticken einer Uhr.
    »Hatte die Frau Angehörige?«, fragte Therese steif.
    Im Vorbeigehen ergriff Ånderman eine Kristallkaraffe und goss eine fast meterhohe High Chaparall unter einer stets brennenden Pflanzenlampe.
    »Liebe«, sagte er langsam.
    »Liebe?«
    »Ein schöneres Wort als  ›vermisst gemeldet‹.«
    »Mhm …«
    »Jemand, der wegen Mordes ermittelt, muss eine Beziehung zum Göttlichen haben«, erklärte er zögernd. »Man muss nicht fanatisch sein, aber man muss zumindest Fragen stellen können.«
    »Ich habe gehört, dass deine Mutter aus dem Norden stammte?«, fragte sie.
    Er musterte sie kritisch.
    »Wer hat das behauptet?«
    »Nederhed.«
    Ånderman drehte sich zur Seite und räusperte sich. Räusperte sich noch einmal.
    »Wie geht es der Großmutter?«, wechselte er das Thema.
    »Ich besuche sie.«
    »Aber spricht sie? Lernst du sie kennen?«
    »Ich versuche

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