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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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ungehemmt betriebenen Ausbreitung der finnischen Sprache auch in der Provinz von Norrbotten entgegenzuwirken.
     
    Ein langer Satz. Wie es das Thema erforderte. Lange Sätze haben größeres Gewicht als kurze, sie zeugen davon, dass man lange Gedanken gedacht hat.
    Finnland war ja seit dem mehr als verfluchten Jahr 1809 russisches Territorium. Russland hatte folglich eine Landesgrenze zu Schweden in dem entlegenen Tornedal. Würden sie sich damit zufriedengeben? Saß nicht der Zar bereits da und schielte mit lüsternem Blick gen Westen, auf die eisfreien Häfen an der nordnorwegischen Küste? Genau wie Preußen Kiel erobert hatte, um einen Kriegshafen an der Ostsee zu besitzen, worauf Kommandeur Axel Adlersparre bereits 1873 in der Zweiten Kammer hingewiesen hatte: »Es gibt eine andere Macht, die einen Hafen in der Nordsee haben will, und der Weg dorthin führt über das finnische Lappland.«
    Folglich hatte Adlersparre sich der Einführung finnischsprachigen Unterrichts in den Lehrbüchern von Haparanda widersetzt. Das finnischsprachige Tornedal zu annektieren, würde logischerweise der erste Schritt in dem unerbittlichen Plan der Russen sein. Während die schwedische Regierung nur mit unwichtigen Dingen beschäftigt war.
    Doch innerhalb des Militärs besaß man deutlich mehr Durchblick. Major Gustav Björlin hatte 1886 geschrieben, dass unsere nördliche Grenze der schwächste Punkt des Reiches sei:
     
    Der Plan der Russen scheint zu sein, die finnische Sprache sich mit der Zeit nach Westen und Süden hin ausbreiten zu lassen, so dass die Anhänger der Verbreitung der finnischen Sprache dann mit ihren Agitatoren folgen, um zu gegebenem Zeitpunkt das Feuer in dem gesammelten Brennstoff zu entfachen.
     
    Sprache steckte an. Das war ja wissenschaftliche Tatsache. Dort, wo sich Volksstämme trafen, tat das auch die Sprache. Und die Größe der Sprache entschied in keiner Weise über den Sieg, siehe nur das Dahinwelken der lateinischen Sprache. Der frischeste Eichenhain konnte von Krankheit befallen und geschwächt werden, während der Nadelwald hereinbrach und ihn schluckte. Es gab Berichte dahingehend, dass schon bereits bis hinunter nach Jokkmokk Finnisch zu hören war. Die Verfechter des Finnischen agierten heimlich mit dem Segen des Zaren, und wenn die Zeit reif war, würde das Beil fallen. Ein weiteres Pfund würde Mutter Svea von wilden Wolfszähnen aus ihrem Fleisch gerissen werden.
     
    Weine, Schweden, über deine Verluste, aber schütze das, was du besitzt.
    Vom reichen Strand des Sunds bis hoch hinauf zum gebirgshohen Norden.
     
    König Oscar II. nahm einen Schluck von dem französischen Kaffee mit seinem deutlichen Hauch von bitterem Kakao. Der Duft erinnerte ihn an seinen Großvater Karl XIV. Johan. Dessen berühmte Launen hatten sich im Herbst des Lebens abgemildert, während eine neue, unerwartete Sentimentalität entstanden war. Oscar erinnerte sich, wie sie einmal, als er erst zehn Jahre alt gewesen war, in der Bibliothek gesessen und sich unterhalten hatten. Es war in erster Linie der Großvater, der unermüdlich in seiner französischen Muttersprache gesprochen hatte, ab und zu unterbrochen von seinem beschwerlichen Husten, es war ihm nie gelungen, wirklich erfolgreich das Schwedische zu erlernen. Das Gespräch hatte sich um Pferde gedreht. Das Temperament der Pferde. Und zum Teil auch um die Schlacht bei Austerlitz. Genau in dem Augenblick war ein Adjutant mit Kaffee hereingekommen. Der Großvater hatte sich unterbrochen, war aus seinen Erinnerungen gerissen worden und hatte das Getränk an seine trockenen Lippen geführt. Er war umgeworfen worden von dem Kaffeeduft. Überwältigt. Mit größter Verwunderung hatte der junge Oscar mit angesehen, wie die Augen des Alten feucht wurden. Dieses Kriegers, der einst die Hand von Napoleon Bonaparte geschüttelt hatte.
    König Oscar ergriff die Feder ein zweites Mal. Es war heute schwer zu schreiben. Es ist immer schwer, wenn etwas wichtig ist.
    Der Einfluss der Anhänger der finnischen Sprache musste bekämpft werden, beschloss er.
    Die Kinder. Wir müssen mit den Kindern anfangen.
    Wir werden den finnischen Dörfern staatlich bezahlte Schulen geben. Dafür müssen sie Schwedisch als Unterrichtssprache benutzen. Verordnung der Königl. Majestät vom 2. November 1888.
    Ein Bollwerk, dachte er. Gegen das Finnische. Gegen den sich einschleichenden, ungezügelten Finnomanismus.
    Als er fertig war, klingelte er. Die Kammerjungfer erschien in der Tür, sah

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