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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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oder?« Röhrdanz pustete auf den dritten Löffel. »’tschuldigung. Die Pflegerin hat noch gesagt, eile mit Weile.« Er führte den Eierlöffel behutsam ein drittes Mal an ihre Lippen und steckte ihn ihr in den Mund. »Sag jetzt nicht, da muss noch Maggi dran.«
    »Ah!«
    »Ja? Gut? Mehr?«
    Röhrdanz blickte schelmisch, auch eine Spur stolz. »Ich habe es genau nach deinem Rezept gekocht. Na?«
    Angela gab ein Gurgeln von sich. Ob es ein Laut der Freude, des Lobes, der Anerkennung war oder ob es bedeutete, dass sie noch mehr wollte, konnte Röhrdanz nicht erkennen.
    »Und jetzt noch ein Löffelchen für Patrick … und dann noch ein Löffelchen für Philip …«
    Es funktionierte! Angela brauchte zwar eine halbe Minute pro Eierlöffel, aber sie schluckte brav. Ein feines Rinnsal Sauce lief ihr über das Kinn, und Röhrdanz tupfte es mit dem Zipfel seiner Küchenschürze weg. Eine ganz selbstverständliche Geste, die jeder Mutter vertraut ist, die ihr Kind füttert.
    »So, und jetzt noch das allerletzte Häppchen für die liebe Denise …«
    »Papaaaaa!« Das war Olivers Stimme. Panisch, sich überschlagend, aus tiefster Not.
    Die Badezimmertür flog auf, und nun war die Stimme ganz nah. »Papaaaa!«

    Wie ein Messer durchschnitt das schrille Quietschen von Denise die Luft, gefolgt von hysterischem Gebrüll. »Papaaaaa!«
    Innerhalb von Sekundenbruchteilen war Röhrdanz aufgesprungen, der Unterteller zerbrach auf dem Küchenboden, Gulasch und Sauce ergossen sich über seine Hose. Er achtete nicht darauf, sondern stürzte zitternd ins Badezimmer. Dort sah er nur ein Gewirr aus nackten Kinderbeinchen und Ärmchen, die verzweifelt um sich traten. Geistesgegenwärtig riss Röhrdanz Patrick, der Oliver entglitten war, aus dem Wasser.
    »Der Schaum! Es war so glitschig«, schrie Oliver in Panik, und die drei Kinder brüllten sich vor lauter Schreck die Seele aus dem Leib.
    »Ist ja gut, ist ja nix passiert. Ganz ruhig, was sollen denn die Nachbarn denken …« Der Schock war Röhrdanz so in die Glieder gefahren, dass er zitterte wie Espenlaub. Er hüllte Patrick, aus dessen Mund Seifenblasen quollen, in ein Handtuch. Er hatte wohl Schaum in Augen und Nase bekommen. Ja, der arme Kleine hatte richtig Wasser geschluckt. Philip klammerte sich hysterisch heulend an Oliver, und Denise saß leichenblass auf dem Badewannenrand.
    »He, ihr drei!«, versuchte Röhrdanz beruhigend auf sie einzuwirken. »Die Mama denkt ja sonst was, wenn ihr so brüllt! Ist doch nix passiert.«
    Er wandte den Kopf nach hinten: »Ist nix passiert!«, schrie er in Richtung Küche.
    »Die Mama isst Gulasch«, versuchte er seine heulende Meute abzulenken.

    »Drei Winzlinge in so einer Wanne - das kannst du mir echt nicht zumuten«, schrie jetzt auch Oliver. »Die wären mir fast ersoffen!«
    »Ist ja gut, ist ja gut.« Röhrdanz wischte sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn. »Tut mir leid, Kinder, tut mir leid.« Er seufzte laut. »Bitte hört auf zu schreien, ich werde sonst wahnsinnig.«
    Seine Brille war so beschlagen, dass er gar nichts mehr sehen konnte. Er hatte sich mit dem Handrücken eine Spur Gulaschsauce ins Gesicht gewischt und sah nun aus wie ein Pirat.
    »Ich kümmere mich ja schon um euch …« Seine Bandscheibe stach, sein Trommelfell flatterte. Er war nun fast fünfzig, und seine Nerven lagen blank.
    »Oli, bitte geh in die Küche und schau nach Angela …«
    »Ich geh jetzt in mein Zimmer«, schnaubte Oliver, der von oben bis unten nassgespritzt war. »Lass mich wenigstens ein trockenes Hemd anziehen!«
    Denise saß immer noch zitternd auf dem Wannenrand. Sie streckte die Arme nach ihrem Vater aus und begehrte trotzig, endlich auch einmal beachtet zu werden.
    »Ich komme sofort«, schrie Röhrdanz in Richtung Küche. »Angela! Lass mir auch noch was übrig!«
    Das sollte natürlich ein Scherz sein, denn Angela konnte noch lange nicht den Löffel allein zum Mund führen.
    »Alles im grünen Bereich!« Nun wurde auch Denise von Schluchzern geschüttelt. Das Kind braucht viel mehr Beachtung, ging es ihm durch den Kopf. Als er versuchte,
der weinenden Siebenjährigen in den Bademantel zu helfen, schlug sie nach ihm. »Der ist auf links! Ich will den richtig herum anziehen! Der ist auf links, und der kratzt!« Röhrdanz bemühte sich, nicht die Nerven zu verlieren. Ich darf diesem Kind keine Ohrfeige geben, befahl er sich mit zusammengekniffenen Lippen. Das hat es nicht verdient. Denise kann am allerwenigsten dafür, und sie

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