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Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry

Titel: Der Mann, der zweimal starb Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Morry in unerschütterlicher Ruhe. „Er wurde am 1.3. September morgens um sechs Uhr in Pentonville gehenkt.“
    „Das weiß ich selbst“, schrie der alte Herr aufgebracht. „Diese Leier kenne ich seit langem. Ich will von Ihnen wissen, ob Joseph Hattan tot ist oder ob er noch lebt. Reden Sie!“
    „Er ist tot, Sir.“
    „Hm. Und seine Fingerabdrücke, die man jeweils am Tatort findet. Von wem rühren diese Spuren her?“
    „Von Joseph Hattan, Sir.“
    „Mann, Sie machen mich verrückt“, tobte der alte Herr los. „Ich hätte gute Lust, Sie hinauszuwerfen. Anscheinend ist Ihnen Ihr Ruhm zu Kopf gestiegen. Zu Unrecht, fürchte ich. Denn in diesem letzten Fall versagen Sie auf der ganzen Linie.“
    „Ich habe seinerzeit Jagd auf Joseph Hattan gemacht“, sagte Kommissar Morry kühl. „Ich konnte diese Jagd mit Erfolg abschließen. Joseph Hattan wurde ins Pentonville Gefängnis eingeliefert und von einem Gericht zum Tode verurteilt. Wenn man ihn nachher wieder laufen ließ, so ist das nicht meine Schuld, Sir.“
    „Laufen ließ?“ wiederholte der Sektionspräsident fragend. „Ist das Ihr Ernst, Morry? Glauben Sie wirklich, daß Joseph Hattan sich aus der Todeszelle befreien konnte?“
    „Es gibt kaum eine andere Möglichkeit, Sir.“ „Wer war denn der andere, der zum Galgen ging?“ wollte der alte Herr wissen.
    „Keine Ahnung, Sir.“
    „Dieser Fall bringt mich noch zum Irrsinn. Sechs Zeugen sahen Joseph Hattan zum Schafott gehen. Zweimal bestätigte ein Arzt seinen Tod. Ein Aufseher war sogar bei der Verbrennung zugegen. Und nun soll dieser Mann plötzlich noch am Leben sein? Können Sie sich darauf einen Reim machen, Morry?“
    „Nein, Sir! Ich gebe offen zu, daß ich dieses Rätsel diesmal nicht lösen kann“, gestand Morry freimütig.
    „Aber irgend etwas muß doch geschehen“, lamentierte der alte Herr. „Wie wollen Sie denn diesen trostlosen Fall jemals zu einem guten Ende bringen?“
    „Es gibt nur die eine Möglichkeit, Sir, daß man dieses Ungeheuer auf frischer Tat ertappt. Es sind Tag und Nacht Streifen unterwegs, die hinter ihm her hetzen. Ich selbst kann leider nicht überall sein. Ich muß mich auf meine Leute verlassen.“
    Das unerfreuliche Gespräch ging noch eine Weile hin und her. Es erbrachte nichts Neues. Man war dem Mörder noch um keinen Schritt nähergekommen.
    „Ich werde“, sagte Morry zum Abschluß, „noch einmal ins Pentonville Gefängnis fahren. Dort muß der Schlüssel zu dem großen Rätsel liegen. Sollte ich etwas in Erfahrung bringen, so erstatte ich Ihnen noch heute Bericht, Sir.“
    Schon zwanzig Minuten später traf Kommissar Morry mit seinem Dienstwagen vor dem Pentonville Prison ein. Er wies der Torwache seinen roten Sonderausweis vor und durfte passieren. Schnurstracks ging er in den Verwaltungsbau hinüber.
    „Sie, Morry?“ fragte der Gefängnisdirektor erstaunt. „Was verschafft uns die Ehre? Haben Sie ein paar von Ihren Schäflein eingeliefert?“
    „Ich möchte den Aufseher Spencer Willow sprechen“, sagte Morry kurz angebunden.
    „Spencer Willow? Den hatten Sie doch schon einmal in der Zange. Wenn ich nicht irre, haben Sie ihn erst vor kurzem eingehend verhört?“
    „Stimmt. Aber ich muß noch einmal mit ihm reden.“
    „Na schön, Morry. Gehen Sie hinüber zu ihm. Er hat noch immer die Todeszellen unter sich. Moment mal! Ich werde Ihnen eine Ordonnanz mitschicken.“
    Ein bulliger Wachtmeister geleitete den Kommissar in den flachen Bau, der die wenigen Todeskandidaten beherbergte. Es war still hinter den Gitterkäfigen. Beklemmend still. Der Aufseher Spencer Willow war im Bereitschaftsraum zu finden. Er sortierte gerade die eingelaufene Post. Als er den Kommissar bemerkte, erhob er sich höflich und dienstbeflissen von seinem Stuhl. „Was kann ich für Sie tun, Sir?“ fragte er eifrig.
    Kommissar Morry faßte den biederen Mann scharf ins Auge. Unmöglich, daß ein solcher Mensch log. Er war im Gefängnisdienst ergraut. Er hatte sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Seine Augen blickten offen und ehrlich.
    „Nehmen Sie wieder Platz, Mr. Willow“, sagte Morry und ließ sich ihm gegenüber nieder. „Ich habe noch ein paar Fragen an Sie, die Joseph Hattan betreffen. Sie wissen sicher, was man in den Zeitungen über ihn schreibt.“
    Spencer Willow lachte behäbig. „Das weiß ich, Sir. Aber es ist natürlich alles Unsinn, was sich diese Reporter zusammen dichten. Joseph Hattan ist tot. Ich sagte Ihnen das schon einmal.“
    Morry

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