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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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verlieren.«
    »Klar.«
    Er zog einen Zettel aus seiner
bräunlichen Jeans. »Die 19 im dritten wird nachher belegt. Kontrollieren wir
mal, ob alles okay ist.«
    Wir gingen die Treppe hinauf.
»Bei uns sind die Zimmer durchgehend numeriert. Merk dir Nr. 1, Nr. 9, Nr. 18
als jeweils erste Zimmernummer der ersten, zweiten, dritten Etage.«
    Die 19 war das mittlere Zimmer
zur Straßenfront. Es war recht groß, an der linken Wand ein Bett, an der
rechten Wand ein Bett. Ich wollte Rufus nicht fragen, warum hier alle Betten so
weit wie möglich auseinanderstehen, jedenfalls ist dieses Hotel kein Puff. »Wie
gefällt dir das Zimmer?« fragte er lauernd.
    »Nett«, sagte ich, vermied
aber, dabei die zahm gemusterten Tapete anzusehen und den dreckgrün gemusterten
Teppich auf dem Linoleum, ich konzentrierte meinen Blick auf das frischbezogene
Bett und wiederholte: »Nett. Aber die Fenster könnten geputzt werden, und die
Tischdecke gewaschen und...«, es gelang mir, mich zu bremsen.
    Verblüfft betrachtete er die
verstaubten Fenster. »Ja, das wäre wichtig. Ich bin froh, daß du das merkst.«
Dann knipste er ein Nachttischlämpchen an.
    Was tut er jetzt? dachte ich
erschrocken.
    Aber er knipste das Lämpchen
wieder aus, knipste das auf dem andern Nachttisch an. Es ging nicht. »Es ist
furchtbar«, er schraubte die Birne raus, »diese Frau Schenk, die die Chefin
angestellt hat, ist entweder krank, oder sie tut nichts. Und Frau Hedderich
kann nicht alles machen, sie ist eigentlich fürs Frühstück zuständig und fürs
Erdgeschoß.« Rufus ging hinaus, kam mit einer neuen Birne zurück. Als er sie
eingeschraubt hatte, machte er die Nachttischschublade auf. »Wo ist die Bibel?«
fragte er in die Schublade hinein. »Vermutlich geklaut.«
    »Ist das ein christliches
Hotel?«
    »Nein, aber in jedem
Hotelzimmer ist traditionellerweise eine Bibel. Ich bin nicht christlich, aber
ich finde das in Ordnung. Es gibt Situationen im Leben, da hilft eine Bibel
mehr als eine Illustrierte.«
    »Ja«, sagte ich. »Ich werde
überall nachsehen und in die Liste schreiben, was fehlt. Ich werde alle Lampen
kontrollieren.«
    »Großartig, wir sind für jede
Stunde dankbar, die du hier arbeitest.« Dankbar betrachtete Rufus mein
schneeweißes Sweatshirt.
    Großartig, dachte ich, wenn
einem jemand dankbar ist fürs Putzen und noch dafür bezahlt. »Ich kann jeden
Tag acht Stunden kommen« sagte ich. »Aber du weißt ja — nur für einige Wochen.
Vielleicht kann ich schon am 1. März bei meinem Onkel anfangen oder am 1.
April. Damit ist euer Putzfrauenproblem nur aufgeschoben.«
    Er strahlte mich an, das heißt,
sein depressiver Flusenbart bog sich nach oben: »Ich bin ein Meister im
Aufschieben von Problemen.«
    »Und was sagt deine Chefin
dazu?«
    »Die hält sich alle Probleme
vom Hals, indem sie sie mir zuschiebt. So einfach machen wir das.«
    Ich mußte lachen. Ein tolles
Team, bei dem ich gelandet war. »Ich werde jeden Tag bis fünf arbeiten«, sagte
ich. — Danach konnte ich fürs Abendessen einkaufen und wäre dann zur gleichen
Zeit wie Benedikt zu Hause. Nora sollte ruhig denken, ich würde den ganzen Tag
mit Einkaufen vertrödeln.
    »Großartig«, sagte Rufus, »wenn
du Fragen hast, kannst du mich jederzeit unten erreichen, wähl am Zimmertelefon
die 91. Wenn ich da nicht bin, wähl die 92, ich wohne oben in der
Mansardenwohnung im vierten Stock.«
    »Du wohnst auch hier?«
    »Erstens ist das praktisch, zweitens
würde ich sonst zu wenig verdienen. So wohn ich mietfrei, dafür bin ich aber
ständig für das Hotel eingespannt.«
    »Das hat Frau Hedderich auch
gesagt.«
    »Stimmt auch. Kommst du um halb
eins zum Essen runter?«
    »Essen gibt’s hier auch?«
    »Natürlich. Keine Angst, ich
koche nicht selbst. Entweder kocht Frau Hedderich für uns mit, oder ich hol was
von gegenüber aus der Pizzeria.«
    »Warum machst du dann überhaupt
einen Kochkurs?«
    »Um von Frau Hedderich und der
Pizzeria unabhängig zu werden. Außerdem dachte ich, wenn man in einem Hotel
arbeitet, sollte man notfalls kochen können. Und außerdem wollte mein Freund
Michael, daß ich mitkomme, damit er sich nicht langweilt am Herd.«
    Aha, waren die beiden auch
schwul? »Will Michael überhaupt kochen lernen? Der war doch fast die ganze Zeit
oben auf dem Schulhof.«
    Rufus’ Schnurrbart machte
wieder eine Bewegung nach oben: »Michael geht in den Kochkurs aus Gründen, die
ich nicht verraten darf. Also, bis halb eins.«
    Aha, noch ein schwules Paar.
Das würde

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