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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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erste Frau starb an
Krebs. Furchtbar.«
    »Ach«, sagte ich, sagte Nora,
sagte Benedikt.
    »Aber das ist Vergangenheit«,
sagte Thomas, »das einzige, was heute unserem Glück im Wege steht, ist unsere
Firmenphilosophie. Ich muß einen anderen Job finden — leider nicht einfach, weil
ich so hochspezialisiert bin. Aber ich kann auch meine Medi nicht ewig warten
lassen. Sonst nimmt sie mir ein anderer weg. Was soll ich tun?«
    Ausgerechnet mir stellte er
diese Frage! »Man kann ja auch glücklich sein, ohne zu heiraten«, sagte ich
total verlegen.
    »Sicher, trotzdem habe ich das
Bedürfnis, mich in aller Öffentlichkeit zu Mercedes zu bekennen.«
    »Das wird sich schon noch
lösen«, sagte Benedikt.
    »Jetzt genießen wir unser Glück
in aller Heimlichkeit auf Reisen«, strahlte Mercedes, »Ostern fahren wir wieder
weg. Wohin, ist geheim.«
    »Wie wunderschön, Kind!«
jubilierte Nora.
    Dieser Mann war viel zu gut für
Mercedes. Er sah auch viel zu gut aus für Mercedes. Was fand er nur an ihr? Es
gab nur eine Erklärung: Gegensätze ziehen sich an. Aber mußte man so blöd
werden wie Mercedes, um einen so tollen Mann zu bekommen, der sogar bereit war,
sie zu heiraten?
    »Ich zeig euch das Kleid, das
Thomas mir in Frankreich gekauft hat«, rief Mercedes und kam in einem hautengen
Stretchkleid wieder, auch dieses rot. Neuerdings schien sie nur noch Rot zu
tragen. In dem Stretchschlauch sah man überdeutlich, daß sie keinen Busen hat
und ihr Hintern runterhängt.
    »Du bist so sexy, wenn ich das
in Anwesenheit deiner Mutter sagen darf«, rief Thomas.
    War dieser Mann blind?
    »Ich weiß selbst sehr genau,
wie sexy meine Tochter ist! Und das darfst du gerne in meiner Anwesenheit
sagen, weißt du, ich verstehe mich viel weniger als Mutter, ich bin eher die
beste Freundin meiner Kinder!« Nora kicherte fast so albern wie Mercedes.
    Es war nicht zum Aushalten.
    »Du bist nicht nur eine
Traummutter, du bist auch eine Traumschwiegermutter«, sagte Thomas bewundernd.
    Mercedes setzte sich neben
Thomas. Ihr Stretchschlauch rutschte so hoch, daß ich die Nähte ihrer
Strumpfhose zwischen ihren Beinen sah. Thomas ergriff ihre Hand und sagte: »Es
kam alles ganz plötzlich. Aber so muß es sein. In unserem Alter weiß man
sofort, wenn man zusammengehört. Wir kennen uns immerhin schon zehn Wochen, das
ist lange genug, um die wahre Liebe zu erkennen. Und das ist ja das
Faszinierende an Mercedes, diese innere Reife, die man nur in ihren Augen
sieht. Vom Körperlichen her ist sie ein junges Mädchen.«
    Mercedes kicherte wie blöd.
    Als ich heimlich auf die Uhr
sah, nickte mir Benedikt zu. Er hatte auch genug.
    Nora wollte nicht gehen,
sondern noch ein Gläschen trinken: »Benedikt, du gehst sonst freitags nicht so
früh zu Bett!«
    »Mutter, wir wollen das junge
Glück nicht länger stören.«
    »Aber dann muß Medi demnächst
ihren Thomas zu uns mitbringen, zum Mittagessen.«
    »Herzlich gerne«, sagte Thomas,
»sobald es sich machen läßt.« Trotzdem trank Nora noch ein Gläschen.
    Als wir endlich gehen konnten,
begann Nora im Flur ein intensives Gespräch mit Mercedes über die
Ansichtskarten, die rings um die Rattanflurgarderobe gepinnt waren.
Unglaublich, wo Medi schon überall gewesen war. Mercedes kicherte bei ihren
Urlaubs-Angebereien unablässig und zupfte außerdem ständig ihren Rock nach
unten, als sei ernsthaft zu befürchten, daß ihr Thomas, würde er ihren flachen
Hintern ohne die Stretchhülle sehen, sie noch im Flur, in Anwesenheit ihrer
Mutter bumsen würde.
    »Wo ist die Toilette?« fragte
ich Thomas, der neben mir stand und ebenfalls angestrengt auf das Ende der
Mutter-Tochter-Konversation wartete.
    »Geradeaus.«
    Ich öffnete die Tür geradeaus,
mir fiel ein Bügelbrett entgegen. »Ach«, rief Thomas, »das war die falsche Tür,
hoffentlich hast du dir nicht wehgetan.« Er öffnete die Tür neben der
Rumpelkammer, es war das Schlafzimmer. Thomas lachte: »Wo bin ich nur mit
meinen Gedanken?« Er ging zur Tür am andern Ende des Flurs, sah hinein: »Bitte,
hier.«
    Irgendwie beschlich mich der
Gedanke, daß Thomas nicht gewußt hatte, wo das Klo ist. So betrunken war er
nicht, daß er es vergessen haben konnte. Oder konnte ein Mann so abwesend sein
in seinen Gedanken? Oder konnte es sein, daß er schon mehrmals in dieser
Wohnung war, aber noch nie auf dem Klo? Nein.
    »Es war ein reizender Abend«, sagte
jeder mindestens zweimal. Thomas und Mercedes winkten uns hinterher. Thomas
hatte den Arm um sie gelegt

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