Der Mann, der's wert ist
Fett absetzen? Soll das ein Kunstwerk wie von Beuys werden?«
Benedikt sagte nichts.
Rufus betrachtete mit düsterer
Augenbraue den Plan, wahrscheinlich suchte er Herrn Hedderichs Verschlag. Aber
er fragte: »Wo sind die Toiletten geblieben?«
»Im Keller.«
»Alles Wichtige ist im Keller!«
rief Frau Schnappensiep mit fast hysterischem Lachen.
»In allen modernen
Veranstaltungsgebäuden sind die Hygieneanlagen im Keller. Der Platz im Erdgeschoß
ist zu wertvoll. Da brauchen wir den Platz für den Ballsaal.«
»Wofür brauchen wir einen
Ballsaal?«
»Wir wollen ein elegantes
Ambiente«, lächelte Benedikt. »Aber natürlich ist der Raum nicht nur Ballsaal,
sondern ein Multifunktionssaal: Konferenzraum, Restaurant, Frühstücksraum und,
und, und.«
»Wir brauchen nur einen
Frühstücksraum«, sagte Rufus. »Vielen lieben Dank für das Stichwort«, sagte
Benedikt strahlend, »jetzt möchte ich Ihnen zeigen, wie Ihr Frühstücksraum im
Sommer aussehen wird.« Er überreichte Frau Schnappensiep wieder ein in
schwarzem Hochglanzkarton gerahmtes Nobel-Architekturzeitschriftenfoto: Eine
Gartenterrasse, mit kunstvollem Pflaster aus grauen und weißen und schwarzen
Kieseln, überdacht von einer verwinkelten Glaskonstruktion, überall Kübel mit
rosa und weißen Buschrosen, überall rosa und weiße Sonnenschirme, und auf den
verschnörkelten weißen Gartentischen hatte der Foto-Stylist Kelche mit rosa
Champagner arrangiert. Es war ein Traum. Endlich war Frau Schnappensiep wieder
beeindruckt. »Das wäre hier möglich?«
»Sicher, gnädige Frau. Das wird
die Terrasse vor dem Frühstücksraum.«
Sie legte das Foto zurück,
betrachtete wieder den Plan vom Foyer. »Aber diese Zacken gefallen mir nicht.
Spätestens in einem halben Jahr liegt da der Staub fingerhoch zwischen den
Ritzen.«
»Schönheit hat ihre Kosten,
gnädige Frau«, lächelte Benedikt. »Wo ist überhaupt der Aufzug auf Ihrer
Zeichnung? Er ist doch hoffentlich noch da?«
»Er ist hinter der Säule. Wenn
ich Sie auf ein weiteres Detail aufmerksam machen darf, wieder ein zentrales
Moment der Gestaltung«, er zeigte auf einen dreieckigen Ausschnitt in der
Säule, der mir bisher auch nicht aufgefallen war.
»Was ist das?«
»Durch dieses Dreieck sieht man
einen Ausschnitt vom Aufzug. Mein Chef persönlich hat dafür plädiert, daß der
Aufzug als zentrales Element erhalten bleibt, also habe ich ihn als dekoratives
Zitat in die moderne Struktur integriert.«
»Ein dreieckiges Loch in einer
Säule«, sagte Frau Schnappensiep ungerührt. »Sie haben es wohl mit den
Dreiecken?« Sie sah Benedikt an. »Also ich persönlich mach mir nichts aus
Dreiecken. Was kostet so ein Dreieck überhaupt?«
»Das werden wir anschließend
ebenfalls diskutieren«, sagte Benedikt ruhig, nahm den Plan weg und legte ihr
einen anderen vor. »Um zunächst Ihre Frage nach den Funktionsräumen zu
beantworten: hier sehen Sie das Kellergeschoß. Hier die großzügigen
Hygieneanlagen.«
»Donnerwetter! Die sind
wirklich großzügig. Zwanzig Toiletten! Da brauchen Sie eine extra
Hygieneanlagen-Pflegerin. Und die müssen sie großzügig bezahlen. Es genügt
nämlich nicht, die Toiletten einmal täglich zu kontrollieren. Wenn nur eine nur
eine Stunde lang verdreckt ist, dann hat — um mal offen zu reden — das Hotel
seinen Ruf Verschissen!«
Benedikt holte das nächste
gerahmte Foto aus dem Koffer. »Und hier habe ich einen weiteren Clou, der Ihnen
gefallen wird: die Kellerbar.«
»Die Kellerbar?«
»Beim Studium Ihrer Pläne fiel
mir auf, daß im Keller ein Gewölbebogen ist, und da kam mir die Idee einer
Kellerbar.«
Frau Schnappensiep reichte mir
das Foto weiter: eine hochelegante Kellerbar mit violetten Ledersofas vor
sandgestrahlten Ziegelmauern und Tischen aus mattschwarzem Stahl. Beleuchtet
von einem Sternenhimmel aus Halogenlämpchen.
»Toll«, rief Frau
Schnappensiep, »und was kostet das alles?«
»Ich möchte Ihnen noch einen
Vorschlag zeigen. Ich bin in Ihrem Interesse davon ausgegangen, daß Sie aus
steuerlichen Erwägungen das Dachgeschoß als Wohnraum für Ihr Personal ausbauen
wollen.« Benedikt lächelte Rufus zu.
Rufus lächelte zurück.
Benedikt überreichte Frau
Schnappensiep das Foto einer wunderbaren Dachterrasse, wunderbar bepflanzt.
»Halt«, rief Frau
Schnappensiep, »was kostet das jetzt alles zusammen?«
Benedikt holte aus seinem
Koffer eine Mappe. »Vorab kann ich Ihnen nur eine grobe Kalkulation bieten, Sie
wissen ja, Sie bekommen diese
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