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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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man den Terrazzo poliert, wird das ein schöner Boden.
Nächster Posten: Was kostet es, die Löcher, die Herr Hedderich für den Aufbau
seines Verschlags in den Boden gebohrt hat, zu reparieren? Was kostet es, die
Holzpaneele von den Wänden zu entfernen? Was ist unter dem Linoleum im
Frühstücksraum? Tatsächlich Parkett! Was kostet es, das Parkett abzuschleifen
und zu versiegeln? Wieviel ist Frau Schnappensiep bereit zu zahlen? Rufus weiß
es auch nicht.
     
     
     

80. Kapitel
     
    Mein Geburtstag fiel dieses
Jahr auf Sonntag, was bedeutete, daß ich an diesem Tag als Putzfrau arbeitete.
     
    Von meinem Vater bekam ich
einen Tag vorher eine Geburtstagskarte, darin ein Scheck, ich soll mir was
Fröhliches kaufen. Meine Schwester hatte ein Taschenbuch beigelegt, einen
Frauenroman der anspruchsvollen Sorte: »Eine Frau ging durch die Hölle«. Auf der
Rückseite steht, es sei ein Tatsachenroman von schonungsloser Offenheit, der
Frauen dennoch Mut macht. Ich las den letzten Satz des Romans: »Mit unendlicher
Kraft beugte ich mich hinab zu meiner kleinen Tochter, überschüttete sie mit
zärtlichen Küssen und hauchte in ihr kleines Ohr: Etwas Besseres als einen Mann
finden wir überall.«
    Aha. Vielen Dank.
     
    Und Elisabeth hatte
geschrieben:
    »Liebe Viola,
    alles Gute zum 26. wünschen Dir
Peter und ich!
    Stündlich erwarte ich Deinen
Anruf (Du erreichst mich fast immer in unserem Büro, also bei Peter), ich will
unbedingt mit Dir bei Hagen und von Müller die Show abziehen.
    Endlich bin ich selbständig.
Zwar habe ich außer einem kleinen Vorschußhonorar bislang nichts verdient, aber
es geht uns super. Wir haben den nächsten Auftrag: ein
Abenteuerspielplatz-Modell. Ein 08/15-Abenteuerspielplatz, und es wundert mich,
daß es dafür noch keine standardisierten Plastikbauteile gibt. Wir müssen auch
solche Wipptiere, wie sie überall auf diesen Spielplätzen stehen, maßstabsgetreu
anfertigen. Peter hat bereits einen Wipp-Elefanten aus Pappmaché gemacht und
ich ein Wipp-Huhn. Für die Spirale habe ich die Spirale aus einem Notizblock
rausgeschnitten. Die vom Architekturbüro waren begeistert von unseren
Modellfiguren, weil sie besser aussehen als das richtige Spielgerät. Peter und
ich arbeiten jetzt nach der Devise: Alles, was wir machen, soll besser
aussehen, als es in Realität je aussehen wird, schließlich wollen die Leute mit
unseren Modellen Wettbewerbe gewinnen, und wir wollen die Aufträge für die
Modelle.
    Übrigens gibt es auch Negatives
zu vermelden: Herr von Müller, mein Ex-Chef, der verhinderte Zuhälter, hat mir
den Kahnweiler-Tisch nicht verkauft!!! Früher sagte er doch, ich müßte sechs
Monate bei ihm arbeiten, um Möbel billiger zu bekommen. An meinem vorletzten
Arbeitstag sagte er, da mir pro Jahr nur verbilligte Einkäufe in Höhe von drei
Monatsgehältern zustehen, mache das bei meiner sechsmonatigen
Firmenzugehörigkeit nur anderthalb Monatsgehälter, und weil der Kahnweiler-Tisch
teurer ist als anderthalb Monatsgehälter, sei er nicht verpflichtet, mir darauf
25 Prozent Rabatt zu geben. Lumpige 10 Prozent bot er mir an! Ich habe Müller
gesagt, daß ich auf seine Prozente verzichte. Er wurde noch frech, ich würde
bald sehen, wie weit ich ohne Beziehungen kommen würde. Peter meint, daß wir
den Tisch auch so billiger bekommen, wir sind jetzt schließlich ein
branchenverwandtes Unternehmen. Wir haben an die Firma Kahnweiler geschrieben,
daß unsere aufstrebende Firma für ihre repräsentativen Geschäftsräume einen
großen Kahnweiler-Tisch plus acht Stühle in Erwägung zu ziehen bereit sei, wenn
man uns mit entsprechenden Rabattvorschlägen entgegenkommt. Mal sehn, was die
antworten.
    Also, wann kommst Du zum
Einkaufen?
    Viele Grüße auch an Deinen Benedikt.
    Deine Elisabeth + Peter.«
     
    Elisabeth wußte also nicht, daß
ich noch immer Putzfrau war, mittlerweile sogar alleinstehende Putzfrau. Bisher
war ich allenfalls ehrenamtlich Innenarchitektin — in einem mit Chrysanthemen
tapezierten Büro. Aber auch bei Elisabeth hatte nicht alles nach Wunsch und
Plan geklappt. Merkwürdig, obwohl ich ihr ihren Tisch total gönnte, machte mir
ihr Brief mehr Mut als eine totale Erfolgsmeldung.
    Elisabeths Brief war an die
Münzbergstraße adressiert, aber er war nur zwei Tage unterwegs gewesen,
zweifellos hatten Windrichs längst beantragt, daß meine Post nicht mehr zu
ihnen geschickt wird.
    Und Benedikt hatte mir nicht
gratuliert. Was hätte er auch schreiben sollen? Er wurde jetzt

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