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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Sohn. Sorgerecht sei
nämlich seine Spezialität als Jurist, außerdem hatte er sogar einen
Doktortitel, sah super aus und hieß Horst. Dutzende von alleinerziehenden
Müttern hatten sich mit ihren Kindern bei Tobias und Horst beworben. Aber
Annabell hatte den Job bekommen, weil der Tobias Solveig allen andern Kindern
vorgezogen hatte. »Solveig hat alle ausgestochen«, sagte Annabell vor Stolz
platzend. Und auch Horst sei bezaubert von Solveig, er liebe kleine blonde
Mädchen. Und sein Tobias sei auch blond, ein Jahr jünger als Solveig, trotzdem
schon sehr dominant, aber die sanfte Solveig hätte den Rabauken mit einem
Lächeln um den Finger gewickelt. »Sobald der Horst sein Schlafzimmer verlegt
hat, werden wir ganz hinziehen. Der Horst hat ein super Haus. Wir sind jetzt
schon immer dort. Wir haben nur heute ausnahmsweise frei, weil der Horst mit
dem Tobias auf der Promotions-Party eines Kollegen ist. Vor Mitternacht kommen
sie nicht zurück, haben sie gesagt.«
    »Wann kann man deinen neuen
Lover kennenlernen?« fragte ich, zugegeben nicht frei von Neid.
    »Horst ist nicht mein Lover«,
rief Annabell vor Moral triefend, »wie kannst du so was vor Solveig sagen!«
Dann flüsterte sie mir zu: »Der Horst steht auf ganz junge Gören. Aber Tobias
darf natürlich nicht merken, daß sein Vater wechselnde Damenbekanntschaften
hat. Er könnte die Namen gar nicht alle behalten.«
    »Trotzdem sollst du da wohnen?«
    »Natürlich, Kinder brauchen Tag
und Nacht eine Mutter. Ich schlafe direkt neben dem Kinderzimmer. Der Horst
schläft eine Etage höher, wegen seiner Dämchen.«
    »Ich will mit Tobias spielen«,
kreischte Solveig. Sie hatte sich den blauen Lidschatten aus dem
Mitbringselpäckchen rund um die Augen geschmiert und sah aus wie ein müder
Waschbär. »Heute nacht spielen wir wieder mit dem Tobias«, sagte Annabell und
erzählte weiter: »Eine Freundin von uns hat die Horoskope von Solveig und
Tobias berechnet, die Frau hat jahrzehntelange Erfahrung und war sehr
skeptisch, ob die Sternzeichen zusammenpassen, aber sie mußte zu ihrer eigenen
Überraschung zugeben, daß die beiden im Grunde füreinander bestimmt sind.«
    »Arbeitest du darauf hin, Oma
zu werden?«
    »Das ist der natürlichste Gang
der Dinge. Außerdem wäre der Tobias eine Superpartie für die Solveig.«
    »Ich will einen Lippenstift«,
kreischte Solveig.
    »Sag der Oma, sie soll dir
einen geben. Da wird der Tobias staunen, wenn du so schöne rote Lippen hast.«
    Und was tat meine Mutter? Sie
gab Solveig einen echten Helena-Rubinstein-Lippenstift!
    »Ich muß jetzt zu Elisabeth und
Peter«, sagte ich, »wir haben eine dringende geschäftliche Besprechung.«
    »Was glaubst du, was ich heute
noch alles zu erledigen habe«, sagte Annabell wichtigtuerisch, »Mutter sein ist
ein Fünfundzwanzig-Stunden-Job jeden Tag, und jetzt hab ich sogar für zwei
Kinder zu sorgen. Das ist unvorstellbar!«
    »Dann mach’s mal gut.«
    »Du auch. Angela, hab ich
gehört, geht es immer noch blendend. Ihre Haare sind jetzt durch die
Schwangerschaft viel schöner.«
     
    Mein Vater fuhr mich zu Peter
und Elisabeth. Unterwegs sagte er: »Berufsmutter ist ja ein schöner
Frauenberuf, abgesehen von der Tatsache, daß Annabell außer Kost und Logis nur
ein Taschengeld verdient. Aber ich will nicht klagen, ich bin heilfroh, daß sie
nicht mehr bei uns rumsitzt. Ich frag mich nur, wozu all die Anstrengungen,
emanzipiert zu werden? Nur um mit einem unehelichen Kind Hausmädchen bei einem
reichen Mann zu werden? Manchmal denke ich, daß heute die angeblich
fortschrittlichsten Frauen da enden, wo vor hundert Jahren die ärmsten
angefangen haben. Kannst du mir erklären, warum das so ist?«
    Ich konnte es nicht erklären.
Ich wußte, daß mein Vater indirekt auch mich fragte, was aus mir werden sollte.
In knapp drei Wochen würden alle Möbel geliefert und arrangiert sein, alle
Vorhänge drapiert, alle Zimmer fotografiert, und dann? Ich wußte es doch auch
nicht.
    Mein Vater wollte unsere
Geschäftsbesprechung nicht stören, er verzichtete darauf, Elisabeth und Peter
guten Tag zu sagen, und fuhr gleich wieder heim.
    Peters Zweizimmerwohnung bestand
aus einem picobello schwarz-weiß gestylten Flur, links eine tadellos
aufgeräumte, aber trotzdem gemütliche Küche, rechts ein kleines, tadellos
aufgeräumtes Schlafzimmer, geradeaus die »Repräsentativen Geschäftsräume«. Auf
dem wunderbaren Kahnweiler-Tisch standen hintereinander aufgereiht acht blaue
Wasserflaschen mit je einer

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