Der Mann, der's wert ist
Richtungen, so geschickt ist das geschnitten«,
sagte die Verkäuferin.
»Na los«, sagte Angela.
Mercedes zögerte, aber dann
gehorchte sie.
Als sie mit dem Kleid aus der
Kabine kam, rief Tanja leise: »Ist denn das die Möglichkeit?« — Die
Busendrapierung, bei Angela straff gespannt, hing bei Mercedes durch bis zur
Taille, die Hüftdrapierungen hingen tiefer als ihr hängender Hintern.
»An dir sieht es besser aus«,
sagte Angela.
»Nein, an dir«, sagte Mercedes.
Sie wandte sich an ihren Macker: »Findest du doch auch!«
»Nimm es«, sagte der Macker,
»damit die Sache erledigt ist. Ich will was essen gehen, eh ich zurückfahre.
Angela ist doch deine beste Freundin, da könnt ihr untereinander tauschen, ihr
Frauen tauscht sowieso ständig eure Kleider.«
»Wenn du meinst«, sagte
Mercedes zögernd.
»Packen Sie es ein«, befahl der
Verehrer der Verkäuferin. Angela seufzte: »Ich brauch dringend noch einen
Home-Dreß. Was ganz Puscheliges, wenn ich mit Benni vor dem Kamin sitze.«
Die Verkäuferin brachte einen
Stretchanzug aus buntgemustertem Plüschsamt.
Es war ein ungeheuerlicher
Anblick: Angela sah darin aus wie ein Dinosaurier: fetter Körper, dürre
Ärmchen, Stampfbeine, und das alles in einem rosaorangeschwarzen Zackenmuster.
»Das würde Rufus gefallen«, flüsterte ich.
»Nein«, sagte Tanja, »du
unterschätzt ihn.«
Sogar Angela bekam Skrupel, als
sie sich im Spiegel sah: »Da muß ich erst meinen Mann fragen«, sagte sie.
»Was?« zischte ich. »Ist sie
verheiratet? Hat ihr Daddy erlaubt, daß sie Benedikt heiraten darf?«
»Im Gegenteil«, zischte Tanja
zurück, »der Faber hat letzte Woche Benedikts Mutter am Telefon angebrüllt,
wenn sie weiterhin rumerzählt, Benedikt würde in seine Firma einheiraten und
Teilhaber, dann würde er juristisch gegen sie vorgehen, das sei
geschäftsschädigender Rufmord.«
»Ehrlich?«
»Detlef hat es genau gehört, so
hat der Faber am Telefon gebrüllt.«
»Benni wird begeistert sein«,
heuchelte Mercedes vor unserer Kabine.
»Es ist ein sehr jugendliches
Modell«, sagte die Verkäuferin. »Jugendlich?« fragte Angela dämlich.
»Unsere Chefeinkäuferin wählt diese
jugendlichen Modelle sehr bewußt, wir haben viele Kundinnen, die einen jüngeren
Mann haben, und die kaufen so was sehr, sehr gern.«
»Ich habe auch einen jüngeren
Mann«, sagte Angela dämlich grinsend.
»Da liegen Sie voll im Trend«,
lobte die Verkäuferin, »man hat heute gern jüngere Männer.«
»Ist das wahr?« flüsterte
Tanja. »Ist Benedikt jünger als Angela?«
»Einen Monat.«
»Alle Achtung«, sagte Tanja,
»Angela läßt wirklich keine Gelegenheit aus, sich lächerlich zu machen.«
»Also, okay, dann nehm ich das auch«,
sagte Angela, »das wär’s dann für heute.«
»So, nun sind wir armen Männer
wieder gefragt, jetzt geht’s ans Zahlen. Da darf man dann als Mann auch gern
ein Jährchen älter sein«, rief der Herzallerliebste durch den Laden und
überreichte der Verkäuferin mit großspuriger Geste seine Kreditkarte. Noch
lauter rief er: »Ich bezahle alles für diese Dame!« und zeigte auf Mercedes.
Dann klopfte er Angela auf die Schulter: »Selbstverständlich würde ich auch für
Sie bezahlen, aber da bekäme ich Ärger mit Ihrem Verlobten.«
»Ja«, sagte Angela mürrisch.
Mercedes sagte zuckersüß: »Wir
unverheirateten Frauen haben es doch viel besser, bei uns müssen sich die
Männer noch richtig Mühe geben, da wird man nach Strich und Faden verwöhnt.«
»Wenn ich Sie zur Kasse bitten
darf«, sagte die Verkäuferin. »Aber sicher«, dröhnte der Herzallerliebste noch
mal, »dafür sind wir Männer schließlich da.« Als wüßte es nicht schon der ganze
Laden.
»Geschafft, endlich gehen sie«,
sagte ich zu Tanja, »wir warten noch, bis sie draußen sind« — da wurde der
Vorhang unserer Kabine aufgerissen.
»Was machen Sie denn noch
hier?« Es war die Verkäuferin, die uns vorher bedient hatte.
»Wir gehen gerade«, sagte
Tanja.
Die Verkäuferin sah uns äußerst
mißtrauisch an, aber Tanja ging lässig an ihr vorbei. Ich hinterher, geduckt
hinter den Kleiderständern schlich ich an der Kasse vorbei, wo Angela und ihre
lieben Freunde warteten, da rief die Verkäuferin: »Was ist mit dem reduzierten
Blazer, wollen Sie den etwa nicht mehr?«
Geduckt, mit dem Rücken zur
Kasse, rief ich zurück: »Ich hab’s mir anders überlegt.«
»Die Kleiderbügel können Sie
trotzdem mitnehmen, die sind gratis!« rief die Verkäuferin wütend. In
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