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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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Mercedes so blamiert hast?«
    Tanja lachte: »Nein, da hab ich
keine Angst, Detlef hat es nicht nötig, vor Angela zu kuschen. Sollte er das
nötig haben, bekäme er Ärger mit mir. Und er muß auch nicht vor seinem Chef
kuschen, dazu ist seine Arbeit zu gut.« Tanja sah auf ihre Uhr: »Ich bin jetzt
mit Detlef verabredet, wir wollen was essen gehen, kommst du mit? Du kannst dir
von Detlef bestätigen lassen, was ich dir vorher erzählt habe.«
    »Nein, ich will lieber zurück
zu... meiner Arbeit.«
    »Dann darf ich dir noch einen
schönen Abend wünschen. Ruf mich an, wenn der Meister eine öffentliche
Besichtigung seines Werkes gestattet. Und grüße Rufus.«
    Auf dem Rückweg dachte ich, daß
es blödsinnig wäre, für das Fest mit Harald eine aufgetakelte Klamotte zu
kaufen. Ihm gefiel ich, wie ich bin. Außerdem hatte ich neulich in einer Illustrierten
gelesen, Yves Saint Laurent persönlich hätte gesagt: »Eine Frau braucht, um
schön zu sein nur drei Dinge: einen schwarzen Rock, einen schwarzen Pullover
und den Mann, den sie liebt, an ihrer Seite.« Ich hatte alles, was ich
brauchte.
     
    Harald lachte mir entgegen. Es
interessierte ihn nicht, was ich in meinen großen Tüten hatte, er rief: »Da
bist du endlich, ich hab auf dich gewartet, ich brauch dich zur Generalprobe.«
    »Bist du fertig?« Ich war ganz
aufgeregt. Aber dann sah ich selbst, daß er zwar fast, aber nicht ganz fertig
war.
    »In den fehlenden Partien muß
ich morgen einige Akzente setzen. Und über der Sitzgruppe nehm ich etwas Blau
raus, damit die Wolken höher schweben. Aber jetzt muß ich mit dir proben.«
    »Was proben wir?«
    »Wart ab. Du stellst dich
hierher.« Er zeigte vor die Rezeption. Er holte den Radiorecorder vom Gerüst,
stellte ihn auf den Boden. Er ging zum Auto, kam mit einer Kassette zurück,
legte die Kassette ein, es war aber nichts zu hören.
    Harald kam zu mir, drückte mich
sehr leicht an sich, nahm meine linke Hand, legte sie auf seine Schulter, nahm
meine rechte Hand, hob sie hoch und sah mir in die Augen. Mir wurde schwummrig.
    »Wann...«, fragte ich.
    »Pst«, machte Harald.
    Und da ging es los:
    »Dala, daiah, Ia, la, lala
    Dala, daiah, la, la,
lala«, zupften Geigen.
    Und dann brüllte ein Chor:
    »DONAU SO BLAU!
    SO SCHÖN!
    UND BLAU!
    SO STRAHLEND BLAU!
    SO SCHÖN!«
    — Es war der Donauwalzer von
Johann Strauß. Au weia!
     
    »Leider, ich glaub, ich kann keinen
Wa...«, da hatte Harald mich schon vorwärts gedreht, weiter rum, wieder rum,
immer weiter, drehend vorwärts, und er drückte mich leicht an sich, und ich
dachte noch, wie schwierig es in der Tanzstunde gewesen war, um die Ecken zu
kommen, da hatten wir bereits die erste Kurve passiert. Und dann wunderte ich
mich, daß dieser Donauwalzer gesungen wurde, aber das war typisch Harald, er
hatte nicht irgendeinen Donauwalzer ausgewählt, sondern den absoluten
Donauwalzer, der mehr war als jeder Donauwalzer je zuvor. Unmengen von
Sängerknaben quietschten:
    »...Nun singt ein fröhliches,
seliges Lied, das wie Jauchzen die Lüfte durchzieht...
    Dala daiah la la
lala
    dalalalah la la
laa!«
    Der größte Teil vom Text war
nicht zu verstehen, weil diese hohen, hellen Stimmen alle durcheinander sangen,
es war einfach nur Jubelgesang. Und dabei drehte mich Harald, und ich sah
Harald an, und Harald sah hinauf zu den Wolken.
    »DONAU SO BLAU!
    SO SCHÖN UND BLAU!
    Dala daiah la la
lala
    Dala dalah la la
lala...«
    Und wutsch um die Ecke rum, und
die Knaben sangen so was Ähnliches wie:
    »Und geht’s auf der Donau lang,
    dadada-bambam,
    dadada-bambam!«
    Und danach sangen junge Knaben
und alte Knaben durcheinander — die jungen Knaben quietschten:
    »...Laladidada laladam
    laladidadam laladam«, die alten
Knaben dröhnten:
    »...der Himmel sei gnädig dem
liebenden Paar,
    schütz immerdar es vor
Gefahr...
    da da di da da dam...«
    Es war unerträglich kitschig.
Und wir tanzten in unseren Anstreicherklamotten den Donauwalzer. Das Leben war
ein Traum. Mit Harald war alles Musik.
    »Junges Blut, frischer Mut«,
dröhnten die alten Knaben,
    »dada di da damm
    dada di da damm...«
    und wir drehten uns immer,
immer der Donau lang. »...Whamm!«
    Weiter ging’s:
    »...Was der Tag, uns auch
bringen mag,
    laladi da damm
    la la di da damm...«
    »Hier hakt es«, sagte Harald
vor der Tür des Kontors, »der Rhythmus dieser Wolke ist zu schwer, ich muß
morgen etwas Pathos rausnehmen.«
    »...Nun singt ein fröhliches,
seliges Lied, das wie Jauchzen die Lüfte

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