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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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würde. Mit einem Schablonenmuster am Rand,
in altenglischem Stil. Einer der Herren unterbrach mich sofort, er hätte in Los
Angeles in einem Loft einen lackierten Fußboden gesehen, und ob ich ein Loft
hätte? Ein Loft ist eine Fabriketage, und mein Zimmer ist zwölf Quadratmeter
klein. Ich schüttelte stumm den Kopf.
    Aber Benedikt lachte: »Wir
brauchen kein Loft, wir haben ein richtiges Haus.«
    So von Benedikt unterstützt,
wagte ich zu erzählen, daß ich die Wände meines Zimmers mit einem besonderen
Effekt streiche, drei verschiedene Türkistöne hauchzart mit dem Schwamm
auftrage und die Übergänge verwische und wie toll das aussieht. »Man sieht, daß
du selbst streichst«, sagte Angela, »an deinen Fingernägeln.«
    Ich sagte nichts mehr.
     
    Spät am Abend kam ein
Übervierzigjähriger, der Daniel hieß, für ihn scheuchte Angela sogar ihren
Romeo vom Sofa. Daniel erzählte, sein Geburtstagsgeschenk für Angela sei in
Amerika hängengeblieben, er habe mehrfach per Fax nachgehakt, und bald hätte er
die Faxen mit den schlampigen Amis dicke. Als er Angelas Hand tätschelte,
lächelte sie vor sich dahin, wie jemand, der sich im Spiegel ansieht und von
sich begeistert ist.
    Daniel sagte zu Angela:
»Demnächst machen wir wieder eine Kaviar-Orgie!«
    Wir erfuhren, daß Daniel
Beziehungen zu einer internationalen Handelsgesellschaft hat und daher seinen
Kaviar bekommt. »Russischer Kaviar ist mir persönlich zu fischig«, sagte
Daniel, »der iranische ist Klassen besser. Natürlich ausschließlich der
Imperial.«
    Respektvoll betrachtete ich
diesen Mann, der iranischen Kaviar vorzog. Sein kurzärmliges gestreiftes Hemd
wirkte billig, das Leder seiner häßlichen Slipper war an den Gehfalten
eingerissen. Sparte er sein Geld für Kaviar-Orgien mit Angela? Nein, er fuhr
auch den größten Mercedes, beabsichtigte allerdings, ihn zu verkaufen, um auf
einen sportlicheren BMW umzusteigen.
    Wenn man so reich ist, dann ist
es egal, wie man angezogen ist, dachte ich. Wir waren hier die armen
Verwandten. Aber Benedikt hatte vor niemandem Komplexe, er lachte ständig, und
die mit ihm redeten, lachten auch. Jeder hatte Benedikt gern, auch wenn er
nicht soviel Geld hat.
    Als wir gingen, knutschte
Angela mit Daniel auf dem Sofa. Aber dieser Mann, mit dem sie Kaviar-Orgien
feierte, schien nicht in sie verliebt zu sein, beim Knutschen sah er
gelangweilt an ihr vorbei, Richtung Tür.
     
    Angela hatte soviel Geld, und trotzdem
war sie nicht glücklich. Ich hätte keine Lust, in diesem Alter noch bei meinen
Eltern zu wohnen. Es war nicht vergleichbar, daß Benedikt nun wieder bei seiner
Mutter wohnte. Er lebt ja mit mir zusammen. Und eines ist klar: Sobald wir mehr
Geld haben, werden wir bauen. Jeder Architekt baut sich ein Elaus. Bei uns ist
alles nur eine Frage der Zeit.
    Auf der Heimfahrt fragte ich
Benedikt, ob es blöd von mir war, den reichen Leuten zu erzählen, daß ich mein
Zimmer selbst streiche. Benedikt legte den Arm um mich und sagte, wie stolz er
auf mich sei und daß mein Zimmer superschön würde. Und, wie das Beispiel Angela
beweise, Geschmack kann man nicht kaufen. Genau. Arme reiche Angela.
    »Wie werden wir sein, wenn wir
reich sind?« fragte ich mich und Benedikt.
    »Je schneller wir es wissen,
desto besser.«
     
    In dieser Nacht träumte ich,
Benedikt und ich würden am Swimmingpool unseres Hauses liegen. Zum Pool führte
eine Sprossenwand, berankt mit Rosen, Wicken, Efeu. So verwildert wie in den
allerfeinsten Gartenanlagen. Ich versuchte, einen Blick ins Innere des Hauses
zu träumen. Ein Altbau, die Decke vier Meter hoch! Und da hing mein
Kronleuchter in ganzer Größe, über einem antiken chinesischen Teppich in
Blau-Weiß-Goldgelb, genau zum Kronleuchter passend. Ringsum war in vollendeter
Harmonie Antikes mit Modernem kombiniert.
    Plötzlich fiel ein Schatten auf
den Swimmingpool. Der Schatten sagte: »Benedikt, möchtest du etwas
Tomatensalat?«
    Ich wachte auf. Neuerdings
waren sogar meine Träume renovierungsbedürftig.

12. Kapitel
     
    Am nächsten Donnerstag kam
Benedikt ziemlich spät nach Hause. Mein Onkel hatte ihn das erstemal zum
wöchentlichen Bericht bei der Klinik-Kommission mitgenommen. Benedikt hatte die
Entwürfe hervorragend präsentiert. Am übernächsten Donnerstag kam Benedikt erst
nach Mitternacht, ich wartete mit Nora vor dem Fernseher, der wöchentliche
Bericht war nicht gut gelaufen: Man hatte diverse Engpässe bei den Fluchtwegen
lokalisiert. Die Gänge waren zu eng, um

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