Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
früh darüber«, sagte Tom.
»Wir können Edward keine Rente zahlen – das könnten wir uns nie leisten. Und ich möchte wetten, dass er lieber in dem Haus bleiben würde.«
»Reden wir morgen früh darüber«, wiederholte Tom.
»Und es gibt noch mehr Möglichkeiten! Angenommen, wir nehmen alles, was wir an Geld zur Verfügung haben, vom Verkauf des Hauses hier und von Großmutters Nachlass und so weiter. Angenommen, wir nehmen das alles und bauen Großmutters Kutschenhaus in ein Wohnhaus um. Das könnte ganz reizend werden. Angenommen, wir machen das und verkaufen es zusammen mit einem halben Hektar Land für vierzigtausend Dollar. Solche Häuser gehen mindestens für so viel weg, und ich wette, wir könnten das alte Kutschenhaus für zwanzigtausend herrichten. Dann hätten wir einen Profit von zwanzigtausend. Damit könnten wir dann ein anderes Haus bauen und auch das mit Profit verkaufen. So könnten wir eine ganze Siedlung schaffen, immer jeweils ein Haus. Vielleicht könnten wir damit sogar mehr als hunderttausend kriegen!«
»Mir schwirrt der Kopf«, sagte Tom. »Für so etwas braucht man Kapital. Man müsste sich im Immobiliengeschäft und im Baugeschäft auskennen. Und man müsste sich den ganzen Tag damit befassen können.«
»Ich kann lernen, und ich befasse mich den ganzen Tag damit.«
»Und am Ende verlieren wir noch das letzte Hemd«, sagte Tom. »Das weiß ich doch.«
»Am Ende könnten wir hunderttausend Dollar haben und uns unter den neuen Häusern unseres aussuchen.«
»Träume von Pracht und Herrlichkeit«, sagte er. »Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, sie zu überwinden.«
»Sieh mal, Tommy«, sagte sie. »Du hast gesagt, ich soll nachdenken, und das habe ich getan. Weißt du, was du bist? Du bist verwöhnt. Du hast den Großteil deines Lebens damit verbracht, dir selbst leidzutun, weil du wusstest, dass Großmutter dir nicht viel Geld hinterlässt. Du bist verwöhnt, und du bist am Ende, bevor du überhaupt angefangen hast. Trotz allem, was du im Krieg gemacht hast, bist du nicht richtig bereit, für das, was du willst, zu kämpfen. Du bist aus dem Krieg heimgekehrt und hast eine leichte Arbeit angenommen, und wir beide haben die ganze Zeit darüber geklagt, dass du nicht mehr Geld gemacht hast. Und außerdem bist du auch noch ein Feigling. Du hast Angst, auch nur das kleinste bisschen zu riskieren!«
»Danke für das Empfehlungsschreiben«, sagte er.
»Du bist an einen Punkt gekommen, an dem du jeden, der tut, was du nicht kannst, ablehnst«, sagte sie. »Du redest verächtlich über die Leute von United Broadcasting und alle anderen auch. Du hältst dich für was Besonderes, weil du vor langer Zeit mal ein guter Fallschirmjäger warst. Und jetzt willst du nur noch Sicherheit und eine Lebensversicherung und Geld auf der Bank, damit du die Kinder in zwölf oder fünfzehn Jahren mal aufs College schicken kannst, und du hast Angst, weil du ein halbes Jahr bei einem neuen Job auf Probe bist, und du siehst von allem immer nur die Kehrseite, und du hast keinen Mumm !«
Plötzlich brach sie in Tränen aus. »Ich liebe dich doch, Tommy«, sagte sie unter Schluchzern. »Aber ich musste das einfach sagen.«
Mehrere Minuten lang war es still im Zimmer.
»Teilweise hast du recht«, sagte er plötzlich.
»Ich habe übertrieben«, sagte sie. »Und Tommy, du hast mehr Mumm als jeder Mann, dem ich begegnet bin. Weißt du denn, warum ich dich liebe, Tommy? Es ist was Komisches – es ist kindisch. Weil ich noch nie einen gesehen habe, der dachte, er könnte damit davonkommen, dich richtig wütend zu machen.«
»Das haben viele geschafft«, sagte er.
»Es ist nicht nur Stärke«, sagte sie. »Da ist was in dir. Wenn du wirklich etwas willst, dann kann sich dir, glaube ich, nichts auf der Welt in den Weg stellen. Deshalb warst du im Krieg auch so verdammt gut.«
»Das war Glück«, sagte er. »Ob man aus dem Krieg wieder zurückkommt oder nicht, ist zu neunzig Prozent Glück.«
»Mag sein«, sagte sie, »aber seit du wieder da bist, willst du eigentlich nicht mehr viel. Du arbeitest hart, aber im Grunde versuchst du es gar nicht richtig.«
»Wir versuchen es mal mit dieser Immobiliensache, wenn du willst«, sagte er. »Ich habe immer noch Zweifel, ob es klappt. Wenn wir dann pleite sind, hältst du das aus?«
»Das halte ich aus«, sagte sie. »Und du auch. Ich weiß, woran du denkst.«
»An meinen Vater.«
»Ich weiß. Aber besser ist es, an Barbara, Janey und Pete zu denken und
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