Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
Ironie, und Tom hatte innerlich gelacht, bis ihm der Magen wehtat.
Gegen drei Uhr hatte Mahoney gesagt: »Ich glaube, wir müssen jetzt mal los. Was meinst du, Tom?«
»Glaub auch«, hatte Tom gesagt.
»He, ihr könnt nicht gehen, wenn ihr in Führung liegt«, hatte einer der Ärzte eingewandt.
»Tut uns leid«, hatte Mahoney gesagt. Er und Tom hatten die Ärzte sitzen lassen, ohne zu sagen, wohin sie gingen, weniger weil sie das nicht sagen sollten, als vielmehr, weil es bitterer und lustiger war, wie die Ärzte sich darüber beschwerten, dass sie das Spiel zu früh abbrachen.
Tom und Mahoney waren vom Poker direkt zur Messe gegangen und hatten ausgiebig gefrühstückt. Sie hatten beieinandergesessen, die jungen Kerle aus ihren Kompanien betrachtet, die meisten frische Rekruten, wie sie in die Messe strömten, noch Schlaf in den Augen. Über die Hälfte von ihnen hatte noch nie einen Gefechtssprung gemacht, und sie hatten unglaublich jung gewirkt, fast wie Schüler, wie sie in den Speisesaal kamen, um vor dem Abflug noch einmal gut zu frühstücken.
»Den meisten sind wir um fünf, sechs Jahre voraus«, hatte Mahoney gesagt, und Tom hatte verstanden, dass er es aus Trauer um die jungen Kerle gesagt hatte, denn in solchen Zeiten erschien jedes Altersjahr, jedes Jahr, das man hinter sich gebracht hatte, wie eine Million Dollar auf der Bank, die einem niemand mehr nehmen konnte, und die Alten wurden mehr als sonst jemand auf der Welt beneidet, weil sie ihr Leben gelebt hatten, die Jungen aber waren verletzlich – ihnen konnte das Leben noch gestohlen werden.
Das Frühstück war schnell beendet. Die Männer waren vor dem Speiseraum angetreten, dann hatten Lastwagen sie zu der Piste gebracht, wo die großen Flugzeuge warteten, die Motoren still, die Propeller regungslos. Die Männer hatten den Fallschirm angelegt und ihre Ausrüstung überprüft. Es war noch dunkel gewesen und fast Vollmond, ein schiefer Mond, und die warme Tropennacht war von einer Brise gestreichelt worden, so weich wie die Fingerspitzen einer Frau. Der Himmel war, sogar schon vor dem Morgengrauen, voller friedlicher Vögel gewesen, und der Dschungel hinter der Startbahn von summendem Leben erfüllt. Tom und Mahoney waren gemeinsam zur Piste gelaufen, aber sie waren für verschiedene Flugzeuge zugeteilt gewesen. Als sie sich auf der Rollbahn trennten, hatte Mahoney gesagt: »Mach’s gut, Junge – und wenn du landest, schließ schnell zu meinen Jungs auf. Und sag deinen verdammten Kids da, sie sollen meine Leute nicht abknallen – es wird ziemlich eng, wenn wir dort sind.«
»Mach dir darüber mal keine Sorgen«, hatte Tom gesagt. »Deine Jungs sollen mal lieber nicht erstarren – das machen sie nämlich jedes Mal. Ich sag meinen immer, sie sollen beim Fallen schießen und weiterschießen, bis keiner mehr zurückschießt.«
Mahoney hatte gegrinst. »Bist schon ein harter Hund«, hatte er gesagt. »Bin froh, dass du auf unserer Seite bist.«
Tom war die Rampe seines Flugzeugs hinaufgegangen, und Caesar Gardella hatte ihm geholfen, seine Leute zu überprüfen, dass sie auch alle da waren und ihre volle Ausrüstung hatten. Tom war rau, aber herzlich gewesen – inzwischen hatte er das gelernt. Und wie er es Mahoney gesagt hatte, hatte er seiner Truppe noch einen letzten Rat gegeben. »Schießt einfach immer weiter«, hatte er gesagt. »Fangt damit an, sobald ihr gelandet seid, und hört erst wieder auf, wenn das Gelände in unserer Hand ist. Und bedenkt: Das Dumme mit den meisten grünen Truppen ist, dass sie nicht feuern, erst recht nicht, wenn die Lage unübersichtlich ist. Sie denken zu sehr an die Sicherheit. Erschießt euch nach Möglichkeit nicht gegenseitig, und schießt auch nicht die anderen Kompanien zusammen, aber schießt immer weiter. Man wird euch keinen Vorwurf machen, wenn mal einer zu Schaden kommt.«
Tom hatte, wie die Jungen um ihn herum, Kaugummi kauend in dem Flugzeug gesessen und nüchtern aus dem Fenster geschaut. Ein Sergeant hatte die Flugzeugtür geschlossen. Tom hatte zweimal geschluckt, als die Motoren husteten, dann röhrten, und sich angeschnallt, als das Flugzeug zur Startbahn fuhr, dann immer schneller dahinraste, bis es sich über das schimmernde Meer erhob. Er hatte die Jungen um ihn herum angegrinst, und sie hatten zurückgegrinst – das war Teil des Rituals gewesen. Das Flugzeug hatte an Höhe gewonnen, dann war es zunehmend kalt geworden. Caesar war den Gang entlanggelaufen und hatte Decken verteilt.
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