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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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Vor den Fenstern des Flugzeugs hatte Tom die fahlen Sterne gesehen, die vor der nahenden Dämmerung schon verblassten. Immerhin lasse ich ein Kind zurück, hatte er gedacht. Es war ein merkwürdig tröstlicher Gedanke gewesen.
    Der Flug nach Karkow war kurz gewesen, viel zu kurz. Es war vergleichsweise gemütlich auf dem Klappsitz gewesen, eingemummelt in die Decke, während die Motoren schläfrig brummten. Tief unten hatte der Mond einen Pfad gezogen, sonst war nichts weiter zu sehen gewesen, bis die großen Geschütze auf Karkow aufblitzten. Als die Maschine Karkow erreichte, war es schon so hell, dass man sehen konnte – die ganze Operation war von Anfang an verspätet gewesen. Die Insel einige tausend Fuß unter ihnen war auf der geriffelten Meeresoberfläche nicht größer als ein Kiesel gewesen. Nur wenige Zentimeter von dem Kiesel entfernt hatten ungefähr zwanzig winzige Schiffe gelegen, und von den Schiffen wie auch von der Insel waren Rauchwölkchen, hin und wieder von fahlen Blitzen erhellt, aufwärtsgeschwebt. Die Flugzeuge mit den Fallschirmjägern hatten in großer Höhe gekreist, um das Ende des Bombardements durch die Schiffe abzuwarten. Plötzlich hatte der Rauch von den Schiffen aufgehört. Eine Bomberstaffel war im Tiefflug über die Insel gedonnert, worauf diese in Rauch und Feuer zu explodieren schien.
    »Mann!«, sagte Gardella. »Das wird nicht so schlimm! Bis wir da runterkommen, lebt von denen keiner mehr!«
    »Es wird nicht so schlimm werden«, hatte Tom gesagt und dabei an die Japse gedacht, die in ihren Höhlen ausharrten, auf die Pause zwischen dem Beschuss und der Landung ihrer Feinde warteten, um herauszukommen und ihre Geschütze wieder zu besetzen. Er überlegte, wie es wohl war, in einer Höhle auszuharren, wenn die Granaten über einem einschlugen, und zu warten. Plötzlich waren die Japse nicht mehr wie Karikaturen kleiner gelber Männchen gewesen, die grinsten und mit dem Bajonett drohten – er merkte zunehmend, dass er mehr mit den Japsen gemein hatte, die da unten in ihren Höhlen ausharrten und warteten, so wie er wartete, als mit all den geborgenen Menschen auf der Welt, den Menschen zu Hause, geborgen, und den Seeleuten tief unten, die geborgen an Bord ihrer Schiffe waren, und den Besatzungen der Bomber, die nun gleich nach Hause flogen, heißen Kaffee tranken und sich zu einem Morgenschläfchen hinlegten, da ihr Teil der Invasion ja vorbei war. Es muss hart sein, in einer Höhle auszuharren, hatte er gedacht, vor allem wenn man wusste, dass schon bald die ganze Maschinerie auf einen losgelassen wurde. Es muss hart sein zu warten, es muss so sein wie hier oben. Und dennoch werde ich ein Kind hinterlassen, hatte er gedacht.
    Ein großes graues Transportschiff entlud am Norden der Insel Landungsfahrzeuge, hatte Tom gesehen, und diese kreisten nun wie zur Vorbereitung auf eine Landung, aber das Überraschungsmoment, hatte er gedacht, musste doch durch die großen Flugzeuge, die darüber kreisten, geringer werden. Unter sich sah Tom, wie das erste der Flugzeuge mit Fallschirmjägern darin in die Horizontale ging und Richtung Insel flog. Erstmals hatten die Geschütze auf der Insel nun das Feuer eröffnet, und fast sofort hatte eines der großen Flugzeuge zu qualmen begonnen und war lautlos, fast wie nach Plan, ins Meer abgeschmiert. Die Männer in Toms Flugzeug waren schon aufgestanden, und die Türen waren schon für den Absprung geöffnet. Tom hatte an der Tür gestanden, während das Flugzeug immer tiefer ging, und gesehen, dass die Männer aus den Flugzeugen voraus ausgestiegen waren und wie einige ohne den flatternden Fallschirm abstürzten, andere über die Insel trieben oder kurz davor ins Meer fielen. Er hatte Hunderte landen sehen auf der rauchenden Insel, über die schon Leuchtspurgeschosse ihre Bahn zogen, er hatte gesehen, wie über tausend Mann von den verschwenderischen Flugzeugen in die Luft geworfen wurden, und dann war auch er selbst in der Luft und fiel. Es hatte einen Ruck gegeben, als der Fallschirm sich öffnete, und er hatte wie ein heftiges Pendel umhergeschwungen, unter ihm der breite Rand des Steilhangs, um ihn herum lauter Männer in der Luft, und unmittelbar unter ihm einer, der in dem Wind ebenfalls wie ein Pendel geschwungen hatte, dann gegen die zerklüftete Wand geschleudert und nun übers Wasser gezogen wurde, der Fallschirm noch gebläht wie die Segel einer Slup im Sommer. Tom hatte sich gedreht, hatte mit aller Kraft der Handgelenke an den

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