Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)
und Maria hatten an manchen Abenden zusammengesessen und getrunken, und es war fast wie eine vorstädtische Gemeinschaft gewesen, deren Männer alle für dasselbe Großunternehmen arbeiteten. Aber nach sieben Wochen hatte der Sergeant im Hauptquartier Tom am Telefon gesagt, er müsse sich beeilen, der Transporter stehe nun bereit – das Flugzeug werde in drei Stunden starten. Danach war Tom zu Maria gerannt, und da hatte sie ihm dann gesagt, sie glaube, sie sei schwanger, sie sei sich nicht sicher, aber sie halte es für wahrscheinlich. Es hatte keine gegenseitigen Vorwürfe gegeben. Sie hatte nichts verlangt, und er hatte nichts geleugnet. Sie hatte ja gewusst, dass er verheiratet war und dass er in den Pazifik flog, dem kleinen grinsenden Mann mit dem Gewehr entgegen, und daher angenommen, dass er nicht viel für sie tun könne, weshalb sie überrascht und dankbar gewesen war, als er sich bei seinen Freunden fünfhundert Dollar lieh und sie ihr gab, dazu noch einen Jeep voller Konserven, Zigaretten und Kaugummi, alles von großem Wert.
»Wenn du schwanger bist«, hatte er gesagt, »wirst du das Kind bekommen?«
»So Gott will«, hatte sie geantwortet, und er hatte sich gefreut, kindisch gefreut, dass er, wenn er dem Bösen entgegenflog, dem grinsenden kleinen Mann mit dem Bajonett, ein Kind zurückließ, selbst wenn sich kein Vater darum kümmern würde, vielleicht ein Straßengör, das für Pennys tanzte, aber doch immerhin ein Kind, was besser war als zu sterben und nichts zu hinterlassen, als wäre er nie geboren worden.
Aber natürlich war er sich wegen des Kindes nicht sicher gewesen, es war nur eine Möglichkeit gewesen. In nichts war er sich sicher gewesen, als er das Flugzeug bestieg, sich auf den harten, unbequemen Klappsitz setzte und auf den Start des langen Fluges zum Pazifik wartete. Eine seltsame Vorstellung, dass er vielleicht ein Kind haben würde, das er nie sehen, nie auf dem Arm haben würde, aber trotzdem ein Kind! Seltsam, dass nach all den langen Monaten des Tötens vielleicht endlich ein Kind geboren würde und dass es das Einzige wäre, was er während der vergangenen zwei Jahre getan hatte, das ihm möglicherweise Probleme bereiten konnte. Es war das Einzige, was er getan hatte, das ihn vors Kriegsgericht bringen oder ihm strenge, missbilligende Blicke kommandierender Offiziere eintragen konnte, dessentwegen Colonels ihm mit dem Finger drohen konnten, dazu gesellschaftliche Ächtung zu Hause, falls er je wieder nach Hause kam, Scheidung und statt Orden ein sehr schlechter Ruf.
Wie seltsam, hatte er gedacht, als er im Flugzeug saß, welch merkwürdige Verkehrung, wie sehr die Geistlichen daran verzweifeln, dass die jungen Soldaten ihr Geschäft des Tötens lieber vergessen und stattdessen Liebe machen!
Als das Flugzeug abhob, lachte er, und durch das Dröhnen der Maschinen hatte Mahoney gebrüllt: »Was ist denn hier so komisch?«
»Wir sind alle bekloppt!«, hatte Tom gesagt in dem Gefühl, dass er endlich die große, fundamentale Wahrheit herausgefunden hatte. »Wir sind alle bekloppt, jeder Einzelne von uns, verdammt – wir sind alle total bekloppt!«
»Hast verdammt recht«, hatte Mahoney geantwortet.
»Schon mal von Karkow gehört?«, hatte Caesar Gardella eine Stunde später gefragt.
Tom hatte entfernt davon gehört, eine kleine Insel nicht weit von den Philippinen, eine sehr kleine Insel, die die Briten am Beginn des Krieges zwei Monate lang gegen starke japanische Angriffe gehalten, aber schließlich verloren hatten. »Was ist damit?«, hatte er erwidert.
»Ich habe gehört«, hatte Caesar durch das Dröhnen der Maschinen gesagt, »dass sie uns da absetzen wollen.«
Es ist ja nur ein Gerücht, hatte Tom gedacht, aber in solchen Zeiten haben die Gerüchte immer recht. Karkow! Welch ein eigenartiger Name für einen Ort zum Sterben!
Das Flugzeug war häufig zwischengelandet, wurde unverzüglich nachgetankt, immer in Eile, sein Ziel zu erreichen, bis es Tom und Mahoney schließlich in einem Übergangslager für Offiziere in Hollandia, Neuguinea, abgesetzt hatte, wo es nichts weiter zu tun gab, als den ganzen Tag auf dem Feldbett unterm Moskitonetz zu liegen und auf den Angriff auf Karkow zu warten. Wie er so dalag und stark chloriertes Wasser oder Bier trank, wenn er welches kriegte, hatte Tom überlegt, was er wohl tun würde, wenn er auf Karkow, oder wo es auch hinging, nicht getötet würde. Was tat man, wenn man eine Ehefrau in den Staaten und eine Frau und vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher