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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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rascheln, und Hopkins räusperte sich. Auf dem mittleren Bord waren Infanteristen aus dem Bürgerkrieg, vom Norden wie vom Süden, die sich offenbar gegen irgendwelche Artilleristen aus dem Ersten Weltkrieg zusammentaten. Tom hörte, wie hinter ihm ein Streichholz angerissen wurde, dann knarrte Hopkins’ Stuhl. Jetzt müsste er halb durch sein, dachte Tom. Auf dem untersten Bord waren mehrere Trupps Marines aus dem Zweiten Weltkrieg, allesamt in Grundstellung. Irgendwo im Raum tickte eine Uhr.
    »Wunderbar!«, dröhnte Hopkins plötzlich.
    Tom drehte sich um.
    » Hervorragend «, sagte Hopkins noch lauter. Er strahlte zufrieden übers ganze Gesicht. »Sie haben ja wirklich den Bogen raus!«
    »Freut mich, dass es Ihnen gefällt«, sagte Tom bescheiden.
    »Das singt ja geradezu«, sagte Hopkins begeistert. »Beachtlich, dass Sie das gleich beim ersten Mal so gut konnten!«
    »Das ist eigentlich der zweite Entwurf«, sagte Tom. »Mr Ogden hat mir einige Vorschläge gemacht.«
    »Der Kern des Ganzen ist genau richtig!«, sagte Hopkins. »Gehen wir sie doch gleich zusammen durch. Haben Sie noch eine Kopie dabei?«
    Tom zog eine aus dem Umschlag.
    »Sehen wir uns jetzt mal die Einleitung an«, sagte Hopkins. »Meinen Sie, wir könnten sie ein wenig natürlicher machen? Wie wär’s mit: ›Guten Abend. Es ist nett von Ihnen, meine Herren, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit einem Laien schenken …‹«
    Satz für Satz nahm Hopkins die ganze Rede auseinander. Als er fertig war, hatte er fast in jedem Absatz um Änderungen gebeten. »Gut!«, sagte er schließlich. »Da haben Sie wirklich ganze Arbeit geleistet! Fügen Sie nun noch die Details ein, die wir erarbeitet haben, dann sehen wir es uns in zwei Tagen noch mal an. Wäre Mittwoch zu früh?«
    »Das wäre reichlich Zeit«, sagte Tom.
    »Kann ich Ihr Glas noch nachfüllen?«
    »Gern.«
    »Sie haben bei so etwas wirklich den Bogen raus«, sagte Hopkins, während er ihm frische Eiswürfel ins Glas tat. »Das war ein großartiger Anfang!«
    »Danke«, sagte Tom.
    Es klopfte an der Tür, und Hopkins ließ einen dünnen Mann ein, der eine riesige, wie einen Teppich aufgerollte Blaupause in der Hand hielt.
    »Guten Abend , Bruce«, sagte Hopkins. »Wie nett, dass Sie Ihren Abend opfern!«
    Tom leerte sein Glas und entschuldigte sich, so schnell er konnte. Er war schon auf halbem Weg zur Grand Central Station, als ihm bewusst wurde, dass Ogden und Hopkins ihm einfach dasselbe auf zwei verschiedene Arten gesagt hatten: dass er die Rede umschreiben sollte. Trotzdem hatte Hopkins ihm den Eifer gelassen, es zu versuchen. Tja, sagte er voller Bewunderung, ich habe ja immer gehört, dass er Leute antreiben und ihnen dabei das Gefühl geben kann, dass es ihnen gefällt.

16
    Eine Woche später, Tom hatte seine Befürchtung, Caesar Gardella zu begegnen, schon vergessen, passierte es. Er hatte bis spät an der Rede gearbeitet, und so war es gegen halb acht, als er nach dem Fahrstuhl klingelte. Der Flur bei den Fahrstühlen war leer. Als er den Knopf drückte, gab es das gedehnte Summen, das der Ankunft des Fahrstuhls immer vorausging. Die Türen rumpelten auf, und da stand Caesar, allein im Eingang der Kabine, das große runde Gesicht unbewegt. »Abwärts«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. Tom ging hinein. Caesar drehte sich zu den Knöpfen hin, dann rumpelten die Türen hinter ihm zu. Caesar blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Der Fahrstuhl stürzte fast unerträglich schnell hinab. Dann drehte sich Caesar zu Tom um. Sein Gesicht war emotionslos. »Sie sind Captain Rath, nicht wahr?«, sagte er.
    »Ja«, sagte Tom und dann noch, Überraschung heuchelnd: »Und Sie sind doch Caesar Gardella!« Er hielt ihm die Hand hin, doch in dem Moment blinkte ein Licht auf der Kontrolltafel der Kabine, worauf Caesar den Fahrstuhl im neunzehnten Stock anhielt. Die Türen rumpelten auf, und zwei hübsche Sekretärinnen traten ein. »Wir kommen zu spät, das weiß ich genau, und die warten nie !«, sagte die eine.
    »Die warten schon«, sagte ihre Begleiterin. »Es ist ganz gut, sie mal warten zu lassen.« Der Fahrstuhl fuhr weiter abwärts, und beide Mädchen lachten.
    Im Erdgeschoss angekommen, liefen die Sekretärinnen gleich hinaus. Tom blieb verlegen zurück. Er wollte sagen: Sind Sie wieder nach Rom gegangen? Haben Sie gehört, was aus Maria geworden ist? Stattdessen aber sagte er, und er fand es selbst idiotisch und redete sehr schnell: »Das ist aber nett, Ihnen über den Weg zu laufen, Caesar!

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