Der Mann im Park: Roman (German Edition)
Welt.«
»Vielleicht ist es so, damit wir das Großartige dieser Momente wirklich begreifen«, sagte Stierna. »Vielleicht gibt es deshalb so wenige davon, sind sie so flüchtig.«
»Vielleicht, ja.«
Als sie zurück ins Haus kamen, machten sie Feuer im Kamin, um die feuchte Kälte aus dem Wohnzimmer zu vertreiben. Gemeinsam bereiteten sie das Essen zu. Dorsch, den sie auf dem schwimmenden Fischmarkt am Kornhamnstorg gekauft hatten. Kartoffeln und Dillsoße.
Lange hörten sie Radio. Das landesweite Programm des Senders Motala. Um halb sieben gab es einen Vortrag über die Elch jagd, die gegenwärtig stattfand, obwohl keiner von ihnen besonders interessiert war an der Jagd. Sie hörten dem Orchester Kom och blås zu, einem Blasorchester, das alte und moderne Seemannslieder zwischen acht und zehn vor neun spielte. Dann lauschten sie um Viertel nach neun den Nachrichten, in denen aber nichts über den Mord an Ingrid Bengtsson erwähnt wurde. Zwischen zehn und Mitternacht gab es Tanzmusik von Sphinx. Sie tanzten dazu, und Karolina lobte ihn, wie gut er führte.
Als er das Licht löschte und sich in der Dunkelheit neben sie legte, dachte er nicht länger an die Abteilung für Gewaltverbrechen. Der lange, breite Flur war aus seinem Bewusstsein gewichen. Die Konferenzen, der Sitzungssaal, die Jagd auf einen Mörder. All das war weit weg.
Karolina drehte sich zu ihm um.
»John?«
»Ja?«
»Wir haben es doch richtig schön hier, nicht wahr?«
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
*
Lindberg ging das letzte Stück die Fleminggatan hinauf. Er kam an der Kungsholmener Schule für Volks- und Weiterbildung vorbei, dann war er in Stadshagen und konnte die Lichter der Scheinwerfer des Sportplatzes schon von Weitem sehen. Hier oben war es ziemlich schäbig. Sicher, hier lagen viele Schrebergärten und Naturgrundstücke, aber die Armut aus den vereinzelten Arbeiterbaracken rundherum war nicht zu übersehen. Stadshagen, von vielen immer noch Stockholms Müllhalde genannt.
Lindberg wusste, die Polizei war hier nicht besonders beliebt. Seit vielen Jahren trug er keine Uniform mehr, trotzdem fragte er sich, ob ihn nicht viele auf hundert Meter als Polizist erkannten, ganz gleich, wie er sich kleidete. Es hieß, dass ungewöhnlich viele Kommunisten in Stadshagen wohnten. Ungewöhnlich viele Anarchisten auch. Ein Teil von ihnen hasste die Regierenden, verachtete deren »Lakaien«. Nicht weit von hier, unten am Wasser, lagen die Hornsbergs-Gärten. Dort versammelten sich die Linken zu Massenkundgebungen, es war vorgekommen, dass sich Zehntausende Arbeiter dort drängten, um Zäta Höglund oder Carl Lindhagen zuzuhören. Das war nicht gerade ein guter Platz für die Bourgeoisie, für die Vertreter der staatlichen Hoheit. Eher für die allerärmsten Arbeiter, die Landstreicher.
Lindberg ging an den großen Gebäuden des Sankt-Görans-Krankenhauses vorbei, zum Stadshagener Sportplatz. Auf der anderen Seite der Straße lag die Sankt-Görans-Kapelle.
Lindberg sah auf die Uhr. Es war fast sieben Uhr, Samstag.
Am nächsten Tag hatte er frei, zumindest nach Dienstplan.
Wenige Minuten später trat er durch die Eingangspforte auf den Sportplatz. Junge Männer wärmten sich auf dem Fußballplatz auf, die Laufbahnen waren noch leer. Auf der Rasenfläche dahinter stellten zwei junge Männer die Hochsprunggeräte auf.
Das Café befand sich in einem hellen Holzhaus gleich rechts vom Eingang. Lindberg ging hinein und setzte sich an einen der einfachen Tische. Die Wände waren mit Wimpeln und Mannschaftsfotos übersät. Lindberg schaute sich einige davon an. Fußballmannschaften, aber es gab auch ein paar Gruppenfotos von den Leichtathleten. Er las ein paar Namen. IF Solrosen. IK Framåt.
Hier drinnen standen an die zehn Tische. Außer seinem eigenen war nur noch ein anderer besetzt. An ihm saß ein Mann mit buschigem Schnauzbart und brauner Jacke, er las Zeitung.
Sie waren schon früher hier in Stadshagen gewesen. Nicht er selbst, aber seine Kollegen Rehn, Jonsson und Hultberg. Doch ihre Nachforschungen hatten nichts gebracht, zumindest bis jetzt nicht. Aber noch keiner hatte mit den Leuten hier im Café gesprochen, die doch jeden Tag auf dem Sportplatz waren.
Eine Kellnerin kam heraus. Sie war jung, knapp zwanzig, wenn er schätzen sollte, und hatte braune Augen. Lindberg schien es, als hätte sie etwas Asiatisches an sich, trotz des blonden, gelockten Haars. Er hob die Hand, sie kam zu ihm.
»Was wünschen der Herr?«
»Nur einen
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