Der Mann im Park: Roman (German Edition)
Gesicht hat, das sich besonders hervorhebt, wenn man ihn nicht mehrere Male getroffen hat.«
»Hat er eine lange Nase?«
»Vielleicht … Ich erinnere mich nicht mehr.«
Lindberg dachte an Ingrids Zeichnung.
»Würden Sie ihn wiedererkennen, wenn Sie ihn sehen?«
»Auf jeden Fall, kein Zweifel. Ich habe ihn ja oft genug gesehen.«
»Unterhalten Sie sich normalerweise mit ihm?«
»Nein, normalerweise nicht, aber es ist schon mal vorgekommen.«
»Und wie ist er?«
»Ich weiß nicht … Ein bisschen so, wie er aussieht. Alltäglich. Etwas langweilig.«
»Worüber haben Sie mit ihm gesprochen?«
Kristina Falk machte eine ausholende Geste.
»Das Wetter. Wie das Café läuft. Eigentlich ganz belanglose Dinge. Ich habe nicht viel mit ihm geredet.«
»Hat er gesagt, wie er heißt?«
»Nein.«
»Hat er erzählt, was er arbeitet?«
»Nicht, soweit ich mich erinnern kann.«
Lindberg rührte seinen Kaffee um.
»Hat er gesagt, wo er wohnt?«
»Nein. Und ich habe auch nie gefragt.«
»Das hat Sie nicht interessiert?«
»Nein.«
»Was macht er normalerweise hier im Lokal?«
»Er bestellt einen Kaffee. Er isst nur selten etwas. Und dann raucht er ziemlich viel.«
Lindberg hatte nicht mehr viele Fragen.
»Haben Sie ihn jemals irgendwo anders getroffen als auf dem Sportplatz?«
»Nicht direkt getroffen«, antwortete Kristina Falk. »Ich habe ihn ein paarmal hier in der Gegend gesehen. Auf dem Weg zum Sportplatz oder von ihm kommend, denke ich. Einmal habe ich ihn auch in der Stadt gesehen.«
»Wo in der Stadt?«
»In der Dalagatan, Nähe Odenplan. Es war spät, bestimmt elf, zwölf Uhr nachts. Ich bin vorbeigegangen und habe ihn gesehen, aber er hat mich nicht gesehen. Und ich hatte keine Lust, zu ihm zu gehen und mit ihm zu reden.«
»Was hat er gemacht?«
»Er hat auf die Straßenbahn gewartet. Er war wohl auch aus gewesen. Aber das weiß ich natürlich nicht. Ich glaube, das war irgendwann Anfang des Sommers. Und es wird wohl eine Samstagnacht gewesen sein.«
Dalagatan, dachte Lindberg. Der Mann hat auf die Straßenbahn gewartet. Wohin wollte er?
»War er allein?«
»Ich denke schon. Aber ich bin mir nicht sicher.«
Lindberg lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er dachte ein paar Sekunden lang nach, bevor er fortfuhr.
»Und hier auf dem Sportplatz ist er immer allein gewesen, wenn er gelaufen ist?«
»Ja. Immer.«
*
Gegen zehn Uhr klingelte das Telefon. Stierna war ausgeruht. Er stand bereits im Flur und wollte gerade nach dem roten Regenmantel an der Garderobe greifen, als das Signal die Stille zerriss. Für einen Moment fragte er sich, ob er es einfach ignorieren und wie geplant in den Nieselregen hinausgehen sollte.
Aber nach dem vierten Klingelton nahm er den Hörer ab.
»John Stierna.«
»John. Hier ist Roland.«
Es blieb einige Sekunden still, bevor Lindberg weitersprach.
»John, ich war in Stadshagen. Ich glaube, ich habe ihn gefunden.«
Stierna setzte sich auf seinen alten, ramponierten Holzhocker neben dem Telefon.
»Haben wir ihn? Haben wir einen Namen?«
»Nein, nein.«
Wieder schwieg Lindberg.
»Ich werde dir alles erzählen«, sagte er. »Später … Berner will, dass du in die Stadt zurückkommst.«
»Er will?«
»Berner befiehlt, dass du kommen sollst.«
Das Schiff in die Stadt ging nur eine knappe Stunde später. Dieses Mal stand er allein an Deck. Es war grau, Nieselregen hing in der Luft, aber es war nicht unangenehm draußen. Die Kleidung wurde kaum nass, so fein waren die Tropfen.
Stierna drückte sich den Hut in die Stirn, es war windig, und er fürchtete, er könnte heruntergeweht werden. Er sah den Anleger immer kleiner werden, die Insel verschwinden. Langsam, fast wie im Traum.
58
Lindberg saß an seinem Schreibtisch. Der war nicht aufgeräumt, wie üblich. Lindberg schien mit seinen Gedanken weit weg, sein Blick war in die Ferne gerichtet, abwesend.
»Roland.«
Lindberg zuckte zusammen. Sein Blick war wieder fokussiert und klar.
»Oh, John.«
Stierna setzte sich auf den Besucherstuhl vor Lindbergs Schreibtisch. Er war vom Schiff sofort hierhergekommen, ohne in seinem Arbeitszimmer vorbeizuschauen.
»So, schieß mal los«, forderte er Lindberg auf. »Erzähl von deinem Besuch in Stadshagen.«
Er ließ Lindberg reden. Das meiste hatte er schon am Telefon erfahren, als er noch auf der Insel war, aber ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht zog er immer vor. Wenn er es für notwendig erachtete, warf er eine kurze Frage ein, mehr nicht.
Und Lindberg
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