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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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zwölf schlägt in der Nacht, die nicht mehr weit ist … Ich habe nicht einmal die Kraft, an die Glocken vor meinem Fenster zu denken. Wenn der Kreis sich schließt, wenn das Ganze verjährt ist, wenn er für alle Zeiten frei sein wird. Wenn die Kirchenglocken in der Nacht zwischen dem zweiten und dem dritten September läuten. Mit dumpfen, unerschütterlichen Schlägen. Wenn alles vorüber ist. Aber eigentlich haben sie schon die ganze Zeit geläutet. Unerbittlich. Die Glocken.«

Stockholm 1928
    64
    Der sechsunddreißigste Tag. Er war angebrochen, Montag, der achte Oktober.
    Stierna schaute auf seine Taschenuhr und musste feststellen, dass es bereits elf Uhr war. Sie sollten eigentlich schon draußen sein, in den Straßen von Vasastaden.
    »Stinsen, mit großem oder kleinem S?«
    Stierna zuckte zusammen. Rehn hatte gefragt. Seine Stimme klang belegt, fast als wäre er gerade erst aufgewacht.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Stierna. »Aber ich denke, mit großem S. Er sagte: ›Ein Prost auf den Stinsen, dieses verdammte Schwein.‹ Das hat der Barkeeper vom ›Runan‹ erzählt, Herbert Krohn. Es klingt wie ein Spitzname.«
    »Ein Mann, der Stinsen genannt wird, also eine Abkürzung von Bahnhofsvorsteher?«
    »Kann sein. Wir werden in unseren Archiven nachschauen. Im Register der Spitznamen, vielleicht finden wir da jemanden, der Stinsen genannt wird. Und im Register falscher Identitäten. Ich werde heute noch jemanden dransetzen.«
    »Ich habe nie von einem Ganoven gehört, der Stinsen genannt wurde«, warf Lundby ein, »und warum soll es unbedingt ein Krimineller sein?«
    »Irgendwo müssen wir anfangen«, erklärte Stierna. »Der Mann aus dem ›Runan‹ hat die Worte ›das verdammte Schwein‹ benutzt. Schwein in welcher Beziehung? Ein Krimineller? Und wenn wir ihn nicht in unseren Registern finden, müssen wir woanders suchen. Uns unter den Kollegen im ganzen Land umhören. Mal sehen, was die so haben.«
    »Und wenn wir ihn dort nicht finden, was machen wir dann? Gehen wir zur staatlichen Eisenbahn und suchen Bahnhofsvorsteher in ganz Schweden? Stins, Abkürzung für Stationsinspektor, den Leiter eines größeren Bahnhofs. Und was ist mit den Stationsmeistern? Die werden oft auch Stins genannt, auch wenn das eigentlich nicht stimmt. Sollen wir die auch überprüfen?«
    »Wir müssen suchen«, sagte Stierna, »überall, wo gesucht werden muss.«
    Berner erhob sich von seinem Platz an der Stirnseite des Tisches, setzte sich dann aber wieder.
    »Als du dem Barkeeper die Bilder gezeigt hast … Wie konnte eine Kinderzeichnung den Zeugen so sicher machen?«
    »Ich weiß nicht. Er konnte es selbst nicht erklären. Aber das ist es nicht allein.«
    »Was denn noch?«, fragte Rehn.
    Stierna wich Rehns Blick aus, es fiel ihm schwer, ihm in die Augen zu sehen.
    »Er hat angefangen, Kette zu rauchen. Im August oder September. Ingrid Bengtsson wurde am dritten September tot aufgefunden. Und etwas ist mit dem Mann, wie Herbert Krohn ihn beschrieben hat. Er zieht sich immer mehr zurück. Redet mit niemandem. Bleibt ganz für sich.«
    »Wie der Mann, der in Stadshagen läuft«, sagte Lindberg.
    »Genau«, nickte Stierna. »Das ist derselbe Mann.«
    Sie schwiegen. Stierna konnte hören, wie über ihnen jemand durch den Raum ging, in Berners Wohnung. Vielleicht war es das Hausmädchen, das für Ordnung sorgte. Er dachte an den gestrigen Tag, alles war so schnell gegangen, so vieles war passiert. Sie hatten Glück gehabt, das »Runan« war erst das fünfte Restaurant, das er aufgesucht hatte. Er war die ganze Zeit fest davon überzeugt gewesen, dass der Mörder sich in Vasastaden bewegte, und wenn sie lange genug dort suchten, würden sie ihn finden.
    »Warum weiß niemand etwas von ihm?«, fragte Lindberg. »Weil er nichts von sich erzählt?«
    »Wahrscheinlich«, antwortete Stierna. »Aber ich weiß nicht, ob es nur das ist.«
    »Was soll es noch sein?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob er hier zu Hause ist, in Vasastaden oder in Stadshagen. Ich glaube, eigentlich kommt er woandersher.«
    »Ist er woanders aufgewachsen?«
    »Ich glaube nicht, dass er schon so lange hier wohnt. Und das wäre auch der Grund, warum ihn kaum jemand kennt. Erst dieses Jahr hat er angefangen, in Stadshagen zu laufen. Im ›Runan‹ ist er irgendwann im Februar oder März aufgetaucht. Wo war er vorher?«
    »Woher sollte er denn kommen?«, fragte Rehn. »Wo ist er aufgewachsen?«
    Wieder wurde es still im Raum. Die Geräusche von oben waren nicht

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