Der Mann im Park: Roman (German Edition)
Auch nicht im Register der falschen Identitäten. Die Kollegen draußen im Land waren um Hilfe gebeten worden, von ihnen waren ein paar Tipps gekommen, die sich aber als wertlos erwiesen hatten.
Er ist weg, dachte Weimers, scheint untergetaucht zu sein.
Das Wasser lief ihm am Regenmantel hinunter, doch er merkte das nicht, nicht nach all den Stunden draußen in der Kälte. Bemerkte auch nicht, dass seine Hosenbeine triefnass waren, als er durch das Tor ging.
Weimers betrachtete die verglaste Übersichtstafel mit den Namen der Bewohner der Hagagatan 34. Sie hing links vom Eingang. Er versuchte, sich die Namen zu merken. Fridén. Gustafsson. Alfvén. Fredriksson. Holm.
In der Innentasche lagen die Zeichnungen, feucht und abgegriffen. Er hatte sie sich so oft angeschaut, dass es sinnlos war, sie noch einmal herauszuholen. Wenn er die Augen schloss, konnte er beide deutlich vor sich sehen. Und dennoch holte er Sara Åkerbloms Zeichnung hervor und schaute sie sich an. Die Zeichnung eines Mannes mit hoher Stirn. Er sah aus wie jeder durchschnittliche Mann, dachte Weimers.
Der Polizeibeamte begann ganz oben, hier gab es vier Türen mit unterschiedlichen Namen.
Als Erstes ging er zur Tür ganz links. Sie war braun gestrichen. Unter einem schmalen Briefschlitz befand sich ein längliches Namensschild aus Messing.
Lind, las Weimers, bevor er den Klingelknopf drückte.
Der Mann, der öffnete, trug eine weiße Strickjacke und hatte graues, ordentlich gekämmtes Haar. Weimers schätzte ihn auf ungefähr sechzig oder älter.
Der Beamte erklärte kurz, warum er gekommen war. Mit den gleichen Worten, die er schon den ganzen Tag gesagt hatte. Wie ein müder Schauspieler, der immer den gleichen Dialog aufführte, Abend für Abend.
Der Mann betrachtete die Zeichnung, die Weimers ihm gegeben hatte, lange.
»Vielleicht«, sagte er schließlich.
Wieder ein Vielleicht, dachte Weimers. Er hatte das Wort in den letzten Wochen ein paarmal gehört. Über Männer, die vielleicht der Mann auf den Zeichnungen sein könnten. Männer, die sie bereits überprüft hatten.
»Vielleicht«, wiederholte Weimers, »Sie sagen, Sie könnten vielleicht den Mann auf den Zeichnungen wiedererkennen?«
»Ja, ich weiß nicht … Der sieht einem ähnlich, der hier im Haus wohnt. Eine Treppe weiter unten.«
»Wie heißt er?«
»Das weiß ich nicht.«
Weimers versuchte, sich an die Namen auf der Übersichtstafel unten im Eingang zu erinnern, aber die meisten hatte er bereits vergessen.
»Er ist Untermieter«, fuhr Herr Lind fort. »Bei der Witwe Olsson in der Wohnung unter mir. Sie hat ein Zimmer zu vermieten. Und in dem wohnt seit einer Weile ein Mann. Vielleicht seit einem halben Jahr, ich weiß es nicht so genau.«
»Haben Sie schon mal mit ihm gesprochen?«
»Wir haben uns nur mal gegrüßt, mehr nicht.«
»Wissen Sie, ob er jetzt zu Hause ist?«
»Nein. Aber es ist schon eine Weile her, dass ich ihn gesehen habe.«
Weimers bedankte sich, ging eine Etage tiefer und schaute sich die Türen an. Auch hier gab es vier Wohnungstüren, aber nur an dreien hingen Namensschilder.
Fridén stand auf der Tür ganz links. Olsson auf der ganz rechts, Fredriksson auf einer der Türen direkt vor ihm. Und dann war da noch die Tür ohne Namen.
Weimers klingelte an der Tür, auf deren Schild Olsson stand. Fünfzehn Sekunden wartete er. Nichts passierte. Weimers drückte wieder auf die Türklingel, ohne Erfolg. Schließlich klopfte er mit dem Zeigefinger an die Tür.
Ein paar Sekunden später wurde die Tür geöffnet.
Die Frau in der Türöffnung sah ihn beunruhigt an. Sie trug ein einfaches schwarzes Kleid und ein weißes Kopftuch. Das Haar war grau meliert. Weimers schätzte sie auf fünfundsechzig.
Er hielt ihr seine Dienstmarke hin.
»Wachtmeister Weimers. Ich komme von der Kriminalpolizei.«
Die Frau in der Tür wich einen Schritt zurück.
»Polizei? Warum klopft denn die Polizei an meine Tür?«
Weimers versuchte es mit einem Lächeln.
»Sind Sie allein in der Wohnung?«, fragte er.
»Ja«, antwortete die Frau, »natürlich bin ich allein.«
»Darf ich reinkommen, Frau Olsson?«
Wortlos hielt sie ihm die Tür auf. Er ging hinein und schloss die Tür hinter sich.
In dem kleinen Flur gab es eine Garderobe mit ein paar Bügeln, an der Damenmäntel und Hüte hingen. An einer Wand stand eine grün gestrichene Kommode. Ein Spiegel hing darüber. Gleich rechts vom Flur lag eine große Küche. Weimers registrierte schnell, dass die Wohnung nur ein
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