Der Mann im Park: Roman (German Edition)
gewesen war. Er war ein wenig nervös, obwohl ihm das eigentlich gleichgültig sein könnte.
»Darf ich den Herren die Mäntel abnehmen?«, fragte sie lächelnd.
»Ja, gern«, sagte Stierna und reichte ihr seinen Mantel.
Jonsson nickte. Auch er gab Hut und Mantel ab, nur die Aktentasche behielt er. Stierna wusste, warum, denn er wusste, was sich darin befand.
Der Oberkellner kam auf sie zu, ein junger Mann im Frack. Das Lokal war angesehen. Als Stierna früher schon hier verkehrt hatte, hatte er Prominente gesehen, die er nur aus der Zeitung und dem Theater kannte.
Bis zum Lokal selbst waren es nur wenige Treppenstufen. Der Oberkellner begleitete sie. Im Salon drängten sich zahlreiche Gäste am Tresen. Die beiden Polizeibeamten gesellten sich hinzu. Jeder bestellte einen Whisky. Stierna musste Jonsson dazu überreden, ihm erklären, dass sie nicht auffallen durften. Wasser tat es hier nicht.
Stierna nippte an seinem Glas, schaute sich um. Teilweise war es die übliche Klientel. An einer der langen Tafeln saßen die fei neren Herrschaften. Herren in Frack, Damen in eleganter Abend garderobe. Vielleicht hatten sie vorher Gösta Ekman als Hamlet gesehen, die Vorstellung lief immer vor ausverkauftem Haus.
Und es waren viele junge Leute hier, wie üblich. Herausgeputzt in Anzug und halblangen Kleidern. Am Tresen standen ziemlich viele ältere Herren mit jüngeren Frauen. Der eine und der andere ergraute Schauspieler oder Regisseur mit weiblicher Begleitung, die seine Tochter oder Enkeltochter hätte sein können, es aber definitiv nicht war.
Das Orchester spielte. Es spielte gut, das wusste Stierna noch von früher. An den Tischen beim Orchester saßen einige Frauen. Sie waren grell geschminkt, jung, gut gekleidet. Mit Pelzen, die sie nicht in der Garderobe abgegeben hatten. Geschäftsorientierte Frauen. Prostituierte, das konnte Stierna sofort erkennen. Von der Kärleksbörsen, der Liebesbörse an der Birger Jarlsgatan. Die wussten, dass sie hier Geld verdienen konnten. Aber sie waren auf die Älteren, die Ergrauten erpicht. Fast immer schüttelten sie den Kopf, wenn ein junger Mann zu ihnen trat, der nicht verstand, worum es hier ging, und sie zum Tanzen auffordern wollte. Sie warteten auf einen, von dem sie annahmen, er hätte genug Geld.
Für Stierna war es kein Problem, sie zu erkennen, für Jonsson auch nicht, auch wenn er noch nie hier gewesen war. Aber dafür war er schon häufiger samstagnachts in der Birger Jarlsgatan gewesen.
Weimers betrat den Salon. Svanström, Stark, der Rest der in Zivil gekleideten Beamten, alle in Mänteln, verteilten sich im Salon. Jetzt waren sie zu zehnt hier drinnen. Und Stierna wusste, dass der Ausgang blockiert war. Dass fünfzehn uniformierte Polizisten aus den Revieren von Klara und Östermalm die Straße abgesperrt hatten. Niemand sollte ungesehen davonkommen. Zwei weibliche Polizeibeamte standen zusammen mit zwei Männern von der Sitte bereit. Um die Damen aus der Birger Jarlsgatan zu kontrollieren.
Stierna stellte sich vor das Orchester. Jetzt war er an der Reihe.
Leise gab er dem Orchester zu verstehen, dass es aufhören sollte zu spielen. Dann sagte er mit lauter Stimme: »Wir kommen von der Kriminalpolizei. Das ist eine Routineuntersuchung.«
Es wurde still im Salon, gespenstisch still.
Jonsson öffnete seine Aktentasche. Er legte zwei Listen mit dem Stockholmer Melderegister auf den Bartresen. Eine für Männer, eine für Frauen.
Stierna wusste, einige würden hängen bleiben. Es gab immer ein paar unter den Gästen, die auf der Fahndungsliste standen, einige, die gesperrt waren. Er machte seinen Job, den er in gewisser Weise verabscheute.
Sie würden die Mitgliederlisten überprüfen. Wenn sie nicht stimmten, musste der Klub schließen.
Vor dem »Il Mare« zerriss er seine alte Mitgliedskarte. Zerriss auch die neue, warf sie in einen Papierkorb, als es niemand sah.
Um halb vier war Stierna mit der Papierarbeit fertig. Mit den Protokollen all der Befragungen.
Er ging in diesem merkwürdigen Licht nach Hause, im Grenzland zwischen Nacht und Morgen.
Es dauerte nur wenige Minuten bis zur Pforte in der Parmmätargatan. Obwohl er nicht mehr dorthin gehen musste, schon seit mehreren Jahren nicht mehr, lenkte er immer wieder seinen Schritt dorthin, obwohl er wusste, dass er im Karlbergsvägen 37, Vasastaden wohnte.
Als Karolina fortgegangen war, hatte er sich eine neue Wohnung gesucht. Obwohl er auch in der alten hätte wohnen bleiben können. Aber er hatte
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