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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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Berufene.
    Sie hatten den Pfarrer gewählt, der sie damals getraut hatte. Früher war noch so viel nötig gewesen, um eine Scheidung durchzusetzen: Bigamie, Hurerei, grobe Misshandlung, Ansteckung mit einer Geschlechtskrankheit; man hatte drei Jahre lang getrennt leben müssen und so weiter. Inzwischen genügte es, wenn sich beide Ehepartner einig waren. Und sie waren sich einig gewesen. Wenn sie gehen wollte, dann würde er sie nicht aufhalten. Es hatte keinen Sinn, das zu versuchen.
    Sie hatte ihm gesagt, sie habe das Gefühl, etwas sei gestorben. Es war einerseits seine Besessenheit bei allem, was er tat, in seinem Beruf. Aber ihre Liebe zu ihm war erloschen. Und sie wollte fort. Er selbst hatte nicht viel dazu gesagt. Hatte nur gedacht, dass es nicht viel nützen würde, als sie zu dem Gespräch mit dem Pfarrer gegangen waren. Er war überzeugt davon, dass es ziemlich absurd wäre, wenn ein Pfarrer, jemand, der sie eigentlich gar nicht kannte und der nur seine Pflicht laut den Gesetzesparagrafen tat, ihre Ehe retten könnte. Deshalb waren die Gespräche so sinnlos.
    Vielleicht hatte er dennoch, tief in seinem Innern, geglaubt, sie würde zurückkommen. Obwohl er wusste, dass es vorbei war.
    Stierna erinnerte sich an keine Einzelheiten mehr. Aber was um ihn herum geschehen war, das wusste er noch genau: Was er getan hatte, welche Aufgaben er erledigt, wo er gegessen hatte. Nach dem Gespräch mit dem Pfarrer war ein Monat vergangen, es waren zwei Monate vergangen. Karolina war nicht zurückgekommen.
    Ich habe nicht versucht, sie zurückzugewinnen, dachte Stierna. Vielleicht weil ich wusste, dass es doch sinnlos war. Dass die Liebe erloschen war, zumindest ihre. Weil ich wusste, dass ich mich nicht ändern würde, es wahrscheinlich gar nicht konnte.
    Jetzt bin ich hier. Es ist eine Leere in meiner Seele. Ein Vakuum, das ich mit Sinn zu füllen versuche. Deshalb suche ich nach Ingrid Bengtssons Mörder. Immer noch. Ingrid Bengtsson, die so vieles hätte werden können, die aber nicht einmal neun Jahre alt wurde.
    Manchmal glaube ich, die Einsamkeit ist meine Bestimmung, Karolina hat sie nur unterbrochen. Und mit der Einsamkeit kommt das Bedürfnis, sich an etwas klammern zu wollen. Um einen Sinn zu finden, um nicht in den Abgrund der Sinnlosigkeit gerissen zu werden und in ihm umzukommen.
    Es gab einige nach Karolina, auch wenn das jetzt schon mehrere Jahre her ist. Einige vor ihr. Aber dabei habe ich mich immer einsam gefühlt. Auf eine Art, die ich nicht erklären kann. Nur mit ihr, mit Karolina, habe ich mich nie einsam gefühlt. Nun klammere ich mich an den »Fall Ingrid«. Weil das so falsch war, das war keine zufällige Prügelei um eine Flasche, nein, das war etwas anderes.
    *
    Bei »Kahns« saßen einige Gäste. Der Mann hinter dem Tresen zapfte ein Pils, ohne Stierna nach seinen Wünschen zu fragen.
    Stierna setzte sich mit seinem Glas an den Tisch in der Ecke. Der war frei, wie üblich.
    Der Kommissar trank von seinem Bier, überlegte, ob er sich etwas zu essen bestellen sollte. Doch er verwarf den Gedanken und schlug stattdessen die Zeitung auf. Er hatte die Beilage der Dagens Nyheter vom letzten Sonntag dabei und blätterte zum Kreuzworträtsel.
    Stierna nahm den Bleistift, den er immer in seiner Jackentasche hatte, zusammen mit dem Notizblock. In gewisser Weise war ein Polizist doch immer im Dienst.
    Gelegentlich löste er das Kreuzworträtsel in der Zeitung. Aber er hatte nie die Lösung eingeschickt, wollte nie den Preis gewinnen, der jede Woche ausgelobt wurde.
    Eigentlich löste er gern Kreuzworträtsel, aber im Augenblick war er trotz allem zu unkonzentriert dazu. Er schob die Zeitung beiseite, beschloss, sich doch etwas zu essen zu bestellen. Frikadellen mit gekochten Kartoffeln. Und Preiselbeerkompott. Ein Schnaps dazu. Es könnten auch zwei weiße und noch ein brauner später am Abend werden. Der Schnaps, den man in den Restaurants trinken durfte. In den erlaubten Grenzen – Stierna selbst sorgte schließlich dafür, dass sie eingehalten wurden. In seiner Dienstzeit.
    Der Barkeeper nickte ihm zu, als Stierna den Kopf hob.
    Im Herbst würde er einen runden Geburtstag haben. Vierzig Jahre.
    *
    Am folgenden Abend ging er hinunter nach Norr Mälarstrand, ans Wasser. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, spazieren zu gehen. Er redete sich ein, dass er das brauchte, eine halbe Stunde oder eine Stunde frische Luft halfen ihm, sich besser zu konzentrieren. Früher war er nur selten während der

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