Der Mann im Park: Roman (German Edition)
Erster«, sagte er.
»In Ordnung, Kommissar. Wenn das ein Befehl ist.«
»Das ist ein Befehl.«
Sie schlichen die Treppen hinauf. Stierna als Erster, dann die Uniformierten. Jonsson, Hultberg und Lindberg folgten in ein paar Metern Abstand.
Sie bewegten sich leise bis in den vierten Stock, Gustafssons Tür lag ganz links.
Stierna wandte sich Hauptwachtmeister Svensson zu.
»Such die beiden aus, die die Tür einschlagen«, flüsterte er. »Und die beiden, die mit uns in die Wohnung gehen.«
Svensson flüsterte seinen Männern etwas zu, Stierna konnte nicht hören, was.
Er ging zu den anderen, die nicht mit in die Wohnung gehen sollten. Sagte ihnen, sie sollten draußen warten, falls es Gustafsson gelänge rauszukommen. Auch wenn er überzeugt davon war, dass das nicht passieren würde. Lindberg wollte etwas sagen, aber Stierna winkte ab. Hörte nicht zu.
»Dann los«, sagte Svensson.
Einer der Uniformierten ging mit dem »Mauerbrecher« zur Tür. Stierna stellte sich neben ihn.
Svensson hob langsam die rechte Hand.
»Jetzt«, flüsterte er.
In nur einer Sekunde war die Tür eingeschlagen.
Stierna sprang in die Wohnung, mit gezogenem Revolver. Die drei uniformierten Beamten waren direkt hinter ihm.
Schnell verschaffte der Kommissar sich einen Überblick. Kleidung lag auf dem Boden, dazwischen leere Flaschen. Er stürmte durch einen lang gestreckten Flur in den Raum, von dem er annahm, dass es das Wohnzimmer war.
Sverker Gustafsson hatte es gerade noch geschafft, sich aus dem Ledersessel zu erheben, der vor einem kleinen Holztisch stand, gleich am Fenster. Er versuchte, nach einer Pistole zu greifen, die auf dem Tisch lag.
»Polizei«, schrie Stierna, »auf den Boden!«
Gustafsson streckte sich nach der Waffe.
Stierna war mit wenigen Schritten bei ihm, verpasste ihm eine kurze Rechte aufs Kinn und wich einen Schritt zurück.
Gustafsson fiel zu Boden, riss dabei die Pistole vom Tisch. Stierna ging wieder auf ihn zu, konnte Gustafssons Waffe nicht sehen.
Ein Knall ertönte. Es dauerte eine Weile, bis Stierna den Schmerz registrierte. Er konnte sich nicht mehr aufrecht halten, fiel zu Boden. Der Schmerz im rechten Knie war unerträglich. Er spürte, wie die Wut in ihm aufstieg, unkontrolliert.
Sverker Gustafsson konnte keinen zweiten Schuss abfeuern, die anderen Polizisten waren über ihm.
*
Lindberg konnte sich nur schwer konzentrieren, als er ein Taxi zu seinem Haus in Ålsten nahm. Hultbergs Worte hallten in seinem Kopf wider. Die der uniformierten Polizisten. Des Hauptwachtmeisters Svensson: »Mut, Lindberg, Mut. Scheiße, das habe ich von einem Kriminaler nicht erwartet.«
Lindberg schüttelte ungläubig den Kopf, während er allein auf der Rückbank im Wagen saß.
Stierna war ins Serafimerlasarettet gebracht worden, es war noch unklar, wie es um ihn stand.
Hultbergs Gerede, dass er stolz war, mit Stierna gearbeitet zu haben.
Mut, dachte Lindberg. War es wirklich Mut, den Stierna in der heruntergekommenen Wohnung am Kungsholmstorg gezeigt hatte?
Das Taxi fuhr zur Pontonbrücke, die nach Traneberg führte. Lindberg hoffte, dass kein Schiff passieren wollte, er nicht eine Brückenöffnung abwarten müsste. Er hatte Glück. Oder eher kein Pech, denn es war schon spät und der Schiffsverkehr nur noch spärlich.
Lindberg schaute aus dem Wagenfenster. Zur Rechten sah er die neue Brücke hoch über sich, sie müsste bald eingeweiht werden, Ende August, hieß es. Sie sah gewaltig aus in der Dunkelheit. Lindberg freute sich auf den Tag der Einweihung: keine Brückenöffnungen mehr, keine drängelnden Straßenbahnen, Autos und Omnibusse, die alle die viel zu kleine Pontonbrücke überqueren wollten.
Ein paar Minuten später fuhr der Wagen an Traneberg vorbei. Bald würde er zu Hause sein.
Lindberg wusste, Gleichgültigkeit und Mut, zwei so vollkommen unterschiedliche Worte, lagen doch so nahe beieinander. Sie konnten leicht verwechselt werden. Das hatte er schon häufiger im Dienst erlebt. Bei Kollegen, die keinen Mut mehr brauchten, denen die Gleichgültigkeit genügte. Die so viel stärker war. Der Gedanke machte ihm Angst.
War es Mut, den Stierna in Sverker Gustafssons Wohnung am Kungsholmstorg bewiesen hatte?
Lindberg erreichte sein Haus in Ålsten. Er bezahlte den Taxifahrer, ging über den Gehweg zur Tür. Registrierte, dass der Rasen reichlich gewachsen war, er würde ihn bald mähen müssen.
78
Stierna war allein im Krankenzimmer. Er lag im Bett, zupfte an dem weißen Bettbezug.
Seit
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