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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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drei Tagen lag er jetzt hier. Mit der Einsamkeit waren die Gedanken gekommen. In ganz anderer Form als während seiner Arbeit.
    Stierna setzte sich auf. Er beugte sich zum Nachttisch mit der silberfarbenen Metalllampe. Er griff nach dem Tagebuch, das dort lag, entschied sich dann aber doch anders und legte es wieder hin. Er hatte eine Krankenschwester gebeten, es ihm zu kaufen. Sie war in ein Papierwarengeschäft in der Fleminggatan gegangen und hatte einige Stifte und ein schönes Tagebuch mit blauem Umschlag und Goldbuchstaben gekauft. Ja, sie kümmerten sich gut um ihre Patienten, hier im Serafimerlasarettet. Vielleicht auch nur besonders um seine Person.
    Er hatte das starke Bedürfnis verspürt zu schreiben, er wusste selbst nicht, woher das kam, warum gerade jetzt. Früher, das war nun über zehn Jahre her, da war er einmal gefragt worden, ob er Tagebuch schreibe. Und er hatte geantwortet, das sei nichts für ihn.
    Wenn er die Augen schloss, dachte er an Karolina. Und das tat er oft hier im Krankenhaus.
    Er dachte an den Tag, als er sie das erste Mal getroffen hatte. Das war jetzt schon viele Jahre her. Er war auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Mutter die Straßen von Söders entlanggewandert und hatte dort einen kleinen Kleiderladen am Götgatsbacken entdeckt, der ihm gefiel. Seine Mutter legte viel Wert auf Kleidung, und er wusste ungefähr, welche Größe sie hatte.
    Karolina hatte hinter dem Tresen gestanden. Es war, als hätte sie ihn sofort für sich eingenommen.
    Lange Zeit hatte er immer neue Ausreden gesucht, um den Laden zu besuchen oder zumindest dort vorbeizugehen, fast wie ein schüchterner Schuljunge. Allein sie zu sehen konnte seinen Tag retten. Und der Laden, in dem Karolina arbeitete, verkaufte auch Herrenbekleidung, deshalb konnte er ab und zu mit einer guten Begründung hineingehen.
    Der Abend im »Atlantis« war erst viel später.
    Vor zwei Tagen hatte der Arzt mit ihm gesprochen, irgendwann am frühen Morgen, als er nach der Operation immer noch etwas benebelt gewesen war. Aber dennoch konnte er sich an die Worte erinnern. Die Kugel war herausoperiert, sie hatte die Außenseite des Kniegelenks getroffen, direkt unterhalb des Gelenks, am oberen Ende des Wadenbeins. Sie hatte den Muskel zerrissen, der den Unterschenkel beugte.
    Lindberg kam gegen sieben Uhr. Er hatte eine Schachtel Schokolade und ein paar Zeitungen dabei.
    »Habt ihr ihn?«, fragte Stierna, als Lindberg sich auf den Besucherstuhl gesetzt hatte.
    Lindberg sah sich im Krankenzimmer um.
    »Wird sich gut um dich gekümmert?«, fragte er.
    Stierna setzte sich weiter auf.
    »Habt ihr Gustafsson dingfest gemacht?«
    Lindberg sah ihn an.
    »Wir haben ihn. Es ist aus für ihn. Er hat keine Chance. Mordversuch an einem Polizeibeamten. Schwere Misshandlung. Der bleibt weggesperrt, wird auf Långholmen verrotten.«
    Stierna dachte an die Routinen im Krankenhaus, die schon seine eigenen geworden waren. Obwohl er doch erst seit drei Tagen hier war. Der Gang in den Gemeinschaftsraum nach dem Frühstück. Dagens Nyheter oder Stockholms Tidningen auf einem der abgewetzten Holztische. Manchmal auch Aftonbladet . Dann zurück ins Bett. Mittags: zwei Alternativen, Fisch oder Fleisch. Abends Besuch, nach der Arbeitszeit. Seine Eltern waren auch hier gewesen. Sie hatten Zeitungen mitgebracht, in denen über das Drama am Kungsholmstorg geschrieben worden war, aber er hatte das schon vorher gelesen. Erik, Maud und ihre neunjährige Tochter, der er nie das Buch von Pu dem Bär geschenkt hatte. Dann Abendessen. Zwei Alternativen. Immer zwei, nie mehr. Damit es nicht zu kompliziert wurde.
    »Was ist mit der Frau?«, fragte Stierna. »Die Frau, die von Gustafsson misshandelt wurde?«
    »Sie hat überlebt«, sagte Lindberg. »Der Nachbar auch. Sie werden keine bleibenden Schäden davontragen.«
    Wirklich?, dachte Stierna, werden sie wirklich keine bleibenden Schäden davontragen?
    Nachdem Lindberg gegangen war, nahm er wieder das Tagebuch und den Bleistift zur Hand und schrieb ein paar kurze Sätze.
    »Der Arzt sagt, das Knie wird nie wieder so, wie es war. Ich werde nie wieder richtig laufen können. Ich werde für den Rest meines Lebens einen Stock brauchen.«

Visby 1953
    79
    Als Grönwall den Speisesaal des »Rosengården« betrat, war er voller Gäste. Stierna saß bereits an einem Tisch am Fenster. Der Journalist war pünktlich, genau wie er. Das war eine Arbeit, bei der man pünktlich sein musste.
    »Bitte, setzen Sie sich«,

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