Der Mann im Park: Roman (German Edition)
vorbeigegangen und war schon fast da. Am Park. Sie ist immer durch den Park gegangen. Und dann … Dann war sie ja schon fast am Sankt Eriksplan.«
»Und sie ist allein gegangen?«
»Ja, das ist ja … Das dauert nur ein paar Minuten. Sie hat das früher schon gemacht. Ihre Freundin wohnt doch so nahe … Wenn ich mitgegangen wäre …«
Stierna erinnerte sich, wie Maria Bengtssons Stimme brüchig wurde. Er hatte nicht gewusst, was er zum Trost hätte sagen sollen. Denn in dem, was sie sagte, lag ja viel Wahrheit. Wenn sie mitgegangen wäre, wäre ihre Tochter höchstwahrscheinlich noch am Leben.
»Mir ist klar, wie schwer das für Sie ist, Fräulein Bengtsson. Aber das, was passiert ist, das ist nicht … Das ist nicht Ihre Schuld. Ist Ingrid bei ihrer Freundin gewesen? Hat sie die Hausaufgaben abgeholt?«
»Ja. Ich habe dort um Viertel vor zehn angerufen. Da war Ingrid schon seit fast anderthalb Stunden fort. Und die Mutter sagte mir, dass sie gleich wieder nach Hause hatte gehen wollen. Aber ich dachte natürlich, dass sie noch ein bisschen dortgeblieben war. Die beiden sind ja so gute Freundinnen … Um zehn hätte sie aber zu Bett gehen sollen. Ja, ich fing langsam an, mich zu wundern.«
»Und als Sie bei den Eltern von Ingrids Freundin angerufen haben, was haben die da gesagt?«
»Dass Ingrid dort gewesen war, aber schon vor einer Dreiviertelstunde wieder gegangen war. Da wurde ich unruhig. Denn so etwas hatte Ingrid noch nie gemacht. Sie ist noch nie irgendwohin gegangen, ohne mir Bescheid zu sagen. Sie weiß, wie unruhig ich dann werde.«
»Und dann haben Sie nach ihr gesucht?«
»Ja … eigentlich sofort. Oder … vorher habe ich noch bei einigen ihrer Freundinnen angerufen, aber niemand hatte sie gesehen. Es haben ja auch nicht alle Telefon. Und dann bin ich losgegangen, um sie zu suchen.«
»Wohin sind Sie gegangen?«
»Zuerst zum Vasapark. Da gibt es zwei Spielplätze, und Ingrid schaukelt so gern. Aber sie war nicht dort. Beide Spielplätze waren menschenleer.«
»Waren überhaupt Leute im Park?«
»Nicht viele.«
»Haben Sie mit jemandem gesprochen?«
»Ich habe einen Mann mit Hund gefragt, ob er Ingrid gesehen hätte. Aber er verneinte. Und dann war da noch ein junges Paar. Am Wasser, an dem Teich da. Aber die hatten sie auch nicht gesehen.«
»Und wohin sind Sie dann gegangen?«
»Ich bin einfach nur herumgelaufen. Ich habe wohl mehr als eine Stunde nach ihr gesucht. Aber ich habe sie nicht gefunden. Ich …«
Maria Bengtsson war verstummt, hatte in ihre Kaffeetasse geschaut und darin herumgerührt. Doch sie hatte nichts getrunken.
»Wohin sind Sie gegangen, nachdem Sie im Vasapark gewesen waren?«
»Ja, wohin bin ich gegangen? Ich bin durch die Straßen gelaufen. Aber irgendwie habe ich gar nicht richtig registriert, was ich getan habe. Ich war so unruhig. Schließlich bin ich zum Hagapark gegangen. Warum, weiß ich nicht. Ingrid ist da nie hingegangen. Aber … Was sollte ich denn tun? Ja, ich bin dann auch noch bei einigen ihrer Klassenkameraden vorbeigegangen. Und habe an den Türen geklingelt. Bei denen, die nicht weit weg wohnen. Aber niemand hatte sie gesehen.«
»Und was haben Sie dann getan? Nachdem Sie im Hagapark waren?«
»Ich bin nach Hause gegangen. Und dann zur Polizei.«
»Und da war es also ungefähr elf Uhr?«
»Ja. Ziemlich genau, denke ich. Ich habe ihnen ein Foto gegeben und mit einem Beamten reden können. Die haben mir gesagt, dass sie sofort die Suche nach ihr aufnehmen wollten. Und dann haben sie gesagt, sie würden auch die Vermisstenstelle im Polizeihauptgebäude einschalten.«
»Das ist Vorschrift, wenn ein Kind verschwindet. Und was haben Sie anschließend gemacht?«
»Ich … ich bin nach Hause gegangen. Habe versucht, mich zu beruhigen, eine Viertelstunde lang, vielleicht auch länger. Dann habe ich wieder bei ihren Schulfreunden angerufen. Bei denen, von denen ich die Namen kenne und weiß, wo sie wohnen. Die Telefon haben. Auch wenn es schon spät war und viele bereits im Bett lagen. Aber ich war so verzweifelt … Niemand hatte sie gesehen. Und … ja, ich habe gewartet. Es erschien mir wie eine Ewigkeit.«
Stierna wusste, dass die Beamten sofort mit ihrer Arbeit begonnen hatten. Ziemlich viele Schutzleute waren in der Nacht nach Ingrid Bengtssons Verschwinden Patrouille gegangen in den Straßen von Vasastaden, Norrmalm und auf Kungsholmen. Doch es hatte nichts gebracht.
Stierna blätterte einige Seiten zurück in seinem Hotelzimmer in
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