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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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treffen. In gewisser Weise freute er sich darauf. Vielleicht brauchte ja auch er jemanden, mit dem er reden konnte, und da war ein Fremder genau der Richtige.
    Als er zurück zum »Rosengården« kam, war alles wie immer. Leer und still. Das ganze Viertel, in dem das Wirtshaus lag, erschien ihm wie ein Vakuum, irgendwie von der umgebenden Stadt isoliert. Selbst die Geräusche waren hier gedämpfter als sonst im Ort. Die Schritte, das Vogelgezwitscher, ja sogar die Glocke des Doms.
    Sankta Maria lag im Zentrum, in einem Viereck, das von drei kleinen Straßen mit Steinhäusern und einem Steilhang hinter der Kirche gebildet wurde.
    Am Abend nahm Stierna die Akten aus seiner Reisetasche. Er hatte vor ein paar Wochen einen Teil des Materials um den »Fall Ingrid« kopiert. Eigentlich war das sinnlos, denn die Ermittlungen waren schon vor langer Zeit abgeschlossen wor den. Aber er wusste genau, warum er die Akten mitgenommen hatte. Also las er sie, die langweilig geschriebenen Aktennotizen, die sich doch schon seit Langem auch so in sein Bewusstsein eingeätzt hatten.
    *
    Er hatte die Vernehmungsprotokolle mit Maria Bengtsson so oft gelesen, dass er sich so gut wie an jedes einzelne Wort erinnerte.
    Ingrids Mutter hatte sehr klar und gewissenhaft geschildert, was sie und ihre Tochter an diesem Sonntag, dem letzten in Ingrids Leben, getan hatten. Doch Stierna erinnerte sich auch, wie ihr die Worte im Hals stecken blieben. Wie sie die ganze Zeit gegen die Trauer und den Schock ankämpfte.
    Die beiden waren gegen neun Uhr aufgestanden und hatten gefrühstückt. Ingrid hatte ein Ei gegessen, Brot mit Käse und einen Apfel. Dazu hatte sie ein Glas Milch getrunken. Nach dem Frühstück waren Ingrid und Maria Bengtsson zum Schloss Karlberg gegangen und hatten Vögel gefüttert. Dort waren sie ein paar Stunden geblieben. Am Kanal hatten sie eine von Ingrids Klassenkameradinnen mit ihren Eltern getroffen. Die Erwachsenen hatten sich unterhalten, die Mädchen gespielt.
    Anschließend waren sie mit dem Taxi zu Maria Bengtssons Eltern nach Sundbyberg gefahren. Der Vater hatte Geburtstag gehabt, fast die ganze Familie war gekommen. Es gab Frikadellen und Bratwurst, Hering, Kartoffelgratin und Salat. Und zum Nachtisch Apfeltorte. Ingrid hatte alles bis auf den Hering gegessen. Gegen acht Uhr waren sie am Abend wieder in der Upplandsgatan gewesen.
    Stierna erinnerte sich daran, wie sie in seinem Büro gesessen hatten. Ein junger Schutzmann, Axel Jonsson, hatte den langen Bericht aufgeschrieben. Genau und gewissenhaft, wie immer, wenn Jonsson Protokoll führte.
    Stierna schloss die Augen. Er sah sein altes Dienstzimmer bei der Kriminalpolizei vor sich. Sah Jonsson. Sah sich selbst. Sah Maria Bengtsson. Er hörte die Fragen und die Antworten, auch wenn sie nicht genau so gesagt worden waren.
    »Sie haben also Ihre Tochter um elf Uhr abends als vermisst gemeldet.«
    »Ja, ungefähr. Ich bin zum Polizeirevier in der Kammakargatan gegangen.«
    »Lassen Sie uns etwas in der Zeit zurückgehen. Was haben Sie gemacht, nachdem Sie von Ihren Eltern zurückgekommen waren?«
    »Ingrid war nur eine halbe Stunde in der Wohnung. Sie war in der Woche davor krank gewesen und hatte in der Schule gefehlt, deshalb … Sie hatte einiges aufzuholen. Also wollte sie schnell zu einer Freundin laufen, die am Sankt Eriksplan wohnt, und sich erkundigen … Die Kinder kriegen jede Woche Buchstaben auf, die sie lernen sollen. Die Schule ist wichtig für sie. Ingrid hatte die letzten Aufgaben nicht mitgekriegt … Sie sollten erst am Dienstag abgefragt werden, aber sie wollte sie nicht erst am letzten Tag wissen. Wollte ein bisschen mehr Zeit dafür haben, um sich besser vorbereiten zu können. Vielleicht noch ein bisschen lesen üben, bevor sie ins Bett ging.«
    »Wie heißt die Familie?«
    »Ekström. Das Mädchen heißt Anna.«
    »Und wo wohnen sie?«
    »Am Sankt Eriksplan. Nummer 15.«
    »Haben sie Telefon?«
    Stierna erinnerte sich auch an die kurze Unterbrechung, als Maria Bengtsson mit zitternden Händen nach einem Telefonbüchlein in ihrer Handtasche suchte.
    »Hier. Telefon Vasa 47 89.«
    »Danke. Dann hat Ingrid also gegen halb neun die Wohnung verlassen?«
    »Ja, ich denke schon. So ungefähr.«
    »Und welchen Weg ist sie üblicherweise gegangen?«
    »Zu Anna?«
    »Ja.«
    »Meistens ist sie die Upplandsgatan hinuntergegangen und dann in die Rådmansgatan. Der ist sie gefolgt, bis sie in die Dalagatan eingebogen ist. Dann ist sie wohl am Sabbatsberg

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