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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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ihre Lippen anmalte, wie sie ein paar Tropfen Parfüm hinters Ohr tupfte. Er spürte eine fast überwältigende Sehnsucht, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen. Doch er blieb sitzen. Jetzt war keine Zeit dafür.
    Karolina zog sich an. Langsam und konzentriert. Ohne Hast.
    Manchmal war es schöner, wenn sie gemeinsam schwiegen, als wenn sie miteinander sprachen.

41
    Er saß seit über einer Stunde auf der Parkbank vor John Stiernas Wohnung in der Parmmätargatan, hatte das Svenska Dagbladet komplett durchgelesen. Da kam die Frau durch die Pforte, die er vor ein paar Tagen abends zusammen mit dem Kommissar gesehen hatte.
    Eine schöne Frau, dachte er. Schön auf eine ganz spezielle, persönliche Art. So eine Frau, die nie in meine Richtung sehen würde.
    Er schlug den Mantelkragen hoch, folgte der Frau mit dem Blick. Sie ging zum Kungsholmstorg.
    John Stierna, dachte er. Hätte ich werden können wie er?
    Er hatte den Kommissar jetzt einige Male auf Fotos gesehen. Ein Mann mit einer gewissen Eleganz, wobei schwer zu sagen war, worin diese Eleganz eigentlich lag. Als er Stierna im Radio hatte reden hören, sprach da ein Mann mit selbstverständlicher Autorität. Und diese selbstverständliche Autorität ärgerte ihn.
    John Stierna wurde langsam berühmt, zumindest kannten ihn immer mehr Schweden. Was, um alles in der Welt, hatte Stierna, was er nicht hatte? Und was hatte ihn selbst zu einer Schattengestalt am Rand der Gesellschaft gemacht? Zwei Männer, denen bereits bei ihrer Geburt ein vollkommen unterschiedliches Schicksal beschieden worden war. Jedenfalls war von Anfang an vorbestimmt, dass er scheitern würde.
    Plötzlich spürte er einen Hass, einen Hass, der nicht wieder verschwinden wollte.
    Er schob die Zeitung in die Manteltasche, griff nach seiner Tasche und stand auf. Die Frau ging zur Straßenbahnhaltestelle an der Hantverkargatan, er folgte ihr. Schnell ging sie, und ihr Verfolger konnte sie problemlos in einiger Entfernung beschatten.
    Sie sah aus, als lebte sie bewusst in der neuen Zeit, sie gehörte zu denen, die sich zu zeigen wagten, seit die Frauen vor sieben Jahren auch das Wahlrecht bekommen hatten. Sie ging mit der Mode. Das Kleid war kurz, es endete unterhalb des Knies. Das blonde Haar war kurz geschnitten, es reichte kaum bis zu den Schultern. Gleichzeitig war sie elegant in ihrem dunklen Mantel mit dem breiten Kragen. Der runde Hut mit der schmalen Krempe sah teuer aus.
    Er versuchte, ebenfalls mit der Mode zu gehen, aber die Herrenmode veränderte sich ja nicht so offensichtlich. Es waren die Frauen, die einen Schritt nach vorn gemacht hatten.
    Er selbst war korrekt gekleidet, wie immer. Schwarzer Mantel, zu dem dunklen Anzug eine dunkle Fliege. Dieses Mal hatte er sich für den schwarzen Hut entschieden, statt wie meistens für den braunen.
    Sie blieb an der Haltestelle stehen. Es war mitten am Tag, nur wenige Menschen waren auf der Straße unterwegs, und er fragte sich, was sie vorhatte.
    Er stellte sich auch an die Haltestelle, in einigem Abstand von ihr. Machte einen uninteressierten Eindruck, während er sie heimlich aus dem Augenwinkel beobachtete. Es schien, als würde sie lächeln, geistesabwesend. Sie sah glücklich aus.
    Die Straßenbahn der Linie vier kam. Die Frau und er waren die Einzigen, die an der Haltestelle warteten.
    Sie stieg zuerst ein. Er wartete einen Moment, dann folgte er ihr.
    Er bezahlte beim Schaffner, fünfzehn Öre für eine einfache Fahrt ohne Umsteigen.
    Es waren nicht viele Fahrgäste im Wagen. Er setzte sich gleich hinter den Fahrer, las weiter in seiner Zeitung, schielte hin und wieder zu der Frau hinüber. Hatte sie immer im Blick.
    Sie stieg in der Ragvaldsgatan aus, er folgte.
    Wieder ging sie ziemlich schnell, als wäre sie verspätet, hätte es eilig.
    Sie kamen an den Baracken in der Götgatan vorbei. Passierten die Notunterkünfte aus dem Krieg. Ihm gefiel dieser Stadtteil nicht, er mochte es nicht, wie sich hier Slum und gut situierte Geschäfte vermischten.
    Sie betrat ein Kleidergeschäft am Götgatsbacken. Durch das Schaufenster konnte er sehen, wie sie mit einer älteren Frau sprach, dann hinter einem Vorhang hinter dem Tresen verschwand. Er begriff: Sie arbeitete hier.
    Eine Weile blieb er auf der Straße stehen, tat, als wartete er auf jemanden. Er sah sie einige Kunden bedienen. Eine Frau mittleren Alters kaufte ein langes schwarzes Kleid, ein älterer Mann kam mit einem grauen Mantel wieder heraus, und eine junge Frau entschied sich für

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