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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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zurückgekommen?, fragte Stierna sich erneut. Warum wollte er unbedingt Sandquists Wagen stehlen?
    »Und den Fingerabdruck haben wir nicht in unserer Kartei?«
    »Nein«, bestätigte Högstedt, »wie ich schon gesagt habe, als wir über die Einkaufsliste gesprochen haben, wir haben ihn nicht.«
    Dann suche ich jemanden, der nicht vorbestraft ist, dachte Stierna, kratzte sich an der Nase und atmete tief ein, bis in die Lungenspitzen.

45
    Karolina ging die Bergsgatan entlang. Es war Samstag, sie war allein, John arbeitete. Erst vor ein paar Tagen hatte er ihr versichert, dass er am Samstag freihaben würde, dass sie ins Café »Grå Katten« gehen und dort ein spätes Frühstück einnehmen wollten, wie sie es ab und zu gern taten. Doch daraus war nichts geworden, die Arbeit hatte die Pläne zunichtegemacht, wieder einmal.
    Er hatte gesagt, er werde zum Essen nach Hause kommen, aber sicher konnte sie dessen nicht sein. Das hatte er im letzten Monat häufiger gesagt, und dann war es immer wieder vorgekommen, dass er kurz vorher angerufen hatte, um ihr mitzuteilen, dass er es nicht schaffen würde, und sie solle nicht aufbleiben und auf ihn warten.
    Sie spürte eine Unruhe, die sie nur schwer benennen konnte, die im Laufe des Herbsts gewachsen war. Die Unsicherheit der Liebe statt der Selbstverständlichkeit der Liebe. Sie war sich nicht mehr sicher, welchen Platz sie in seinem Leben einnahm. Was sie wiederum verunsicherte, zweifeln ließ.
    Er war so oft fort. Manchmal fragte sie sich, ob er eine andere hatte.
    Karolina betrat den Schlachterladen in der Hantverkargatan, hier kauften sie immer ein, heute kaufte sie Koteletts. Kartoffeln hatte sie zu Hause, sie wollte ein Kartoffelgratin machen, was er so gern aß. Sie bezahlte und verließ den Laden.
    Am Tag zuvor hatte sie in der Spirituosenhandlung am Kungsholmstorg eine Flasche Cognac gekauft. Das war kein Problem gewesen, in ihrem Einkaufsbuch war im letzten Vierteljahr kein Einkauf verzeichnet gewesen. Und wenn sie schon einmal dabei war, hatte sie auch gleich eine Flasche Rotwein gekauft in der Hoffnung, sie am heutigen Abend teilen zu können. Vielleicht würden sie die Sterne betrachten, über alles reden, was so um sie herum geschah. Jeder ein Glas Cognac trinken. Manchmal erzählte er ihr von seiner Arbeit, doch meistens zierte er sich. Als wollte er nicht, dass sie zu viel davon erfuhr, wollte ihr ersparen, von all dem zu hören, was er so zu sehen bekam. Aber sie wollte Anteil an seinem Leben haben, wollte, dass er erzählte.
    Jetzt waren John und sie mehr als zwei Jahre verheiratet, aber es war nicht der Tag, an dem sie sich in der Kirche das Jawort gegeben hatten, der ihr am lebendigsten in Erinnerung geblieben war, es war der Tag ihrer Verlobung. Sie waren zu zweit draußen auf der Insel in den Schären gewesen, auf der sie alle ihre Sommer bis dahin verbracht hatte. Ihre Eltern waren nicht dort gewesen. Auch die beiden Schwestern und ihr großer Bruder nicht.
    In der Woche, die sie dort gemeinsam verbracht hatten, unternahmen sie nicht besonders viel. Ließen den Dingen einfach ihren Lauf, nahmen die Tage, wie sie kamen.
    John hatte bis zum letzten Tag mit seiner Frage gewartet, bis zum letzten Tag, bevor er wieder in die Abteilung für Gewaltverbrechen zurückkehren musste. Vielleicht war er nervös gewesen, er, der doch nie den Anschein erweckte. Sie hatten auf den Felsen gesessen und übers Meer geschaut. Er war unsicher gewesen, nicht so entschlossen, wie sie ihn oft erlebt hatte. Ihr gefiel diese Unsicherheit, ihr gefielen die Kontraste, die er ihr bot. Der Ring war aus Gold gewesen, einfach und geschmackvoll, nicht zu protzig. Ihr erschien er perfekt zu sein. Als er fragte: »Willst du dich mit mir verloben, Karolina?«, hatte seine Stimme gezittert, nur leicht, aber sie hatte gezittert. Sie hatte keine Bedenkzeit benötigt für ihre Antwort: Ja. Im Nachhinein dachte sie, dass das die beste Woche ihres Lebens gewesen war.
    Der September neigte sich seinem Ende zu, und es war schon ziemlich kühl geworden. Karolina knöpfte auch den obersten Knopf ihres schwarzen Mantels zu und hielt die Einkaufstasche umklammert. Sie spürte, dass sie eine Pause brauchte, für eine Weile zu Atem kommen musste, nur für sich. Einen Moment lang überlegte sie, ganz bis zum »Grå Katten« am Sankt Eriksplan zu gehen, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Dort wollte sie mit John hingehen, das war ihr gemeinsames Café, dort wollte sie nicht allein sitzen und ihren

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