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Der Mann mit dem goldenen Colt

Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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unter die übrigen mischte. Er nahm an, daß kein anderer Mann im Raum sich Scaramanga mit soviel Autorität hätte vorknöpfen können, und er registrierte viele schnelle Blicke in Richtung des abseits stehenden Paares. Nach Bonds Dafürhalten war das entweder die Mafia oder der KGB. Wahrscheinlich wußten es nicht einmal die anderen fünf genau, aber sie konnten wohl den geheimen Geruch der »Organisation« spüren, den Mr. Hendriks so stark ausströmte.
    Das Mittagessen wurde angekündigt.
    Der japanische Oberkellner schwebte zwischen zwei reichgedeckten Tafeln umher. Die Plätze waren durch Karten bezeichnet.
    Am Kopfende des einen Tisches war Scaramanga Gastgeber, Bond saß am Kopfende des andern zwischen Mr. Paradise und Mr. Rotkopf.
    Wie er erwartet hatte, war Mr. Paradise der wertvollere von den beiden, und während sie den üblichen Garnelencocktail, das Steak und den Fruchtsalat der amerikanisierten Auslandshotels hinter sich brachten, diskutierte Bond fröhlich über die Chancen beim Roulette, wenn es eine oder zwei Zeros gibt.
    Mr. Rotkopfs einziger Beitrag war, daß er mit vollem Mund erzählte, er habe einmal im Black-Cat-Kasino in Miami drei Zeros probiert, aber das Experiment sei danebengegangen. Mr. Paradise meinte, das habe so kommen müssen.
    »Du mußt die Trottel auch mal gewinnen lassen, Ruby, sonst kommen sie nicht wieder. Sicher, du kannst ihnen den Saft ausquetschen, aber du mußt ihnen die Kerne lassen. Wie bei meinen Münzmaschinen. Ich sag den Kunden immer, seid nicht zu gierig. Stellt sie nicht auf dreißig Prozent fürs Haus, stellt sie auf zwanzig. Hast du je gehört, daß Mr. J. B. Morgan einen Reingewinn von zwanzig Prozent abgelehnt hat? Verdammt, nein! Warum also gescheiter sein wollen als solche Leute?«
    Mr. Rotkopf sagte säuerlich: »Man muß schon große Gewinne machen, damit man gegen ein solches Dreckgeschäft wie das hier einen Ausgleich hat.« Er winkte mit der Hand. »Wenn du mich fragst«, - er spießte ein Stück Steak auf die Gabel - »so ißt du gerade jetzt das einzige Geld, das du je aus diesem Laden rausquetschen wirst.«
    Mr. Paradise lehnte sich über den Tisch und sagte leise: »Weißt du etwas?«
    Mr. Rotkopf erklärte: »Ich habe meinen Geldleuten immer gesagt, das verdammte Projekt geht vor die Hunde. Die verdammten Narren wollten nicht hören. Schau nur, wie weit wir jetzt nach drei Jahren sind: die zweite Hypothek fast aufgebraucht, und erst einen Stock hoch. Meine Meinung ist . . .«
    Die Diskussion verstieg sich ins Reich der Hochfinanz.
    Am Tisch nebenan wurde so gut wie überhaupt nicht gesprochen. Scaramanga war kein Freund vieler Worte. Für gesellschaftliche Gelegenheiten hatte er offenbar keine bereit. Mr. Hendriks strömte ein penetrantes Schweigen aus. Die drei Gangster brummten gelegentlich einen Satz vor sich hin, den niemand anhörte.
    James Bond fragte sich, wie Scaramanga diese wenig versprechende Gesellschaft dazu hinreißen wollte, »sich wirklich gut zu unterhalten«.
    Das Mittagessen war zu Ende, und die Leute suchten ihre Zimmer auf.
    Bond ging zur Hinterseite des Hotels und fand eine weggeworfene Schindel auf einem Abfallhaufen.
    Die Nachmittagssonne war glühend heiß, aber vom Meer blies der Doktorwind herein.
    Er ging, den Strand entlang, nahm Jacke und Krawatte ab, setzte sich in den Schatten eines Seetraubenbusches und sah den Winkerkrabben zu, wie sie im Sand herumwühlten, während er aus einem Stück Jamaikazeder kunstvoll zwei dicke Keile schnitzte. Dann sah er auf die Uhr. Höchste Zeit - 15.30 Uhr.
    Er ging in sein Zimmer und nahm eine kalte Dusche, probierte, ob die Zedernkeile ihren Zweck erfüllen würden, und ging den Gang hinunter zum Vestibül.
    Der Geschäftsführer mit dem netten Anzug und dem netten Gesicht kam
    hinter dem Empfangstisch hervor. »Äh, Mr. Hazard.«
    »Ja.«
    »Ich glaube, Sie kennen meinen Assistenten, Mr. Travis, noch nicht.«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Würden Sie bitte einen Augenblick zu ihm ins Büro gehen?«
    »Vielleicht später. In ein paar Minuten beginnt diese Konferenz.«
    Der nette Mann kam einen Schritt näher.
    Er sagte ruhig: »Er wünscht ganz besonders, Sie kennenzulernen, Mr. . . . äh . . . Bond.«
    Bond fluchte innerlich. Immer wieder passierte das in diesem Geschäft.
    Bond sah den Mann mit dem Blick des Erkennens an, der zwischen Verbrechern, zwischen Homosexuellen, zwischen Geheimagenten besteht. Es ist der Blick von Männern, die durch ein Geheimnis, durch gemeinsame

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