Der Mann mit dem roten Zylinder
liebsten würde Fredrik sich in ein Mauseloch verkriechen. Verdammte Situation, in die er sich da gebracht hat.
Warum regt sich der alte Herr nur so auf? Was will er von mir? Was soll ich tun?
Diese Fragen gehen ihm durch den Kopf.
Zwei Schritte vor Fredrik bleibt der Brasilianer regungslos stehen und betrachtet ihn.
„Von einem Detektivbüro kommen Sie?“ fragt er mit flatternder Stimme und mühsam unterdrückter Erregung. „Und über den Mann mit dem roten Zylinder wollen Sie sich erkundigen. Sosososo.“
Fredrik kann nur nicken. Zu jeder anderen Reaktion ist er nicht imstande. Er denkt daran, daß die Südamerikaner unberechenbar und temperamentvoll sein sollen und gleich ein Messer zur Hand haben. Ängstlich tasten sich seine Augen zu Feruzzas Händen hinunter. Aber noch hat dieser nur einen Stock in der Hand, während sich die zweite Hand immer wieder zur Faust ballt.
„Ich will Ihnen etwas über diesen sonderbaren Herrn erzählen“, fährt Señor Feruzza plötzlich fort, und Fredrik reißt überrascht die Augen auf. Also doch, durchfährt es ihn, und er folgt Feruzza mit den Blicken.
Rodrigo Feruzza ist im Badezimmer verschwunden, während die Señora noch immer bewegungslos auf dem gleichen Fleck verharrt.
Fredrik hört Wasser laufen.
Und dann sieht er Feruzza zurückkommen.
Sich schwer auf den Stock stützend, trägt er in der anderen Hand einen hellblauen Plastikeimer.
Die Señora ruft etwas auf spanisch, das Fredrik nicht versteht.
Fredrik starrt auf den Eimer, und er sieht, daß dieser fast bis zum Rand mit Wasser gefüllt ist. Was will er denn damit, durchzuckt es sein Hirn.
Da steht Feruzza auch schon vor ihm.
„Hier — halten Sie meinen Stock!“ fährt er Fredrik an und hält ihm den Stock hin.
Mechanisch greift Fredrik nach dem Stock aus hellem Zedernholz.
Feruzzas Augen lodern, als er mit kurzem Schwung den Eimer hochreißt und über Fredriks Kopf umstülpt.
Fredrik hört nicht mal mehr den Schrei der Señora.
Prustend und schüttelnd ringt er nach Luft.
Seine Augen ruhen voller Entsetzen und Sprachlosigkeit auf dem Brasilianer. Ein furchtbarer Gedanke durchzuckt ihn: Der Mann ist verrückt.
„Sollte Ihr Detektivbüro noch einmal auf den Gedanken kommen, mir jemanden herzuschicken, werde ich auf ihn schießen!“ zischt der Brasilianer Fredrik ins Gesicht. „Selbst wenn Sie das nächste Mal Drillinge statt Zwillingen schicken sollten.“
Und nach einem heiseren „Raus!!!!“ hört Fredrik noch einen spanischen Wortschwall.
Flucht ist die einzige Rettung. Und schon ist Fredrik draußen.
Er hastet den Gang entlang und stürzt in den Fahrstuhl, der sich gerade in diesem Augenblick auf der Etage öffnet.
Er merkt nicht, wie die Leute, die den Fahrstuhl verlassen, entsetzt vor ihm zurückweichen.
Und er merkt auch nicht, daß er noch immer Feruzzas Stock umklammert hält.
Die Sachen kleben ihm pitschnaß am Leib, und aus den Hosen läuft noch immer das Wasser, als er das Foyer erreicht.
Herr Johannson, der gerade telefonieren will, fällt fast in Ohnmacht, als er Fredriks dürre, triefende Figur an sich vorbeihasten sieht.
„He, Sie da“, ruft er und ist überzeugt, daß das Hotel langsam ein Narrenhaus zu werden beginnt.
Fredrik hält mitten in der Bewegung inne.
Dann stürmt er auf Johannson zu, während seine Ohren wie Propeller flattern.
„Dieser Brasilianer ist übergeschnappt“, schreit er Johannson zu und an sich herunterzeigend: „Er hat mir einen Eimer Wasser über den Kopf gegossen.“
In diesem Augenblick wird ihm bewußt, daß er noch immer Feruzzas Stock in der Hand hält. Er knallt ihn wütend vor Johannson auf den Tisch der Portierloge.
„Er will auf die nächsten Besucher schießen“, verkündet er noch im Abgehen.
Erik Olanson sitzt am Schreibtisch, als die Tür aufgerissen wird.
Er kneift die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch das Bild verändert sich nicht. Fredrik steht in einem trostlosen Zustand vor ihm.
Fredrik hebt und senkt hilflos die Schultern.
Olanson ist aufgesprungen und auf Fredrik zugegangen. Jetzt umrundet er ihn einmal.
„Sag mal, hast du zufällig ein unfreiwilliges Bad genommen? Oder hast du eine Katze vor dem Ertrinken gerettet?“
„Ich war bei Señor Feruzza, Chef“, kommt es kleinlaut von Fredriks Lippen.
Olanson sieht ihn verständnislos an.
„Na und?“
„Er hat mir einen Eimer Wasser über den Kopf gestülpt.“
Olanson reißt die Augen auf. Vorsichtig greift er seinem Gehilfen
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