Der Mann mit dem roten Zylinder
Mann mit dem roten Zylinder nun wirklich?“ will Señor Feruzza wissen.
„Sie sind es!“ erwidert Ola überzeugt. „Sie haben sich die Haare gefärbt und einen falschen Bart angeklebt. In Wirklichkeit sind Sie nämlich gar kein alter Mann!“
Die Überraschung, die sich über Feruzzas Züge breitet, ist echt. Er weiß tatsächlich nicht, was er von diesem Spiel halten soll. Entweder man verwechselt ihn, oder — ja, genaugenommen, ihm fällt gar keine andere Erklärung ein.
Ola ist so siegessicher, daß er die Müdigkeit des alten Mannes nicht gelten läßt. Nur Jonas spürt, wie in ihm langsam das peinliche Gefühl der Unsicherheit hochsteigt.
Und — da ist es auch schon passiert.
Ola ist mit einem Sprung bei Rodrigo Feruzza.
In wilder Entschlossenheit fährt seine Hand nach vorn und packt den weißen Vollbart.
„Der Bart ist angeklebt!“ ruft er triumphierend und versucht, ihn mit einem gewaltigen Ruck herunterzureißen.
„Auuu!!“ schreit Señor Feruzza entsetzt und erschrocken auf, während sich seine Züge schmerzhaft verzerren.
Ola steht wie erstarrt.
Jonas tastet sich zur Tür zurück.
Ola will etwas sagen, doch der Schreck versiegelt seine Lippen, während seine Augen noch immer fassungslos an Feruzzas Bart und schmerzverzerrten Zügen hängen.
Da erholt sich der Brasilianer wieder. Was eben noch Schreck, Schmerz und Entsetzen war, wechselt in Wut und Zorn. Mit überraschender Behendigkeit löst er sich von seinem Sessel, greift wieder nach seinem Stock und will sich auf die beiden Jungen stürzen.
Da hat auch Ola seinen Irrtum begriffen. Panische Angst überkommt ihn, und wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil ist er an der Tür.
Er reißt sie auf, packt seinen Bruder am Arm und stürmt den Gang entlang.
Sie nehmen sich keine Zeit, auf den Fahrstuhl zu warten. Wie von Furien gehetzt rasen sie die läuferbelegten Treppen hinunter.
Vorbei an dem Empfangschef Johannson, der ihnen überrascht mit offenem Mund nachblickt.
Als sie um die nächste Ecke biegen, rennen sie noch um ein Haar eine alte Dame über den Haufen.
Kopfschüttelnd sieht ihnen die Dame nach. Es ist Señora Juana Feruzza, der die Wartezeit beim Friseur zu lange gedauert hat.
Jonas und Ola haben noch keine Stunde das Hotel „Royal“ verlassen, als ein Mietwagen zur Hotelauffahrt einbiegt. Vor dem Portal stoppt der Wagen, und ein Fahrgast steigt aus.
Er wirft einen Blick auf die imposante Fassade des Hotels, bevor er mit langen schlaksigen Bewegungen das Foyer betritt.
Er ist lang und dünn, und sein unbedecktes Haupt wird von einer feuerroten Bürste gekrönt.
Zwei gewaltige Ohren, die augenblicklich wie auf Empfang gestellt in die Welt stehen, lassen ahnen, um wen es sich handelt.
Es ist Fredrik Hake; Erik Olansons Assistent und Gehilfe.
Ohne den Empfangschef zu beachten, wendet sich Fredrik dem Fahrstuhl zu.
Aus der Liste über die Gäste des Parkhotels weiß er, daß Señor Rodrigo Feruzza mit seiner Frau das Zimmer 611 im sechsten Stock bewohnt.
Voller Tatendrang und im Bewußtsein, eine wichtige Entdeckung zu machen, verläßt er, mit den Armen schlenkernd, im sechsten Stock den Fahrstuhl.
Bevor er an Feruzzas Tür klopft, verleiht er seiner Miene einen martialischen Ausdruck. Er räuspert sich noch einmal, dann klopft er an.
„Herein!“ ruft eine weibliche Stimme, und Fredrik ist überzeugt, daß es Señora Feruzza ist.
Er öffnet die Tür.
Rodrigo Feruzza steht am Fenster, während seine Gattin ein paar Kleinigkeiten in einen Koffer packt.
Fredrik starrt sekundenlang auf den alten Herrn. Er sieht das vom Alter gebleichte Haar und den dichten weißen Vollbart. Er sieht auch, wie schwer sich Señor Feruzza auf seinen Stock stützt.
Und er sieht noch etwas.
Nämlich den feindseligen Blick, der ihn aus den Augen des Brasilianers trifft.
Señor Feruzza scheint schlecht geschlafen zu haben, überlegt Hake.
„Na, was gibt’s?“ fragt Feruzza unfreundlich, während seine Hand unwillkürlich über den Bart fährt.
„Ich heiße Fredrik Hake und komme vom Detektivbüro Olanson“, stottert Fredrik Hake unbeholfen. Seine Siegessicherheit ist mit einem Male wie weggeblasen.
Señora Feruzza mustert ihn argwöhnisch.
Das bringt Fredrik noch mehr aus der Fassung.
„Ich wollte... ich habe nämlich... es handelt sich nur um den Mann mit dem roten Zylinder.“
Erschrocken weicht er einen Schritt zurück, als er den flammenden Blick Feruzzas wahrnimmt.
Rodrigo Feruzza kommt langsam auf ihn zu. Am
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