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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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soll.
    „Sind Sie jetzt im Dienst?“ erkundigt sich der Junge gespannt und senkt unwillkürlich seine Stimme, während seine Augen groß und erwartungsvoll zu Patò auf-sehen.
    Patò zwinkert verschmitzt, dann winkt er Haralt näher heran, und mit ebenfalls gesenkter Stimme antwortet er: „Ich versuche herauszukriegen, wer mich heute nacht an den Haaren gezogen hat.“
    Fast automatisch machen die Augen des Liftboys eine Schwenkung nach oben, als erwarte er unter Patòs Schlapphut die Lösung zu finden. Während er noch überlegt, ob ihn der Detektiv schon wieder verulkt hat, hält der Lift im Untergeschoß.
    „Danke!“ sagt Henry Patò und drückt dem Boy ein Trinkgeld in die Hand, das dieser geistesabwesend in der Hosentasche verschwinden läßt.
    Haralt überlegt wohl immer noch, ob es ein Ulk oder ob es ernst war mit Patòs Erklärung, als der Gegenstand seines intensiven Nachdenkens bereits die Garage erreicht hat.
    Fünf Minuten später schießt sein Mietwagen zur Ausfahrt hinaus.
    Zweimal verfährt sich Henry Patò, bevor er aufatmend in die Boggestraße einbiegt. Und kaum hat er seinen Wagen zum Halten gebracht und die Lichter ausgeschaltet, als eine Taxe vor dem Holpertschen Haus vorfährt.
    Der Chauffeur hat schon ein Bein draußen, als Torsten am Gartentor auftaucht. Er winkt dem Taxichauffeur zu, was diesen veranlaßt, sein Bein wieder zurückzuziehen.
    Und wie der Beobachter feststellen kann, scheint dieser Chauffeur keinerlei rennfahrerischen Ehrgeiz zu haben, denn mit der Geschwindigkeit einer in Wut geratenen Weinbergschnecke setzt sich sein Vehikel in Bewegung.
    Dreißig Minuten läßt Henry Patò verstreichen. Dreißig Minuten, während der er unentwegt die Straße beobachtet. Der Verkehr ist um diese Tageszeit nicht übermäßig stark. Eine Tatsache, die den Absichten des Detektivs sehr entgegenkommt.
    Als Patò gerade aussteigen will, stutzt er. Zwei alte Männer sind ausgerechnet vor dem schmiedeeisernen Gartentor des Holpertschen Grundstücks stehengeblieben.
    Während der eine voller Erregung auf dem Stiel seiner Tabakspfeife nuckelt, redet der andere wild mit den Armen gestikulierend auf den Pfeifenraucher ein. Es muß ein interessantes Thema sein, denn nun beginnt auch der zweite mit den Händen herumzufuchteln.
    Obgleich Patò die Stimmen hört, kann er doch kein Wort verstehen. Hat der Detektiv sich zuerst über die beiden amüsiert, so wird er jetzt doch ungeduldig.
    20 Uhr 58 liest er vom Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr ab und erschrickt nicht wenig, als sich der Pfeifenraucher in diesem Augenblick auch noch auf den Mauersockel setzt. Fast hat es den Anschein, als wollten die beiden den Rest des Abends hier verbringen.
    Henry Patò wartet weitere zehn Minuten. Als aber noch immer keine Änderung der Situation abzusehen ist, beschließt er zu handeln. Mit den leise gemurmelten Worten „Also ein kleines Schauspiel“ schlüpft er vorsichtig aus dem Wagen. Jedes Geräusch vermeidend, drückt er die Autotür ins Schloß und verschließt sie.
    Die beiden Alten sind so in ihren Streit vertieft, daß sie Patò keinerlei Beachtung schenken.
    „Und ich sage dir, Mäcki, Poppe ist selbst schuld...“ schimpft der eine, doch wütend kontert der Pfeifenraucher: „Keine Ahnung hast du! Du bist blind wie ein... ein... ein...“ Da ihm kein passender Vergleich einfällt, winkt er nur verächtlich ab.
    Patò, den Schlapphut bis dicht über die Augen gezogen, hat sich den Streithähnen bereits bis auf wenige Meter genähert, als der Blick des einen plötzlich auf ihn fällt.
    Patò winkt ihm kindisch kichernd zu und tritt rasch an die beiden Alten heran, dabei geheimnisvoll eine Hand unter dem Umhang verbergend. Der Pfeifenraucher fährt erschrocken von seinem Sockel hoch, als ihm Patò plötzlich die geöffnete Hand unter die Nase hält. Darauf liegt klein und kaum erkennbar ein abgebranntes Streichholz. Patò macht eine tiefe Verbeugung vor dem Alten, der sich nervös mit dem Pfeifenstiel an der Backe kratzt. Und wie ein altersschwacher Hahn krächzt der Detektiv:

    „Verzeihen Sie, Königliche Hoheit, hätten Sie vielleicht zufällig ein bißchen Petroleum für meine Lampe?“
    Der Angesprochene starrt ihn halb verblüfft und halb entsetzt an, während seine Kinnlade nach unten klappt. Der zweite Alte hat es vorgezogen, bei Patòs Worten einen hastigen Schritt nach rückwärts zu tun. Sicher ist sicher.
    „Ich... ich... ich...“ stottert der Pfeifenraucher und sieht sich hilfesuchend

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